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Eine holprige Fahrt nimmt diese Woche ihr Ende. Endlich mögen einige Zuschauer:innen denken. Um es direkt vorweg zu nehmen: „Snowpiercer“ macht natürlich auch zum Finale der dritten Staffel all jene Fehler zuhauf, die wir schon über die vergangenen neun Folgen zu sehen bekommen hatten. Und noch viel mehr. Dabei ist die Folge nicht mal wirklich schlecht, aber gewaltige Unnötigkeiten nehmen Potenzial-Ausschöpfungen leider den nötigen Platz zur Entfaltung weg.

Zur Ausgangslage: Der ausgebüchste Wilford ist untergetaucht, die Lage soweit unklar, was passend und schön durch Audreys hochdramatisches Klavierspiel akustisch unterstrichen wird. Interessant könnte ihre Rolle noch werden, betont sie doch mehrfach in der Folge, nicht mehr auf Wilfords Seite zu sein. Dabei gibt es erstmal vor allem zwei Seiten: Melanies und Laytons. Dass diese zwei Pole zum „Krieg der original sinners“ aufgeblasen wird ist einfach komplett unnötig und vor allem unsinnig.

Layton kriegt den kompletten Tail mit einer halbminütigen Pseudo-Rede hinter sich gestellt und irgendwie hatte ich an dieser Stelle ein Dé·jà-vu als der Tailie-Mob vom Ende des Zuges den weiten Weg gen Engine antritt. Noch seltsamer wirkt dieses Unterfangen als uns und Melanie gleichermaßen aufgezeigt wird, dass so ziemlich alle wichtigen Charaktere gegen sie stehen. Oder zumindest gegen ihren Standpunkt sind. Aber ja, lasst uns den Blödsinn dann halt weiter spinnen…

„Are you trying to beat down an army with a garden hose?!“ (Tailie)

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Kurzzeitig gibt es noch eine dritte „Seite“. Wilford hat LJ und ein paar andere Leute ohne wirkliche Relevanz im Night Car versammelt, präsentiert „Icy Boki“ als neuen Cold Man (es war also doch nicht der Art!) und erneuert seine Vereinbarung mit Zarah. Aber irgendwie wirkt alles aus der Zeit gefallen und nicht wirklich gefährlich. Vielleicht liegt das auch daran, dass man diese ganze „Wilford ist überwältigt, Wilford ist wieder da, Wilford ist überwältigt…“-Spielchen nicht mehr sehen kann.

„Well, I’m sorry. But I’ve spend too long redeeming myself to go back now.“ (Ruth)

Melanie nutzt ihre starke Ausgangssituation in den kurzen Verhandlungen, um einen vermeintlichen Pakt mit Wilford zu schließen, der ihn zum Rückzug in die zweite Reihe bringen soll, solange er ein paar Privilegien bewahren darf. Spätestens an dieser Stelle fragt man sich, ob Melanie wirklich nur eine pessimistisch-realistische Wissenschaftlerin ist oder den Machtverlust bei einem Ausstieg aus dem Zug fürchtet? Zumal sie den Schritt einzugehen scheint, einen Deal mit jemandem einzugehen, dem man erwiesenermaßen nicht trauen kann und sollte.

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Wie überflüssig das alles bis hierhin war, demonstriert die Folge dann aber einfach, indem sie den Ansatz nicht konsequent durchzieht, sondern alles ab adsurdum führt. Layton will dann doch „nicht schon wieder Blut“ und ruft Melanie an. Genau dieser Austausch und binnen weniger ausgetauschter Worte wiederentdeckte gemeinsame Feind-Status Wilfords hätte einfach direkt nach Melanies Rückkehr passieren müssen. Ergo: Die letzten anderthalb Folgen hätte es schlicht nicht gebraucht. Zumindest nicht in dieser unglaubwürdigen und auf Eskalation abzielenden Augestaltung.

„Very crafty!“ (Wilford)

Auch wenn man jetzt diskutieren könnte, ab welchem Zeitpunkt alles nur dem holden Plan gefolgt ist, Wilford zu überlisten (war Zarahs Besuch bereits Teil davon?), schafft man es letztlich durch ein recht plumpes Anlock-Manöver und genauem Timing im Schließen von Türen. Selbst die für den Komik-Moment der Folge zuständige Ruth schafft es mit recht einfachen Mitteln den zuvor so krapfhaft als erstarkten Mutanten dargestellten Icy Burki mit einer jetzt nicht soo schwer erscheinenden Deckenklappe auszuschalten. Und dann? Tja, Wilford setzt sich einfach in die Einzelkapsel, in der Melanie überlebt hatte. Ohne große Notwehr. Weil jemand einen selbstgebastelten Speer auf ihn richtet. Das geht (mal wieder) ziemlich schnell und problemlos vonstatten. Und schon ist er weg.

„Now we’ll see, who is the real survivor.“ (Wilford)

Achtung, Achtung, eine Durchsage: Es erfolgt die Zugteilung in Hamm! Schau an, Melanie und Layton haben nach sehr kurzer Beratung eine Möglichkeiten gefunden, die sämtliche Seiten zufrieden stellt. Alle müssen nochmal checken, ob sie sich im richtigen Zugteil befinden – ab auf Big Alice nach „New Eden“ oder weiter um die Welt auf Snowpiercer. Und wow, alle haben lediglich weniger als sechs Stunden Zeit, diese elementare Entscheidung zu fällen, alles vorzubereiten und sich zu verabschieden?! Puh…

„I guess we’re guardians of each others loved ones now.“ (Melanie)

Es folgt die große Entscheidungs- und Abschieds-Show! Audrey und Till wollen sich trennen, Oz und LJ auch, Melanie und Alex auch, Miles auch von Layton und Josie (die anderthalb Folgen später plötzlich doch zusammen sein können?!), und so weiter. Darunter sind dann auch ein paar arg konstruierte Entscheidungen bei, aber gut, alle denken anders und haben ihre eigenen Pläne. Insgesamt wirkt mir das aber alles zu „endgültig“. Kann man nicht einfach eine Sonde, den Einzelwagen (so noch im Besitz) oder von mir aus wie jetzt einen Teil des Zuges vorausschicken, um Klarheit zu schaffen, während der Rest im Kreis fährt und auf Bericht wartet wartet?

Aber gut, als wäre diese Zugteilung nicht schon genug, packt man in die letzten paar Minuten dann noch Material für eine komplette Finalfolge:

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Till geht doch noch kurz vor knapp rüber zu Audrey – die Aufteilung hatte mich eh nicht gänzlich überzeugt. LJ nimmt es doch mehr mit, als sie erst dachte, was noch ein netter emotionaler Einschub gewesen wäre, aber dann verschluckt sie sich am angelutschten Auge(!) weil sie jemand im Vorbeigehen anrempelt?! Sie soll daran jetzt erstickt sein (so sie denn wirklich stirbt und nicht noch jemand kommt, um sie zu retten)? Ernsthaft? Was für ein bescheuerter, unnötiger und unrühmlicher Tod (sollte dem so sein) ist das denn bitte? Ne, da kommt hoffentlich noch was, ansonsten wäre nicht nur einiges verdammt unnötig gewesen von dem, was wir zuvor gesehen haben, sondern auch viel Potenzial verschenkt, was diesen Charakter angeht.

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Der Big-Alice-Teil mit Endstation „New Eden“ fährt sinnbildlich einfach mal direkt nach der Kurve in ein starkes Gewitter, was ja erstmal ein ganz gutes Zeichen hinsichtlich klimatischer Verhältnisse bedeutet. Um auch mal was Positives loszuwerden: Der Gegenschnitt mit Audreys Gesang und den Turbulenzen im Zuge der Brückenüberfahrt hat mir gut gefallen. Gefühlt dauert diese experimentelle Restfahrt – nachdem wir neun Folgen langen gen Horn von Afrika gereist sind – nur zwei Minuten. Ein bisschen Durchruckeln, etwas Schieflage – wir sind da! Bei Minus 20 Grad Celsius Außentemperatur, Tendenz steigend. Yay, es ist „warm“ – zumindest so sehr, dass alle in normalen Winterklamotten raus können. Das Ende der Serie? Nein. Das Ende der Staffel? Nicht ganz.

3 Monate später bekommen wir Melanie zu sehen, die eine Lichtrakete am Himmel zu sehen bekommt. Ist das etwa der einsam in der Wildnis überlebende Wilford, der zu irgendeiner Station gelangt ist und auf sich aufmerksam macht? Oder der zwischenzeitlich aufgewachte und ins ewige Eis gegangene „Icy Boki“, der ein bisschen Dampf ablässt? Oder LJ, die einfach das Auge runtergeschluckt hat und die Eröffnung ihrer neuen Eis-Bar feiert? Vermutlich ist das wohl unsere Hochsommer-Truppe, die ein Zeichen abgibt, nachdem Melanie einmal die Erdkugel mit Snowpiercer umrundet hat, um Kommunikation zu etablieren. Dann bekommen sie und wir mit, wie es läuft: Gestrandet und am verhungern oder auf Floaties mit Cocktails in der Hand im Bergsee chillend? Klassischer Cliffhanger halt.

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Oh man… Das war viel. Aber leider nicht viel Gutes. Die komplette erste Hälfte war das unnötige Ergebnisse unnötiger Entwicklungen der unnötigen letzten Folgen. Die komplette Staffel über hatte man das Gefühl man stapft von einem aufgebauschten Füll-Drama zum nächsten. Wie so oft hat man auch in dieser Folge wieder viel zu viele Geschehnisse in viel zu knapper Zeit behandelt, so dass neben dem eigentlichen Pacing vor allem auch die entsprechende Ausgestaltung der Elemente auf der Strecke geblieben sind. Hätten die konstruierten Probleme auf der Strecke zum Horn von Afrika wenigstens einem größeren Zweck (als dem In-die-Länge-Ziehen der Staffel) gedient, wäre das ja noch okay gewesen. Aber so wird ein mal wieder ein elementarer Teil der Handlung spontan für nichtig erklärt und mit einem Pseudo-Twist aufgelöst. Um dann am Ende keine Zeit mehr zu haben, die wirklichen Dinge in gebührender Länge zu behandeln. Ne, das geht viel besser.

Dennoch hatte das Finale auch seine guten Momenten sowie natürlich vor allem eine gewaltige Relevanz, was die allgemeine Hauptgeschichte anbelangt. Mittlerweile ist man die Struktur der Serie auch schon derart gewohnt, dass ich dann doch 3,5 Kronen vergebe. Bin da wohl abgestumpft. Insgesamt war das aber zumindest besser als letzte Woche. Dennoch ärgert mich das, hier wäre nämlich – vor allem mit einer smart inszenierten abschließenden Szene, in denen die Leute erstmals einen Fuß in die Außenwelt setzen – mindestens eine 4,5-Kronen-Folge drin gewesen. Aber gut, einige Überlebende um Layton sind an einer Stelle angelangt, in der Menschen in der Außenwelt überleben können. Das war eigentlich ein für in mehreren Generationen oder zumindest Jahrzehnten in Aussicht gestellte Langzeitziel der Mission, das plötzlich extrem schnell zur Wirklichkeit zu werden scheint. Stellt sich nur noch die Frage, wie lange das funktioniert, wie man dort an Essen und Unterkünfte geraten kann. Und ob man den Zug nochmal in Gang bekommt. Alles Fragen, die Lust auf eine vierte Staffel machen, in der man dann hoffentlich die Zeit vernünftig nutzt, um elementare Dinge auch gebührend und sinnvoll zu erzählen. Denn so wie das in dieser Staffel gehandhabt worden ist, dürfte „Snowpiercer“ im Laufe der Reise so einige zuschauende „Passagiere“ verloren haben, fürchte ich.

UPDATE: Hier gibt es noch meinen allgemeinen Eindruck zur Staffel sowie meine Übersichtsgrafik zu den Folgenbewertungen zu sehen..

Bilder: TNT / Netflix

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Beitrag von:
Dienstag, 29. März 2022, 14:56 Uhr
ReviewSnowpiercer
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8 Kommentare

  • Philipp

    Ich hätte mir mehr Aufnahmen vom Zug gewünscht bzw. auch gerne innenaufnahmen vorne, die 2 Minuten am ende der Folge waren echt schnell vorbei. Hab allerdings gehört, dass es echt teuer ist die außenwelt zu bearbeiten sodass sie realistisch wirkt weil ja alles mit eis überdeckt sein muss.

    Komme ich mal zu den Schienen. Die wurden ja offenbar zerstört bzw. die Brücke ist eingestürzt kurz bevor das „New Eden“ anfängt. Also kann Big Alice (falls sie jemals repariert wird) nicht mehr zurück fahren. Nach vorne weiß man ja nicht wie die Strecke ist aber vermutlich ähnlich marode oder ist es gar eine Sackgasse?

    Achso, ich glaube Big Alice ist gar nicht kaputt sondern einfach nur entgleist. Vielleicht kommt irgendwann plötzlich ein Zug mit Mega Kran und hieft ihn wieder drauf, bei Snowpiercer wäre das jedenfalls keine Überraschung mehr.

    • Ja, zumal die Außenaufnahmen mittlerweile richtig gut aussehen! Der Zug ist nicht wirklich kaputt-kaputt, das stimmt (auch wenn zumindest mal direkt Licht und alles aus war, vermutlich werden schon kleinere Reparaturen notwendig sein), aber „in Gang“ muss man ihn dennoch bekommen, was die entgleisten Waggons betrifft. Aber ja, da findet sich bestimmt Equipment an Bord (des einen oder anderen Zuges). :)

  • James

    Sehr geile Review, „Icy-Boki der ein bisschen Dampf ablässt“ made my day!!
    Ich fand die Folge eigentlich ganz nett, vor allem da ich die Serie nicht allzu ernst nehme und die meisten Folgen nur aus den Augenwinkeln gesehen habe. Ist halt hochwertig gefilmter Trash, aber irgendwie lustig weil es so komplett unsinnig ist. Man schaut den Mist halt doch, einfach aus Neugierde um zu sehen wie’s weitergeht…

    • Danke! :) Ja, vermutlich muss man es so sehen, absolut. Aber zwischenzeitlich wirkte auch das Geschriebene soweit zumindest in Ordnung, jetzt wirkt es irgendwie, als würde die Serie immer schöner inszeniert aber das Drehbuch immer schlechter werden… :/

      • James

        Kein Ding, ist ja erfrischend wenn man mal objektive und realistische Reviews zu lesen bekommt.

        Kann man leider über den Kollegen der hier Star Trek kommentiert nicht sagen, oder wie es inoffiziell heisst: Star Dreck. Was muss man denn rauchen um Discovery und und Picard positiv zu bewerten? Das ist der letzte Mist, unlogisch, schlechte Drehbücher und die Schauspieler versuchen das Niveau noch krampfhaft zu unterbieten, was ihnen leider auch gelingt.
        War schon immer ein Fan von Patrick Stewart, aber habe nach Episode 1 aufgehört wegen fehlender masochistischer Neigungen.

        Im Gegensatz dazu ist Snowpiercer ein cineastisches und philosophisches Meisterwerk.

      • Soweit ich weiß findet er „Discovery“ aktuell auch ziemlich schlecht und letztlich ist es immer etwas müßig, die Meinung anderer einzustufen, wenn man selbst nur eine Folge gesehen hat, findest du nicht?

      • James

        Naja, eigentlich nicht. Ich muss einen verfaulten Apfel ja auch nicht komplett verspeisen um zu wissen, dass er faul ist. Ein Bissen reicht!

        Aber ich mach ja nur Spass, soll jeder nach façon glücklich sein, selbst wenn er „Picard“ toll findet…

      • Vollkommen klar. Letztlich ist das ja eh wie mit allem: Geschmäcker sind verschieden und das ist gut so! :)

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