In den ersten Momenten der neuen Folge „Silicon Valley“ wähnt man sich zunächst im falschen Film. Ist das nicht „Mad Men“? Nein, nicht ganz. Das ist Milliardär Russ, der in einem ähnlich post-apokalyptisch gestalteten Video für sein Festival wirbt. Auch wenn man ein paar Jahre zu spät für den damaligen Film-Hype kam, sind zumindest die Wüsten-Festival-Anspielungen on point. Und letztlich dürfte HBO die kurze Sequenz durchaus einiges gekostet haben, nehme ich an. „RussFest“ klingt jedenfalls nach dem, was Russ selbst ist: Laut, exzentrisch, unnötig und billig. Nicht zu verwechseln mit „günstig“, was es natürlich auf gar keinen Fall ist. Der erfahrene „Silicon Valley“-Zuschauer weiß bereits jetzt, dass diese charmante Geschäftsidee trotz sehr klarer Absage noch eine zukünftige Rolle einnehmen könnte…
„It‘s gonna be like ‚Burning Man‘, except I‘ll make a fuckton of money!“ – „So, ‚Earning Man‘?“ (Russ & Gilfoyle)
Zunächst läuft aber eigentlich alles wie am Schnürchen. Ungewohnter Weise. Der große Termin mit AT&T läuft gut und Richard weiß gar nicht, wohin mit seiner positiven Energie (und entlädt sie in der Tür und an Monicas Schulter).
„It‘s weird, I actually don‘t know what to do when things are going well. It is not natural.“ (Richard)
Nicht ganz so toll läuft es bei Holden, der auf passiv-aggressive Art und Weise von Jared mit Liebe überschüttet wird. Deutlich konkreter wird es bei Gilfoyle, der sein zwischenmenschliches Rating im Konzern aufpolieren soll und angibt, das in einer Woche zu regeln. Ach was, in zwei Tagen! Und prompt geht er eine Wette mit Monica ein, die beinahe genauso schlecht dasteht.
„Tracy. I appreciate you wanting to participate in the world of numbers. I find it endearing. But yours are bullshit.“ (Gilfoyle)
Monica versucht, sich sozial einzuschleimen, während Gilfoyle eher stumpf an die Sache rangeht. Was zunächst als plumpe aber funktionierende sozialwissenschaftliche Taktik anmutet, ist letztlich nur ein Weg, an billige Passwörter zu gelangen, um sein Rating in den Accounts der Kollegen zu „korrigieren“. Letztlich einigen sich die beiden darauf, das Rating der Personalchefin zu manipulieren, damit diese das System aufgibt. Mal wieder ein eigentlich sehr unterhaltsamer aber eben auch künstlich klein gehalten wirkender Nebenstrang.
Titelgebende Entwicklung der Folge sind die „Tethics“ von Gavin. Eine moralische Bibel fürs Valley, das die großen Tech-Firmen an gewisse Standards binden soll, die aber so wischi-waschi-schwammig gehalten sind, dass es mehr einer gängigen Geste denn einer wahrhaften Bindung ähnelt. Auch hier spiegelt die Serie mal wieder gekonnt einige realsatirische Gegebenheiten wider. Richard will sie jedoch nicht unterschreiben, da er das Gehabe von Gavin als aufgesetzt erachtet und fühlt sich missverstanden, hatte er doch einst für eben diese Werte eingestanden und keine große Lobby finden können.
„Wear pants you can kneel in.“ (Gavin)
Letztlich kommt raus, dass Gavin die Sätze von den Statements etlicher Firmen zusammengeklaut hat. Nicht nur das, auch sein (erfolgloser) Roman war geklaut und etliche andere Dinge waren nicht wirklich koscher, die er gemacht hat. Ich frage mich ja, ob das ein Product Placement mit u.a. Starbucks war, wenn ja, war das durchaus smart gelöst. Gavin entschuldigt sich öffentlich, führt durch die CEO-Untersuchung aber nur Übles im Schilde. Pied Piper kann während der laufenden Untersuchung nichts mehr mit den bereits angestoßenen Hooli-Inhalten und -Geräten machen und müsste gar bei negativem Ausgang für Gavins Verhalten haften (wobei ich in meinem totalen Rechtslaien-Dasein davon ausgehen würde, dass das so nicht wirklich rechtens ist, zumindest nicht komplett).
Ach, dann wäre da noch Dinesh. Der darf nach Hawaii, trifft im Flieger aber auf Gabe (der mal wieder sein Buchstaben-Shirt anhat, sehr schön!) und die falsche Entscheidung, ihm die echte Blumenkette wegzunehmen. Resultat: Eine allergische Reaktion, die ihn vier bis sechs Wochen vor dem Sonnenlicht geschützt haben muss. Passend für so ein Wüsten-Festival. Ach ja, ihr ahntet es ja bereits zu Beginn des Reviews: Russ ist die Rettung und löst vermeintlich die Situation auf seine gewohnt charmante und selbstlose Art und Weise.
Gefühlt war zwar etwas mehr los als zuletzt, wirklich komplett überzeugen konnte mich die eigentliche Handlung dann aber doch nicht ganz. Russ ist immer wieder belebend, aber wirkt halt auch sehr drüber. Die Hawaii-Story wirkte seltsam kurz gehalten und das Jared-Holden-Ding wirkt auf mich bisher auch eher sinnlos. Aber vielleicht ist das ja mal eine Entwicklung, die über mehrere Folgen hinweg passiert, was einigen Strängen durchaus gut tun würde. Ich habe jetzt eher wieder Bock darauf bekommen, „Mad Max“ nochmal zu schauen…
Bilder: HBO
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