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Groß rausgekommen

Review: „Severance“ – Staffel 2

22. März 2025, 08:33 Uhr
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Drei Jahre mussten wir auf die zweite Staffel von „Severance“ warten, jetzt ist sie auch schon wieder vorbei. Gestern wurde das Staffelfinale bei Apple TV+ veröffentlicht. So sehr sich auch diese Season wieder für Einzelfolgen-Reviews angeboten hat, fehlte mir (und anderen seriesly-Teammitgliedern) leider die Zeit dazu. Aber diesem Schwergewicht moderner Serienunterhaltung gebührt natürlich zumindest ein Staffelreview – wie bereits zur großartigen ersten Staffel geschehen.

Gewachsenes „Severance“

Die haben damals noch erschreckend wenige direkt angeschaut. Klar, Apple TV+ ist nicht ganz so stark verbreitet, aber dennoch schien diese ausgefallene Qualitätsserie eher hinter Platform-Größen wie „Ted Lasso“ zurück zu bleiben. Entsprechend hat es mich gefreut, dass trotz (oder gerade wegen?) der dreijährigen Pause eine enorm gestiegene Aufmerksamkeit für die Serie als solche zu verzeichnen war und ist. Das wird der Größe dieser Serie deutlich gerechter, auch wenn es ein bisschen schade ist, dass damit auch das letzte Bisschen einer Art Geheimtipp-Charakter weg ist und man sie kaum mehr jemandem empfehlen kann, da sie eh allseits bekannt ist.

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Staffel 2 von „Severance“ hat so einiges zu bieten. Zum Beispiel das neue Intro, das ebenso fantasisch surreal animiert und voller versteckter Andeutungen ist, die von Folge zu Folgen klarer werden. Kleine Fanservice-Gags, wie dass Milchick vorlesen muss, wie ihn jemand „Milkshake“ nennt. Oder die Gaststars! Ben Stiller hatte wohl Barack Obama dafür angefragt (der leider keine Zeit hatte), aber dann immerhin Keanu Reeves als Stimme eines animierten Lumon-Gebäudes gewinnen können. Hinzu gesellen sich bspw. das neue Macrodata-Refinement-Übergangsteam mit unter anderem Alia Shawkat („Arrested Development“) oder auch „Game of Thrones“-GOAT Gwendoline Christie. Das sind aber alles eher nette Nebeneffekte der zweiten Staffel einer groß gewordenen Serie. Letztlich kommt es auf den Inhalt an. Oder wollen wir sagen, auf den Serien-Innie?

Innie-Qualität

Meiner Meinung nach schafft es „Severance“ wunderbar, das Leben der Innies auf eine neue Entwicklungsstufe zu bringen. Haben wir deren vorbildliches und routiniertes Arbeitsleben in all seiner abstrakten Tristheit in Staffel 1 beobachten können, werden die Innies flügge und entwickeln gewissermaßen einen eigenen Willen. Das Erkosten eines kleinen Stückes Außenlebens hat eine gedankliche Entwicklung in Gang gesetzt, die kaum mehr aufzuhalten scheint. Es wirkt, als schaue man größeren Kindern beim Schritt ins Erwachsenwerden zu.

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Neben der weiter aufgebauschten Mystik rund um Lumon und Kier gibt es aber auch ganz viel Emotionalität zu sehen. Burk und Irving haben einfach eine unfassbare Chemie und die Idee einer surreal wirkenden Dreiecks-Beziehung zwischen Dillans Outie, Dillans Frau und Dillans Innie ist einfach exzellentes Fernsehen. Auch die Love-Story zwischen Innie-Mark und Helly nimmt Fahrt auf, auch wenn alles etwas anders läuft, als gedacht. Das Doppelrollen-Spielchen um Helena hat man zwar bereits einige Zeit zuvor fühlen können, aber der Dreh war schon smart gemacht. Allgemein ist es herrlich, Britt Lower in dieser Quasi-Doppelrolle zu sehen zu bekommen. Wie deutlich sie zwischen der notgedrungen in eine gefühlskalte Abgeklärtheit gedrängte Helena-Figur und der jungfräulich-naiv wirkenden Helly R. wechselt, ist wunderbar anzuschauen.

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Ernst wird es aber auch. Besonders hängen geblieben ist mir ein fantastisch gespielter Moment zwischen Milchick und Natalie Kalen im Dialog über seltsame Gemälde-Anfertigungen. Auch die Offenlegung von Colbels Vergangenheit hatte starke dramaturgische Wirkung, auf inhaltlicher wie schauspielerischer Ebene. Allerdings muss ich auch sagen, dass die Exkursfolgen nicht immer bei mir funktioniert haben. Das mag zum einen an der Ausführung liegen, vor allem aber an der Fülle. Für sich genommen waren diese besonderen Episoden nicht mal schlecht, im Gegenteil, sie waren für viele besondere Momente gut, aber insgesamt fühlt sich die Staffel dadurch teilweise stückhaft an. Vor allem in diesen Exkursfolgen sind einige Segmente zu sehr in die Länge gezogen, auch wenn wir massig schöne Landschaftsaufnahmen geschenkt bekommen.

Allgemein ist auch für die zweite Staffel von „Severance“ wieder anzumerken, dass es sich um eine enorm hochwertige Produktion handelt. All die kleinen Corporate-Design-Dinge rund um Lumon oder punktgenau ausgearbeitete Details, die gar nicht unbedingt beim direkten Anschauen auffallen, wie die Synchronität der Fahrstuhl-Sequenzen, sind einfach hervorragend umgesetzt. Hervorheben möchte ich an dieser Stelle die grandios inszenierte Episode „Chikhai Bardo“ (S02E07), die vor kreativen Einfällen und grandiosen Übergängen nur so strotzt und das Regie-Debüt der „Severance“-Cinematographin Jessica Lee Gagné darstellt. Chapeau!

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Vor allem aber bewegt sich „Severance“ nicht auf der Stelle. Im Gegenteil, bereits zu Beginn der Staffel hagelt es wichtige Entwicklungen und Erkenntnisse. Da wird sich keine Zeit genommen, um erstmal „langsam in die Staffel zu gleiten“, wie es bei anderen Serien oftmals der Fall ist. Da fragt man sich dann teilweise gegen Staffelmitte, wann es denn endlich mal richtig anfängt. Und auch wenn es ein paar unnötige Längen Richtung Finale gibt, so spitzt sich alles relative gekonnt und passend zu, so dass noch ordentlich was am Ende passiert. Und das, obwohl einige Stränge (z.B. Irving) gar nicht mehr vorkommen.

Großes Finale?

Stattliche 75 Minuten Zeit hat man sich für das Staffelfinale genommen. Ein Highlight dabei ist mit Sicherheit das misstrauische „Selbstgespräch“ zwischen Innie-Mark und Outie-Mark. Auch hier hat man sich für meinen Geschmack etwas zu viel Zeit genommen, um das „Wie“ zu zeigen, aber das war schon interessant anzuschauen.

„We‘re in this together – can‘t you just trust me?!“ – „No.“– Mark-Outie & Mark-Innie

Auch Kier lässt eine zeremonielle Feier springen, die eines Finales würdig ist. Endlich wieder in Milchick-Dance, statt Waffeln gibt es eine Marschkapelle und ganz viel WTF?!, wobei mir der Dialog mit der creepy Kier-Wachsfigur noch am besten gefallen hat.

Außerdem gut waren all die vielen Innie-Outie-Transfermomente. Neben dem Aus-Versehen-Mord im Fahrstuhl, nach dem Adam Scott mit dem Bolzenschussgerät in der Hand aussah, als sei er Tom Cruise in „Mission Impossible 17“, natürlich die vier unterschiedlichen Varianten zwischen ihm und Gemma. Allen voran der Moment mit Miss Casey und Mark S im Fahrstuhl – herrlich!

„They give us half a life and think, we won‘t fight for it.“ – Helly R

Aber es gab auch einige Sachen, die mich gestört haben. Die letzten 4 Prozent der „Cold Harbor“-File dauern gefühlt lediglich wenige Minuten? Dann hat das zuvor doch nur wenige Wochen gedauert. Gar nicht so ein Big Deal, möchte man meinen. Die Auflösung mit den Ziegen war etwas underwhelming. Vor allem aber frage ich mich (nicht zum ersten Mal), wie ein derart wohlhabendes großes Unternehmen derart wenig Sicherheitsmaßnahmen besitzt. Wie lockerleicht da eine Person in den wichtigsten Bereich und wieder hinaus spazieren kann, ist schon lächerlich.

Das Finale hatte vieles zu bieten, hat einige Antworten geliefert und inhaltlich an sich (bis auf die erwähnten Kleinigkeiten) stringend und sinnvoll auf das aufgebaut, was wir vorher geboten hatten. Dennoch hat mich das Finale der ersten Staffel mehr gepackt. Dafür war dieses emotionaler und tiefgehender, vor allem, was die Entscheidung für die Liebe und die Leben der Innies anbelangt, hat Mark S sich doch letztlich für seine Work-Wifey entscheiden und sie rennen in den Alarm-rot getauchten LED-Sonnenuntergang namens Unwissen.

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Was die Bewertung der gesamten Staffel anbelangt, bin ich etwa so häufig zwischen 4 und 4,5 Kronen hin und her gesprungen, wie Mark zwischen Innie und Outie im Finale. Das war noch immer sehr gutes Fernsehen. Eine Serie, die sich vor allem wagt, Besonderes zu liefern, das abseits der Norm liegt. Manchmal hatte man allerdings das Gefühl, wir bekommen Wirres nur um des Wirres-Zeigen-Willen geboten. Aber ich bleibe mal – wie bei der ersten Staffel – bei viereinhalb Kronen, um den besonderen Status der Serie aufzuzeigen, obwohl mit das Debüt dann doch etwas besser gefallen hat. Also sind es eher 4,26 Kronen, also roundabout achteinhalb Sterne, um es in eine IMDb-Skala zu übertragen.

Die erste Staffel hat mich von Anfang an in einen Bann ziehen können. Das war eine für meinen Geschmack (zu Großteilen) perfekt ausbalancierte Mystery-Geschichte, die enorm kunstvoll inszeniert worden ist. Vieles davon konnte sich „Severance“ auch in der zweiten Staffel erhalten, aber – wie das bei der „schwierigen zweiten Staffel“ nun mal so ist – man hat halt auch spürbar mit hohen Erwartungen und einem aufgesetzten und nun auch zu bearbeitenden Netz aus Andeutungen, Geheimnissen und Verflechtungen zu tun.

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Einige Fragen wurden beantwortet, andere umgelenkt oder abgewandelt, und es wurde viel Stoff für neue Theorien geliefert. An sich hat man inhaltlich nicht viel verkehrt gemacht. Hinzu kommt, wie viel Popkultur-Material man geliefert hat. So präsent wie „Severance“ in den vergangenen Wochen war, war selten in der letzten Zeit eine Serie in meinen Social Streams. Das dürfte neben der Größe und des detailverliebt gestalteten Drumherum auch an der wöchentlichen Ausstrahlung der Folgen gelegen haben. Schön, dass es noch derart die Gesellschaft durchdringende Serien gibt! Und dass sie weiter gehen wird.

Wann kommt die 3. Staffel von „Severance“?

Die gute Nachricht: Es ist bereits gesichert, dass eine dritte Staffel von „Severance“ folgen wird. Die zweite gute Nachricht: Ben Stiller zufolge wird es dieses Mal keine drei Jahre dauern, bis wir neue Folgen zu sehen bekommen. Vorausgesetzt natürlich, es geschehen nicht wieder unvorhergesehene Großentwicklungen wie eine Pandemie oder ein Streik von Autor:innen oder Schauspielenden.

Ich bin sicherlich nicht der Einzige, der gespannt darauf ist, was wir in Staffel 3 von „Severance“ geboten bekommen werden. Wäre Mark S aus der Tür gegangen, hätte man die Geschichte im Grunde genommen komplett abschließen können. So bleibt die Frage, wie weit Mark S und Helly R in ihrer Verzweiflung gelangen. Wann und wie kommt Irving zurück? Wie viele wirre und total unnötig wirkende Abteilungen gibt es noch? Und wann erhalte ich meinen gefühllosen Outie, der all die nervigen Dinge des Alltags für mich erledigt? Fragen über Fragen…

Bilder: Apple TV+

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Samstag, 22. März 2025, 08:33 Uhr
ReviewSeverance
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