Nach einer Woche ohne neue „Snowpiercer“-Episode gab es in der Nacht zu heute in den USA bzw. ab heute auch hierzulande über Netflix das Doppelfolgen-Finale der zweiten Staffel zu sehen. So ganz hat sich mir auch im Nachgang nicht ganz ergeben, weshalb man diese Kunstpause eingelegt hat, aber zu sehen gab es so zumindest recht viel zum Abschluss. Hier mein Doppel-Review, aufgesplittet nach den Einzelfolgen.
Review: Snowpiercer S02E09 – „The Show Must Go On“ (Die Show muss weitergehen)
Vielleicht wollte man auch einfach nur den Machtwechsel am Zug wirken lassen. In den zwei Wochen seit Folge 8 der Staffel hat Wilford wieder die Kontrolle und es scheint erstmal alles wieder zu laufen und seine Ordnung zu haben. Aber selbst Ruth sieht mittlerweile ein, wie negativ Wilford in seinen Aktionen ist. Mich wundert derweil etwas, wo plötzlich die ganzen Sicherheitskräfte aus dem nichts herkommen.
„Children, adolescents, 18-39, the rest elderly.“ – „Elderly?!“ (Helferin & Ruth)
Eine Woche vor dem geplanten Rendevouz mit Melanie wird ein Zensus an Bord durchgeführt, der Datenschutzbeauftrage mit den Ohren schlackern lässt. Javi wird derweil zur Big Alice umbesetzt und muss nicht nur die zunächst recht schroffen Anweisungen von Alex, sondern auch hinter seinem Rücken vollzogene Orgien über sich ergehen lassen. Aber hey, immer noch besser, als in Exkrementen herumzuwühlen und diese widerlichen schwarzen Futterblöcke herstellen zu müssen! Layton findet immerhin eine vielbedeutend inszenierte Scherbe sowie eine überraschend schnell überraschend normal aussehende Josie vor. Also, Letztere natürlich nicht in den Exkrementen, sondern vor seiner Tür…
Überraschender als ihr utopisch schneller Heilungsprozess ist eigentlich nur die aus dem Nichts aufgebaute Kirmes an Bord des Zuges – inklusive Riesenrad, dem wohl schlimmsten Puppentheater aller Zeiten und einem total dezenten Great-Gatsby-The-Greatest-Showman-Auftritt Wilfords. Es sind die kleinen Dinge im Leben…
„You can go ahead and lock up Layton, but you’ll find a bit of his fight in all of us now.“ (Till)
Spannender wird es dann ab dem großen Wilford-Date, bei dem totaaal zufällig ausgewählte Gäste zugegen sind, die alle noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen haben. Oder umgekehrt. Wilford nutzt es, um sich die Sympathien und Parteizugehörigkeiten der wechselhaften Loyalitäten genauer anzuschauen. Oz nutzt das einfach mal, um seine DSDS-Bewerbung rauszuhauen, indem er (in überraschend akzentfreiem und glockenklarer Gesangsstimme) eine astreine John-Legend-Gedächtnis-Performance hinlegt. Da hat nicht nur Ruth erstaunt dreingeblickt. Wobei, das hat sie gefühlt die ganze Folge über. Verständlich bei der Info, dass die Big Alice einst über 200 Leute beherbergt hatte, ehe Wilford aus Angst vor seinem Luxusverlust ordentlich reduziert hat.
Dass Ruth nun komplett zum Layton-Lager gewechselt ist, wird nach all den kleinen Zwischen-Entscheidungen dann mit der größten überhaupt deutlich gemacht. Sie schlägt die Beförderung zum Wunschtitel aus, weil sie doch etwas für Melanie und die Mission empfindet, bzw. einsieht, dass es für den Zug das Beste ist, Wilford Kontra zu geben. Und genau dort liegt eben ihre Loyalität, beim Zug. Darauf folgt die Degradierung und viel seltsamer, als sie plötzlich neben Layton in der Jauchegrube zu sehen, ist der Anblick ohne die typische, petrolfarbene Jacke. Wer ist die Frau?!
„I confess, I’m morally dyslexic.“ (Wilford)
Die Situation am Esstisch fand ich insgesamt sehr gelungen. Vielleicht an einigen Stellen zu drüber, aber das demonstriert eigentlich auch nur, wie selbstsicher sich Wilford ist, bzw., was er sich in seinem Machtrausch alles erlauben kann. So auch in der folgenden Szenen mit Till, die die Breachmen-Killer umbringen soll, aber dankend und vor allem ein moralisch-rechtliches Beispiel darstellend, ablehnt. Wilford übernimmt und demonstriert so auch für die allerdümmsten von uns Zuschauern, dass er sich als über dem Gesetz stehend ansieht. König des Zuges, Kaiser der Welt.
Der ideale Cliffhanger für eine mögliche Wochenpause zwischen den Folgen gelangt dann über die Kanalisationspost zu Layton und Ruth: Melanie lebt!
Neben der Bildung einer ultimativen Ausgangslage für die finale Staffelfinal-Folge ist man offenkundig auch der Bestrebung nachgegangen, Wilford so böse und rücksichtslos zu zeichnen, wie es nur geht. Mission geglückt. Mir war das aber vor allem mit der Kirmes zu viel und viel zu unglaubwürdig. Bei den exotischen Nahrungsmitteln kann man ja noch argumentieren, dass es da vielleicht ein richtiges großes Lager gab oder die eben noch immer nachproduziert werden, aber ein Riesenrad bauen? Wo es doch so viele wichtigere Dinge gibt? Dazu noch in derart professionell und ausgereift aussehender Optik? Puh… Ne, das war sehr over-the-top, was natürlich der Charakterzeichnung diente, aber da klingelt mein Realitätssinn dann doch etwas durch. Aber gut, es geht um eine postapokalyptische Serie mit einem unendlich langen und lang fahrenden Zug, ich höre ja schon auf zu lamentieren…
Review: Snowpiercer S02E10 – „Into The White“ (Ins Weiße)
Nach der Ausrichtungsfolge Neun folgt die Ausführungsfolge Zehn. Nur Alex muss vorerst im nicht mehr ganz so goldenen Käfig ausharren.
„The question is not, are you willing to sink to his level, it’s are you willing to risk everything?“ – „For Snowpiercer, for Melanie – everything!“ (Layton & Ruth)
Nachdem Layton und Ruth jedoch ihre Wache überwältigt bekommen, schenkt sie den beiden die Information zu einem Geheimgang, der sie direkt in den Maschinenraum führt.
„We’re gonna steal Big Alice and go get here!“ – „With a… shovel?!“ (Layton & Alex)
Die Szene mit Ravi hat mir sehr gefallen, vor allem, da es einige gelungene kleine Momente der Auflockerung zu sehen gab. Sei es das minimal fehlgeschlagene bis-Drei-Zählen, die Stinkerei-Umarmung oder das Wegsetzen von der Leiche auf dem Sofa. Sehr schön! Das „Wir haben nur zwei Stunden und müssen jetzt ganz schnell alles retten! Oh, eine Badewanne…“-Spielchen habe ich jedoch mit einem Kopfschütteln quittieren müssen. Ernsthaft?!
Ben geht da schon aufopferungsvoller in die Vollen. Er nimmt eine Lehrstunde im Nahkampf in Kauf, damit seine heimlich initiierte Weichenumstellung nicht auffliegt. Bei Javi läuft es dagegen leider nicht so positiv, auch wenn zumindest nicht gänzlich klar ist, ob er nun verstorben ist oder nicht, immerhin hat Wilford seinen Hund ja dann doch noch abgezogen und wir haben nicht zu sehen bekommen, wie Javis Zustand ist. Die Ärzte sollen ja jetzt nicht soo schlecht sein an Bord, habe ich gehört…
Aber endlich haben wir mit der Hauptstory zu Melanies Exkursfolgen-Ende aufgeholt! Das Feuer unterm Zug kam durch die erhitzten Bremsscheiben – das hatte ich mir irgendwie spektakulärer vorgestellt, z.B. durch eine Explosion, die die Tür zum Maschinenraum öffnen soll.
„See ya!“ (Wilford)
Aber natürlich gibt es noch Hoffnung. Ich meine, wer so ziemlich die komplette Folge mit einem Rasiermesser im Mund überleben (und dabei vor allem ganze Gespräche führen) kann, der wird doch wohl locker ihre eigene Mutter gerettet bekommen, oder?! Der Plan: Zehn Waggons sollen abgekoppelt werden. Dazu muss man nur den Aquarium-Waggon abkoppeln. Äh, zerstören. Dazu wird Josie direkt mal im Zuge ihrer ersten Außenmission kurzfristig abgeworben. Das zufrierende Wasser im Aquarium-Waggon war schon ziemlich nice!
„I’m not here to fight.“ – „No? It’s your conversation axe, is it?“ (Layton & Wilford)
Kurz hatte ich mich darüber gefreut, direkt einen doppelten Showdown zu sehen zu bekommen. Layton gegen Wilford und Kevin gegen Ruth! Aber beide Battles sind dann doch deutlich kürzer und weniger intensiv ausgefallen, als ich gedacht hätte. Aber gut, die Macher hatten auch wenig Zeit und wollten viel in die Folge packen.
Denn nach einem kurzen Zeitsprung bekommen wir Alex und Layton auf dem Weg zur Wetterstation zu sehen. Dort finden sie jedoch lediglich die gut warmgehaltenen Forschungsdaten sowie ein paar verabschiedende und erklärende Tagebucheinträge zu sehen. Ich frage mich an der Stelle, wie viel Zeit zwischen dem Vorbeifahren des Zuges und dem Betreten der Wetterstation gelegen haben soll. Das wirkte wie wenige Minuten/Stunden, die man „mal eben zurück“ ist. Laut ihrem Brief war es dann wohl doch etwas länger, die Inszenierung hat mir hier jedoch nicht so ganz gefallen.
Die zweite Folge hat sich deutlich kürzer angefühlt als die erste, was ja nicht das schlechteste Zeichen ist. Allerdings liegt das vor allem daran, dass man gewaltig viel Handlung in die eine Episode gepackt hat. Das ging mir dann vor allem am Ende doch etwas zu schnell. Gefühlt hat Javi einen besseren (Vermutlich-)Abschied erhalten als Melanie, die gefühlt bis auf die ersten Folgen ja nur ihre eigene Sonderfolge hatte. Aber genau deshalb glaube ich nicht daran, dass sie tot ist. Vermutlich leben beide noch, denn vor allem bei ihr ist die Trauer-Reaktion nie so richtig durchgekommen. Und solange man keine Leiche gezeigt bekommt, kann man sich ja eh nicht sicher sein, was das Schicksal einer Serienfigur anbelangt.
So war es insgesamt ein Staffelfinale mit Höhen und Tiefen. Insgesamt war es durchaus kurzweilig und vor allem die erste Folge hat einige richtig schöne Aufnahmen, vor allem die zweite Folge auch einige richtig schöne Dialogzeilen parat gehabt. Das Pacing hat sich aber vor allem in Relation zum Rest der Staffel nicht ganz rund angefühlt und ein paar Inszenierungen wirkten auf mich zu überdreht. Insgesamt kann man aber denke ich mit dem Abschluss recht zufrieden sein, zumal ja eine recht deutliche Ausgangsrichtung für eine dritte Staffel gegeben hat.
„Let’s go, get our train back.“ (Layton)
Dass man jetzt selbst in der Verfolgerposition ist, könnte einen guten Dreh ergeben. Und spätestens jetzt hat niemand mehr was zu verlieren und es dürfte noch härter werden.
„Snowpiercer“ – Staffel 2 Review
Meinen allgemeinen Eindruck zur gesamten zweiten Staffel „Snowpiercer“ inklusive Bewertungs-Überblick zu den Folgen gibt es hier zu sehen.
Bilder: TNT / Netflix
Big Alice hat es also geschafft 994 Waggons anzuschieben, obwohl der Snowpiercer gebremst hat, andersrum, dass der Snowpiercer Big Alice mit gerade mal 40 Waggons nicht ziehen konnte als diese Bremste, kommt mir komisch vor. Selbst wenn Big Alice wie Wilford sagte mehr Drehmoment hat, dann würde Big Alice die Traktion dafür fehlen und ihre Rädern durchdrehen, als der Snowpiercer mit seinen fast 1000!! Waggons bremste. Okay, Plotholes bin ich schon gewohnt bei der Serie.
Wenn ich mich richtig erinnere dauert es 30 Tage bis die wieder an der Wetter Station angekommen sind, nachdem sie vorbeigefahren sind oder? Dann glaube ich nicht, dass Melanie noch lebt…
Ich HOFFE so sehr, dass man in der dritten Staffel viel von dem 10 Waggon Snowpiercer zeigt. Weißt du vielleicht was da am Ende gezeigt wurde? So wie das für mich aussieht, ist der Snowpiercer richtung 6 Uhr gefahren und Big Alice (mit den 1000 Waggons) richtung 12 Uhr, was bedeutet sie entfernen sich immer mehr von einander. Und ankoppeln können sie auch nur so wie sie abgekoppelt wurden, also von vorne, da muss der Snowpiercer erstmal wieder hinkommen… Haben die überhaupt genug Nahrung dafür? Fragen über Fragen…
Ja, so ganz mag das vielleicht wirklich nicht ausgehen, aber ich bin mir nicht sicher, ob man da wirklich von „durchdrehenden Rädern“ bei Zügen reden kann.
Ah, also sind die doch einmal ganz rum? Ich hätte jetzt gedacht, dass die irgendwo eine Weiche zum Wenden genutzt hätten, oder – stumpf gesagt – zurückgerollt sind.
Aber ja, es schien, als würden die Züge in unterschiedliche Richtungen fahren. Macht ja vermutlich auch mehr Sinn, als von hinten zu versuchen, aufzuholen, so sollte man schneller aufeinandertreffen.
Ich finde es recht seltsam, dass die knapp 1000 Waggongs nicht genug Bremskraft haben sollen, um Big Alice entgegenzuwirken, zumal es Bergauf geht, das würde ja fast schon heißen, dass der Snowpiercer sein eigenes Gewicht nicht zum Stehen bekommt, wenn es Bergab geht. 1000 Waggongs x2 Drehgestelle mit jeweils 8 Rädern heißt, da Bremsen 16000 Räder, während Big Alice mit 40 Waggongs grade einmal auf 640 antreibende Räder kommt, von daher ist es eher utopisch, dass Big Alice genug Kraft auf die Schinen übertragen kann, um den Snowpiercer trotz blockierender Bremsen einfach zu schieben.
Also ich denke eher, sie sind auf der Hauptstrecke zurückgefahren. Laut Wikipedia dauert eine Weltumrundung 133 Tage. Egal wie stark Big Alice anschiebt, aber die Umrundung so drastisch zu kürzen halte ich für unmöglich.
Wobei…. für unmöglich halte ich auch, dass es Ingenieure gibt, die in ein Drucksystem keine Überdruckventile einbauen, um z. B. einen Überdruck in den Wasserleitungen zu verhindern.
Außerdem halte ich es für unmöglich, dass es Ingenieure gibt, die ein derartig hochtechnologisches System wie den Snowpiercer zusammenbauen, aber vergessen, für das allerwichtigste Bauteil keinen Ersatz mitzunehmen. Ja, Wilford hatte ein Ersatz“Gottmodul“, aberes wurden 2 Züge gebaut, es hätte also für beide Züge Ersatz geben müssen und wenn man bedenkt, dass der Snowpiercer für die ewige Fahrt konstruiert wurde, hätte wohl jeder normaldenkende Mensch mehr als nur ein Ersatzteil davon mitgenommen.
Mal so ganz nebenbei, warum kühlt der Snowpiercer so schnell runter, wenn er stehenbleibt? Gibt es keine Isolierung, die dafür sorgt, dass die Temperatur wenigstens ein paar Minuten im Zug bleibt? Ich meine, -100°C sind jetzt keine Temperaturen, für die erst noch Isolationsmöglichkeiten gefunden werden müssten. Andersherum, wenn der Snowpiercer so schlecht isoliert ist, wäre es dann nicht gefährlich, die Außenwände anzufassen?
Findet es hier noch jemand seltsam, dass Melanie in der Forschungsstation täglich die Solarpaneele vom Schnee befreien muss? Wenn so viel Schnee fällt, hätte die Forschungsstation nach so vielen Jahren selbst schon unter metern von Schnee begraben sein müssen, oder nicht?
So, gdnug der Fragen :D
Kurzum: Ja. Auf alles. ;)
Ne, stimmt schon, da sind einige zumindest mal fragwürdige Inszenierungen bei. Der Schneefall wirkte auch auf mich seltsam, da ja zunächst nur diese eine Hoffnungsflocke zu sehen war, aber ja weiter oben auf dem Berg durchaus mehr erfolgen kann. Passte dennoch nicht ganz.
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