Während ich darüber nachdenke, wie ich die Einleitung zu diesem Review schreiben soll, fällt mir folgendes auf: Die erste Staffel „Star Trek: Discovery“ hatte 15 Episoden, die zweite Staffel 14 und die aktuell laufende dritte Staffel wird 13 Episoden umfassen. Zufall oder ein Zeichen dafür, dass man sich mehr auf das Wesentliche konzentrieren will – oder gar auf Qualität statt Quantität setzt? Die Doppelfolge „Terra Firma“ war meiner Meinung nach kein Ausdruck für das Konzentrieren auf das Wesentliche, sondern ein Tribut und der offizielle Abschied an das alte „Star Trek: Discovery“ aus Staffel 1 und 2; die dritte Staffel hat die Doppelfolge nämlich nicht nach vorne gebracht. Ist die sukzessive Reduktion der Episoden also ein Zeichen von höherer Qualität? Dies kann ich in einem vorweggenommenen Fazit zur Episode 11 leider auch nicht bestätigen. Denn viel Mühe haben sich die Autoren für „Su’Kal“ meiner Meinung nach nicht genommen.
Aber warum habe ich ein Problem mit Folge 11 „Su’Kal“? Die Einleitung ist auf jeden Fall gelungen. Die Entdeckung des Dilithium-Planeten, ein bisschen Herumgewackel auf der Discovery, als man sich dem Planeten nähert; ja, so fangen großartige Episoden an. Richtig geflasht war ich, als sich Michael, Saru und Culber auf das gestrandete Schiff beamen und komplett in anderer Erscheinung materialisieren. Für Saru bedeutet dies, dass wir ihn in der Serie zum ersten Mal als Mensch sehen und ohne umfangreiche Verkleidung – die Maskenbildner werden sich über die gesparten Arbeitsstunden sicher gefreut haben.
Die drei erkunden das Holodeck auf der Suche nach dem einzig Überlebenden des gestrandeten Föderationsschiffs: Ein kelpianisches Kind der ursprünglichen Crew. Mystisch und bildgewaltig wird die Geschichte rund um das vergessene Lebewesen erzählt, welches über viele Jahre nur von Computerprogrammen erzogen wurde. Das alles ist super und ich saß wie gebannt vor dem Fernseher. Die große Auflösung, dass das Kind – inzwischen natürlich erwachsen – durch die Einsamkeit und einer seltsamen Verbindung zu dem Dilithium Planeten schuld am Brand war; nein, das finde ich ganz und gar nicht toll. Die schlimmste Katastrophe im Star Trek Universum wurde durch ein einsames Kind verursacht? Etwas mehr Einfallsreichtum hätte es meiner Meinung nach schon sein können. Eine große Verschwörung, ein Unfall im Q-Kontinuum, ein fehlgeschlagenes Experiment (…); irgendetwas, was dem Umfang dieser Katastrophe ebenbürtig ist, hätte es schon sein müssen.
Aber während ich die Folge schaue und mich schon über diese Auflösung zum Brand aufrege, kommt der zweite Facepalm-Moment: Tilly macht ihren Job als Captain eigentlich ganz in Ordnung und gibt der Anführerin der Smaragd-Kette ordentlich Kontra. Aber sie tut quasi gar nichts gegen die Eroberung der Discovery. Vielleicht fehlt da die Erklärung, wie das gegnerische Schiff die ganzen Truppen herüber beamen kann; in jedem Fall hätte Tilly wenigstens auf die Fangarme schießen lassen können. Etwas mehr Gegenwehr und Spannung hätten die Autoren meiner Meinung nach einbauen müssen. Das ist fast so schlecht wie die „Star Trek: The Next Generation“ Episode, in welcher eine paar Ferengi mit zwei alten Bird of Preys in 5 Sekunden die Enterprise übernehmen.
Ich weiß natürlich, dass die Eroberung der Discovery für die Geschichte wichtig ist, aber warum nimmt man sich nicht etwas mehr Zeit, dies auch glaubhaft darzustellen? Und selbst wenn man keine Zeit hatte, dann hätte man doch wenigstens eine einfache Erklärung wie beispielsweise der Betäubungsstrahl der Breen aus „Star Trek: Deep Space Nine“ einbauen können – irgendetwas, womit die Zuschauer diese Kröte schlucken können.
Das Finale der Staffel läuft also darauf hinaus, dass verhindert werden muss, dass die Föderation durch die Kette mit der Discovery vernichtet wird und parallel, dass es keinen zweiten Brand gibt. Das klingt zwar spannend, aber mir ist etwas die Lust an diesem großen Finale vergangen. „Star Trek: Discovery“ schafft es leider immer wieder, gute und großartige Erzählungen kurz vor der Auflösung mit dem Hintern umzuwerfen und den Zuschauer mit großen Fragezeichen vor dem Fernseher sitzen zu lassen. Einen kleinen Funken Hoffnung habe ich noch, dass die letzten beiden Episoden dann doch einen würdiger Abschluss finden. Trotzdem schielt mein inneres Auge immer mehr auf die kommende Serie „Star Trek: Strange New Worlds“, welche hoffentlich Fans wie mich, die auf das altmodische Star Trek stehen, besser abholt als „Star Trek: Discovery“.
Bilder: Netflix / CBS
Ich fänd‘s auch recht enttäuschend, wenn damit jetzt tatsächlich die Ursache für den Brand gefunden worden ist. Ansonsten ist es recht durchsichtig, wie sich die Staffel dann weiterentwickelt: Im Staffelfinale werden die Vulkanier und Romulaner zu Hilfe eilen und den Neubeginn einer neuen Föderation begründen. Naja.
…und selbst die Story des einsamen Kelpianers, der aus Angst & Zorn eine verheerende Kraft entfesselt wirkt wie aus J.K. Rowlings Welt der „Phantastische Tierwesen“ abgekupfert (siehe „Credence Barebone“).
Die Richtung, die „Star Trek: Discovery“ mit der dritten Staffel eingeschlagen hat (eine gefühlsduselige Weltraum-Telenovela mit einem einfallslosen Spannungsbogen und knietiefen Logikschlaglöchern), ist leider echt nicht mehr mein Ding, und das Staffelfinale wird es sehr wahrscheinlich auch nicht mehr herausreißen…
Ich teile daher die Hoffnung auf „Star Trek: Strange New Worlds“!
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