Ich hatte ja nicht einmal große Erwartungen, was diese Folge anbelangt, aber „Snowpiercer“ hat es mal wieder geschafft, diese zu untertreffen. Keine Ahnung, wie man auf die Idee gelangen kann, das sei gutes Storytelling, was wir diese Woche geboten bekommen. Aber der Reihe nach.
Zunächst beginnt alles noch soweit okay-isch. Melanie findet einen Brief von Nima vor und koppelt sich daraufhin komplett von ihm ab, Alex stellt die Weiche nicht um und manipuliert stattdessen den Computer, und Oz klinkt sich in die Funkfrequenz rein und gewinnt im Schnick-Schnack-Schnuck gegen Till. Gerade diese letzten beiden Sachen haben mir gut gefallen, auch die Situation, in der Till von dannen zieht (auch wenn uns das allen deutlich früher als Oz bewusst gewesen sein dürfte).
Aber dann? Ach, ich weiß nicht… Irgendwie ist ja Hektik und Spannung da in der Situation, so richtig authentisch und einnehmend ist es dann aber auch nicht inszeniert. Da laufen ständig Leute von A nach B, mit einem Schild, der sie vor dem Scharfschützenbeschuss schützt (wenn Layton nicht gerade daran erinnert werden muss, dass er einen Schild bei sich trägt…), und Elite-Soldaten werden relativ simpel überwältigt, wenn es die Situation bedarf. Beispielhaft für das ganze unnötige Hin und Her ist wie Till den guten alten Klischee-Fehler begeht, sich lautlos anzuschleichen, um dann beim eigentlichen Überraschungshieb lautstark „HUUAAAAAWWW!“ zu rufen und so auf sich aufmerksam zu machen. Alles nur, damit wir ein paar Gerangel-Szenen später dann doch das gleiche Endresultat erhalten und sie ihr Gegenüber übermannt.
„It’s not poison, we’re launching into the sky – it’s hope!“ – Nima
Der geplante Überraschungs-Überfall wird durch Melanies Beisein und eine Gasladung erneut bis auf Weiteres verschoben. Wie easy die Eindringlinge auf einmal alle ausschalten, einpferchen und in Big Alice gelangen können… Es scheint keine knappen Entscheidungen zu geben, welche Seite gerade die Überhand hat, sondern nur 100-prozentig klare Situationen. Und wo kommen die vielen Leute eigentlich plötzlich alle her?! Man hat zuvor weder auf Snowpiercer noch im Silo diese Masse zu sehen bekommen. Es wurde darüber geredet, klar, aber das hätte man im Vorfeld besser darstellen können.
Was mich am meisten nervt, ist der „große Twist“ der Folge. Jetzt ist Nima auch noch Alex‘ Vater? Ach, come on… Wirklich?! Wie unnötig. Wir haben mittlerweile verstanden, dass Alex ein Superbrain ist. Und den „Genetik versus Erziehung“-Vortrag hat es jetzt auch nicht unbedingt gebraucht. Vermutlich ist das alles ein Setup dafür, dass Alex im Finale Nima mit den Worten „Genetik verliert!“ niedermacht, oder so.
„The nurture part, that you got from Joseph Wilford, but the nature – that you inherited from me.“ – „Both such… sane people.““ – Nima & Alex
Man könnte wenigstens sagen, dass „Snowpiercer“ konsequent darin ist, inkonsequent zu sein. Wie soll der gerade noch auf einem Berg stehende und den Signalstörer aufbauende Javi denn jetzt eine der Bombe unbemerkt inmitten des bewachten Stadtkernes gelegt haben!? So schnell, wie alle eingepfercht worden sind, sind sie auch schon wieder draußen. Lächerlich. Wie willkürlich die Stärke der Gegenspieler gewürfelt wird, zeigt sich dann auch zum Schluss. Snowpiercer kommt in New Eden an und bringt eine Gruppe Blauhelme mit, die aber nicht allzu freundlich empfangen wird. Natürlich überleben alle wichtigen Personen dieses kleine Scharmützel, falls überhaupt mehrere New Edener:innen dran glauben mussten.
Vermutlich dachte sich irgendwer auf Seiten der Drehbuch-Erstellung, man habe mit dieser Folge einen genialen Meilenstein der Fernsehgeschichte entworfen. Ein total überraschender „Ich bin dein Vater Spender“-Twist, ganz viele vermeintlich aussichtslose Situationen mit plötzlichen Wendungen, sowie all die Spannung und Hochrisikoeinlagen. Tja, man könnte aber auch sagen, dass das alles nur die Erziehung war und sich letztlich Genetik in Form von Glaubwürdigkeit und Cleverness durchsetzt. Und die ist leider nicht vorhanden gewesen. Stattdessen gab es ein wildes und willkürlich wirkendes Schauspiel zu sehen, das man nicht ernst nehmen kann.
Nein, das war leider nichts. Wir können nur hoffen, dass man hier lediglich die Generalprobe verkackt hat und sich zum Finale alles bessert, ich glaube jedoch nicht mehr wirklich daran. Dass Doctor Headwood den toten Soldaten wiederbeleben soll, tut da sein Übriges. Wenn da jetzt wirklich alle größeren Figuren der guten Seite heil durch kommen und alles durch einen halbgaren „Plan“ gut wird, wäre ich schon sehr enttäuscht. Das hätte alles so viel besser sein können.
Bilder: AMC
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