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Es dürfte für Fernsehproduzenten nichts undankbareres geben als einen echten Klassiker mit einer Neuauflage versehen zu müssen. Denn zum einen sorgt alleine der Name für Elektrizität bei den Fans des Originals, die Aufmerksamkeit ist einem sicher und die Einschaltquoten dürften sich damit in einem Rahmen einpegeln, den man im nachhinein als akzeptabel ansehen dürfte.

Zum anderen aber dürfte man genau bei den Fans des Originals mehr als schlecht gelitten sein, wenn man allzu viel vom Original abweicht, den Cast versaut oder schlicht den Klassiker nicht ernst genug nimmt. Das liegt natürlich alles im Bereich des Subjektiven aber bei Klassikern kennen die Fans keine Gnade.

Ich möchte nicht soweit gehen, zu sagen, dass Fox seine Kohle hätte für etwas anderes ausgeben sollen, aber ein TV Highlight war „Rocky Horror Picture Show – Let’s do the timewarp again“ jetzt nicht unbedingt. Leider. Ich wollte das TV Remake mögen aber mir viel es im Laufe der 90 Minuten immer schwerer, die, für einen Fan der Rocky Horror Picture Show offensichtlichen Ungenauigkeiten und Neuinterpretationen zu übersehen. Und mich haben sie gestört. Ich scheine wohl doch ein kleiner Purist zu sein.

Aber das TV Remake hatte auch Highlights – wenngleich nur wenige.

Handlung

Muss man die Handlung wirklich kurz erwähnen? Ich hoffe doch jeder von Euch hat schon einmal vom 1973er Musical bzw. vom 1975er Kinofilm – beides erdacht und produziert von Richard O’Brien und Jim Sharman – gehört und natürlich auch gesehen. Aber ich gebe gerne einen kurzen Einblick in die Handlung. Folgt mir in eine regnerische Novembernacht.

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Denn genau in dieser befindet sich gerade das frischverlobte Paar Brad Majors und Janet Weiss. Das süße Glück hat allerdings eine Reifenpanne. So machen sich beide auf zu einem nahe gelegenen Schloss, in der Hoffnung, dass ihnen die Bewohner behilflich sein werden, ein Telefonanruf wäre doch bestimmt im Bereich des Möglichen.

Doch was beide dann erleben, ist wahrlich unerwartet. Denn sie platzen in die Präsentation der neuesten Schöpfung des exzentrischen und sich später als außerirdisch herausstellenden Wissenschaftlers Dr. Frank N. Furter vom Planeten Transsexual aus der Galaxie Transylvania. Seine Schöpfung ist ein blondes und muskelbepacktes Retortenwesen namens Rocky, das er in erster Linie zu seinem – auch sexuellen – Vergnügen erschaffen hat.

Davon und noch viel mehr werden Brad und Janet Zeuge und im Laufe der Geschichte werden sie selbst Teil der Handlung, sie werden verführt und müssen erkennen, dass ihre eigenen Wertvorstellungen vielleicht nur Fassade waren.

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Meinung

Die internationalen Kritiken sind recht eindeutig und eher negativ. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass auch das Musical bzw. der Film damals eher negativ aufgenommen wurden bis sich irgendwann ein harter Kern an Fans in der internationalen Meinung durchsetzen konnte, dass wir hier dann doch einen weirden Kultklassiker haben, der aufgrund seiner chaotischen aber dann doch wieder unterhaltsamen Handlung und mit tollen Songs und Tanzeinlagen überzeugen und allen einen schönen Abend bescheren kann. Und vor allem, der das Publikum animiert mitzumachen.

Dass mit dem „mitmachen“ ist eine der großen Anziehungspunkte beim Besuch des Musicals. Denn in den Jahren hat sich eine international anerkannte Verbindung zwischen dem Zuschauer und den Schauspielern entwickelt. Man wird Teil der Geschichte, man agiert mit im Zuschauerraum – sofern vom Theaterbetreiber erlaubt. Denn der Zuschauerraum sieht nach einer „echten“ Aufführung der Show ganz schön übel aus. Überall liegen Toilettenpapierrollen herum, daneben Reis und Toastscheiben und feucht ist es auch noch. Und genau dieser Spaß und der internationale Hype um das Musical ist ein großer Pluspunkt des TV Remakes. Denn immer wieder und zumeist bei den „richtigen“ Stellen schaltet das Bild in einen eben dieser Zuschauerräume, die sich gerade genau diesen Film anschauen (Film im Film) und dann eben Konfetti schmeißen, sich eine Zeitung über den Kopf halten oder eben den Timewarp tanzen. Das hat Spaß gemacht und belebte die Szenerie. Hätten sie noch dazu ein echtes Publikum genommen, wäre diese Wirkung sogar noch authentischer gewesen.

Es wurde aber nicht alles mit in das TV Remake (offizieller YouTube Kanal mit allen Gesangsnummern) übernommen, so wurde beispielsweise das Werfen der Toastscheiben unterlassen und das Publikum führte auch keine rosa Handschuhe bei sich, um Dr. Frank N. Furter in einer wichtigen Szene nachzuahmen bzw. ihn geräuschetechnisch zu unterstützen. Doesn´t matter.

Zudem war es natürlich toll, dass der Narrator, der in dieser TV Version deutlich weniger durchs Programm führt, mit Tim Curry (der Dr. Frank N. Furter aus dem Film) besetzt wurde bzw. dass Curry sich hierzu hergegeben hat.

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Auch wenn Curry einen leicht abwesenden Eindruck machte (er hatte in 2012 einen Herzinfarkt), war es toll zu sehen, wie das Publikum „ausrastete“ als der Narrator zum ersten Mal auf der „Bühne“ erschien, im Normalfall begrüßt ihn das Publikum mit „boring, boring“ Rufen. Das dürfte die offensichtlichste Verneigung, die deutlichste Hommage ans Original gewesen sein.

Den Rest würde ich jetzt nicht unbedingt als gelungen bezeichnen. Beim Cast würde ich außer bei Riff Raff (Reeve Carney), Brad (Ryan McCartan) und Janet (Victoria Justice) mindestens von einer unpassenden Besetzung sprechen, die mir so gar nicht zugesagen will.

Tiefpunkt waren für mich die Figuren Columbia und Eddie, die beiden gingen in meinen Augen so gar nicht. Auch mit Laverne Cox als Dr. Frank N. Furter war ich nur mäßig zufrieden. Wobei ich damit leben kann, dass hier eine Transsexuelle singt, sie wäre ein Transvestit (Sweet Transvestite). Aber dennoch habe ich den Dreh an der Handlung, dass wir hier eine Frau als Hauptdarstellerin haben, nicht verstanden und dieser hat für mich auch nicht funktioniert. Diesen Mix aus Gefahr, Verführung, der sexuellen Ungezwungenheit der Hauptfigur in Verbindung mit der irren Story konnte Cox in meinen Augen nicht transportieren. Da dürften die Highheels des Vorgängers zu groß gewesen sein. Wirklich beunruhigend und bösartig war Dr. Frank N. Furter in diesem TV Remake nicht.

Dass die Verantwortlichen die Musik teilweise neu komponiert zu haben scheinen, empfand ich mehr als einmal unpassend. Natürlich kann man die Songs etwas moderner arrangieren, aber wenn dabei eine weirde Version des „High School Musicals“ herauskommt, ist das sehr schade. Was zudem eine Band auf der Bühne zu suchen hatte, wird ein Geheimnis der Verantwortlichen sein. „High School Musical“ eben. Mich störte die Band und „zerstörte“ das Gesamtbildnis der Szenen.

Die Songs selber wurden mehrheitlich schön gesungen und gingen dennoch genauso ins Ohr wie das Original. Wenngleich mir die Originalversionen besser gefallen. Könnte aber auch daran liegen, dass sie schon mehr im Ohr sind als erst reingehen müssen.

Was ein bisschen auf der Strecke blieb, waren die einzelnen Zusammenhänge zwischen den Szenen, da man hier und da vom Originalscript abwich. So raste Eddie mit seinem Motorrad durchs Fenster (ohne einen einzigen Eiszapfen am Körper) – Action ist immer gut – landete dafür aber wohl nicht als Menü auf der Karte. Rocky entsprang stattdessen aus einem Eisbad ohne dabei wiederum in Bandagen gewickelt zu sein (damit wäre das potenzielle Werfen der Toilettenrollen auch unpassend gewesen).

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Die Kostüme im Original waren ja schon gewöhnungsbedürftig, in der TV Version blitze es dafür an allen Ecken und Enden. Besonders die Kostüme von Laverna Cox waren einfach zu viel des Guten. Natürlich sah Cox in den Kleidern atemberaubend aus, der Charme des damaligen Settings blieb dabei aber auf der Strecke. Alles in Allem kann man sagen, dass das TV Remake deutlich nicht ans Original ran kommt.

Man könnte sich nun fragen, wer hier für Fox die Zielgruppe gewesen sein soll. Die alten Fans des Originals dürften die moderne Version eher ablehnen, was sie mehrheitlich tun, also kann es nur ein jüngeres Publikum gewesen sein. „High School Musical“, ick hör dir trapsen. Aber warum?

Wollte man ihnen einfach mal eine weirde Geschichte servieren? Wollte man sie für den Klassiker erwärmen? Und wenn ja, warum hat man dann nicht einfach versucht, den Klassiker mit den Mitteln moderner Fernsehaufnahmetechnik 1=1 (was das Drehbuch angeht) aufzunehmen?

Das wäre dann wenigstens noch ein positiver Abschluss des Ganzen, wenn sich dadurch die Jugend von heute wieder etwas mehr für die Rocky Horror Picture Show interessieren würde. Ich kann nämlich jedem empfehlen, sich einmal eine originale Aufführung inkl. der Erlaubnis der Zuschaueraction anzuschauen, man muss ja nicht wie der Verfasser dieser Zeilen als Dr. Frank N. Furter verkleidet auftreten. Das wäre dann die Königsdisziplin. Macht aber auch großen Spaß.

Auch wenn vielleicht 99% der anderen Zuschauer nicht in Verkleidung im Zuschauerraum sitzen, denn die mehrheitlich neidvollen Blicke der anderen Zuschauer hat man sicher – neidvoll deswegen, weil sie eigentlich auch gerne in Strapsen und Perücken herumsitzen würden, aber die eigenen Wertvorstellungen noch zu stark durch die gesellschaftliche Meinung beeinflusst sind.

Noch. Denn eine Aufführung der Rocky Horror Picture Show kann wunderbares bewirken. Jedes Mal. Und wenn erst der Timewarp erklingt, ist eh alles vorbei und das Publikum – ob verkleidet oder nicht – springt und hüpft in den Reihen.

Time Warp Rocky Horror Picture Show

Bilder: Fox

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Beitrag von:
Montag, 31. Oktober 2016, 18:28 Uhr
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2 Kommentare

  • Glaub mir, man muss die Handlung immer und immer wieder erklären! Wir hatten beim Fort Fun Event dieses Jahr eine Maze mit Horrorikonen, da waren auch Riff Raff und Frank N Furter mit dabei! Sowohl die jüngeren Darsteller als auch viele der Besucher wussten tatsächlich nicht, wer die beiden sind!

    • Tobias

      .. den jüngeren Besuchern kann man das vielleicht noch verzeihen, die RHPS ist jetzt in der Tat nicht so im Gespräch oder präsent wie „König der Löwen“ oder „Starlight Express“. Dennoch natürlich schade.

      Wobei ich überzeugt bin, dass die „Jugend von Heute“ sehr viel Spaß bei einer dieser Happings im Theatersaal hätte. Wo könnte man sonst mit einer Wasserpistole andere Zuschauer nass machen ohne dafür strafende Blicke zu ernten. Allerdings scheinen die deutschen Schauspielhäuser wahrscheinlich auch deswegen eher selten auf die RHPS in ihrem Spielplan zurückzugreifen. Und damit haben eigentlich theaterinteressierte Jugendliche auch kaum die Chance auf eine zufällige Begegnung mit Riff Raff, Columbia und Co in der freien „Theaterwildbahn“.

      Leider. In meiner Schulzeit (80/90iger) hatten wir zwar schon diverse Musicals als Thema im Musikunterricht, die RHPS war aber auch nie darunter. Mainstream eben. Schon damals.

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