Nach dem kleinen Durchhänger vergangene Woche hat „Snowpiercer“ mit der aktuellsten Episode wieder an Fahrt aufgenommen. So viel sogar, dass man von der bislang besten Folge der Staffel reden kann. Allerdings hat man leider auch ein bisschen Potenzial auf der Strecke liegen lassen.
Oha – Snowpiercer ist laut der obligatorischen Längenangabe vor Anlaufen des Vorspannes aktuell 1.001 Waggon lang. Da wurde ordentlich angebaut. Beinahe noch interessanter war aber dieser vielsagende Einblick in Milius‘ Vergangenheit, die gegebenfalls in Zukunft nochmal aufgearbeitet werden wird:
„You think, love is a weakness?!“ – „Most predictable one there is.“ – „Then you probably never felt it.“ – „Of course, I have. How do you think I learned that lesson?“ – Ben & Milius
Milius trifft jedenfalls auf Layton, was sich irgendwie ziemlich underwhelming angefühlt hat. Allgemein hat man diese Episode nicht viel Zeit für aufgeladene Einrahmung besonderer Momente, passiert doch so einiges in ziemlich hektischer Abfolge.
Eigentlich dürfte Ruth niemals die Züge koppeln lassen. Ein Babyleben retten, um hunderte andere Leben mit ziemlicher Sicherheit zu beenden? Da ist mir der „Wir sind ja auch extra hierher gefahren, um Liana zu retten“-Pragmatismus zu stumpf. Das wirkt, als hätte man nicht mal wirklich Glauben daran, dass man anderweitig aus der Situation herauskommt, sondern lässt sich von einem Prinzip lenken. Aber gut, die beiden kennen den überzogenen „Deal“ ja noch nicht.
Die Leute unserer Gruppe dürfen als „Gäste“ im Untergrund-Basis-Labyrinth verweilen, bis die Welt wieder erwärmt worden ist. Aber hey, immerhin treffen sie auf einen alten Bekannten: Wilford! War ja klar. Dieser wirkt Milius im Dialog aber deutlich untergestellt. Später wird ihm auch gesagt, dass er im militärischen Stützpunkt keine Befugnis habe und Milius spielt Layton und Wilford gleichermaßen aus, was Aussicht auf Rache gegenüber des jeweils anderen anbelangt. Das könnte noch zu spaßigen Macht- und Kraft-Konstellationen führen.
Wilford läuft nostalgisch im Zug umher um gesehen zu werden und sein altes Outfit wieder zusammenzustellen. In dem Zuge (pun intended) steckt er sein altes Rasiermesser ein – derart auffällig, dass es mit Sicherheit in Zukunft noch eine Rolle spielen dürfte. Mein Tipp: Er wird damit Milius attackieren.
Dann kommt der vermeintliche Auftritt des Titel-gebenden „Engineers“. Ben spielt eine Runde MacGyver und ingenieurt die Tür auf. An der kleinen Flucht-Sequenz hat mir gefallen, dass alle drei Charaktere ihre Stärken einbringen. Also, für einige Sekunden zumindest. Dann nimmt sich Till ungewöhnlich zurück und auch Ruth geistert eher uninspiriert und passiv durch die Gänge. Mir können die da alle etwas sehr leicht unbemerkt durch die Korridore schlendern, mal ganz zu schweigen, dass sie alle relativ problemlos ihr Ziel erreichen, obwohl „alles wie ein Labyrinth konzipiert“ sei, um Leute darin zu halten. Immerhin Alex bleibt in der Basis, wenn auch aus freien Stücken. Wäre aber ja auch nicht „Snowpiercer“, wenn mal alle gleichzeitig an einem Ort weilen würden.
Der letztlich hektisch ausgeführte Plan: Alle gehen auf Big Alice, um diese abzukoppeln und gen New Eden zu fahren. Dabei hat mir gefallen, dass der gute alte „Tailies“-Begriff nochmal genutzt wurde.
„C’mon, engineer. Let’s go!“ – Ben
Tja, und dann kommt der wirkliche „Engineer“-Moment. Ben lässt Till alleine auf Big Alice, um die Kopplung manuell zu lösen. Opfert sich damit, da dies außen am Zug vollzogen werden muss. An sich ist das ein inhaltlich guter Punkt in der Geschichte, aber mir missfällt die Inszenierung. In früheren Staffeln haben Sekunden an der Außenseite gereicht, um Gliedmaßen komplett einzufrieren. Man befindet sich mit den Zügen noch in Tunneln, die gegebenenfalls wärmer sind – geschenkt. Aber wieso lässt er sich dann so viel Zeit? Wieso schaut er vor aber vor allem nach seines geglückten Eingriffes noch bedeutungsschwer in der Gegend herum, anstatt schneller zu machen und wieder rein zu gehen? Aber: So eisig sein Antlitz am Ende auch ausgesehen mag, so ganz sicher können wir uns nicht sein, dass er wirklich verstorben ist. Da hat uns die Serie in der Vergangenheit bereits eines Besseren belehrt.
Nach dem eigentlichen Höhepunkt der Episode haut man binnen weniger Sekunden einfach mal noch ein paar signifikante Erkenntnisse raus. Nima fragt Alex, ob sie Nasenbluten in New Eden hat, was auf seine Ahnung bezüglich der Instablität der Wärmeblase hindeutet. Josie – von der wir zuvor bereits erfahren haben, dass sie an den Beinen mittlerweile auch nichts mehr spürt – wird Blut abgenommen – genau wie Wilford augenscheinlich. Und Layton darf Liana trotz der Wegfahrt von Big Alice sehen – im Arm von Wilford. DAS wäre ein guter Twist-Moment gewesen, um die Folge abzuschließen (hätten wir Wilford nicht bereits zuvor zu sehen bekommen)!
Das war deutlich besser, aber mit Schwächen in der Ausführung. Vielleicht hat man die Folge zu voll gepackt, so dass einige der vielen relevanten Momente nicht genug Raum zur Entfaltung besitzen konnten. Die Basis war ja eigentlich ein neuer Spielort, der für Abwechslung sorgen sollte, aber letztlich hat man wieder nur viel austauschbaren Stahl zu sehen bekommen. Das wirkte sehr eintönig. Aber man hat endlich mal wieder richtige Spannung etablieren können und mit der neuerlich durcheinandergewürfelten Konstellation gibt es wieder viele Fragezeichen und Möglichkeiten, was die Zukunft anbelangt. Das Opfer von Ben war heroisch und ein intensiver Moment, den man jedoch optimaler hätte inszenieren können. Dennoch stimmt mich die Folge optimistisch, dass wir vielleicht doch noch ein gutes Serienfinale zu sehen bekommen werden.
Bilder: AMC
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