Giovanni ist Marius, Marius ist Pete und Pete ist die neue Referenz in Amazons Portfolio für VOD. Einer der treibenden Kräfte der Serie vor und hinter der Kamera ist niemand Geringerer als Bryan Cranston, dessen Projekt anscheinend so viel Vertrauen bei seinem ebenfalls namenhaften Geld- und Arbeitgeber erzeugen konnte, dass eine zweite Staffel zu diesem Zeitpunkt schon offiziell bestätigt wurde. Eine Gelegenheit für mich, euch den Zehnteiler etwas näher zu beleuchten.
Kurzhandlung
Alles fing also damit an, dass Marius (Giovanni Ribisi) und seine Crew vor Jahren Vince (Bryan Cranston) aufs Kreuz legen wollten. Das ging mächtig schief, als der Plan bei einer Generalprobe aufflog und Marius entschied sich, lieber für eine Weile hinter Gittern zu landen als sein Schicksal in Vince‘ Hände zu legen. Während seines Aufenthalts in staatlicher Betreuung fängt die Transformation an und aus Marius Josepovich wird allmählich Pete, lang verschollenes Mitglied der Familie Bernhardt.
Aus seiner Haft entlassen, findet sich Marius/Pete nun an zwei Fronten wieder. Auf der einen Seite muss er seinen neuen Angehörigen von seinem Alter Ego überzeugen, auf der anderen will Vince selbstredend eine Entschädigung für das, was damals war. Im Stile eines Danny Ocean trommelt Marius seine alte Truppe zusammen und setzt seinerseits einen Plan um, mit dem sie den Tod eines alten Kollegen rächen wollen, den Vince auf dem Gewissen hat.
Charaktere
Identitätsdiebstahl und Trickbetrügerei bilden zusammen das thematische Zentrum von Sneaky Pete. Doch obwohl der Titel es vielleicht anders vermuten lässt, so drehen sich diese Themen nicht nur um den Protagonisten selbst. Die Präsenz von Lügen und Halbwahrheiten ist allgegenwärtig und trotz Bezug zum aktuellen und gegenwärtigen Zeitgeschehen ist spürbar, dass gewisse Dinge sich nur in ihrer Form, jedoch nicht in ihrem Kern geändert haben.
Das Ganze erinnert streckenweise tatsächlich an „Ocean’s Eleven“ (und Nachfolger) mit einem Hauch „MacGyver“. Die meisten Nebencharaktere werden nur so viel beleuchtet, wie es dem inhaltlichem Geschehen Not tut, was aber keineswegs bedeutet, dass diese uninteressant oder gar langweilig sind. Mit Ausnahmen von Vince‘ Handlanger funktionieren viele vom Auftreten und der Persönlichkeit her recht unabhängig, obwohl zugleich einige Facetten trotz neuer und eigenständiger Interpretation der Darsteller altbekannte Normen wiedererkennen lassen.
Die Darbietung des Gegenspielers, der von Bryan Cranston verkörpert wird, ist unverkennbar eine Mixtur aus Gustavo Fring, Mike Ehrmantraut und Hal (dessen Familienname übrigens Wilkerson lautet). Deutlich zu spüren ist der Wunsch und das Verlangen Cranstons, etliche Charakterzüge der unterschiedlichsten Figuren aus dem Universum von „Breaking Bad“ zu vereinen. Zweifelsohne wird dies in einem Monolog unterstrichen, der quasi eine Hommage an Jonathan Banks‘ „no more half measures“ und Giancarlo Espositos Auftritt mit dem Teppichmesser entspricht.
Weniger düster ist im Vergleich dazu Victor Williams‘ (Deacon Palmer) Rolle als mürrische, dauerhaft mit der Situation unzufriedene Rechte Hand von Vince – eben auch, wenn man bedenkt, dass sowohl Williams als auch Cranston bei „King of Queens“ tätig waren.
Fazit
Ein feines Stück Unterhaltungskunst mit Suchtpotential. Das insgesamt authentische Auftreten vom Cast sorgt dabei grundlegend für eine Bindung zu den Charakteren. Bildlich hat Sneaky Pete im Vergleich zu anderen Shows mit solch einem Kaliber leider nicht so viel zu bieten. Nichtsdestotrotz fällt es einem nicht schwer, sich in dieser fiktiven Szenerie sowohl situativ als auch emotional wiederzufinden.
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