„Star Trek: Discovery“ ist wie eine Kiste Pralinen. Die ersten Reihen hatten durchaus ein paar leckere Stückchen, doch inzwischen könnte man meinen, dass die übrigen Leckereien das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten haben. Zugegeben, die letzte Episode war solide aber keine Trendwende. Ob die fünfte Folge nach oben oder nach unten ausschlägt, könnt ihr im folgenden Review nachlesen.
Kern der Episode ist die gefährliche Anomalie. Sie springt in die Nähe einer kleinen Kolonie, die sie bedroht, komplett zu zerstören. Natürlich ist das eine Aufgabe für die Discovery, die sich nach wie vor durch den Sporenantrieb in Windeseile durch das Universum bewegen kann. Die Aufgabe ist schwierig, aber nicht unlösbar, alle Kolonisten auf das Schiff zu beamen. Wären da nicht ein paar Inhaftierte, die von dem Magistraten der Kolonie absichtlich zurückgelassen wurden. Das kann Michael mit ihrer Föderations-Moral natürlich nicht gelten lassen und sie begibt sich auf eine Rettungsmission. Natürlich mit Booker, nur Booker. Man könnte meinen, dass sie mit ihrem Liebsten absichtlich die Crew verlässt und keinen ihrer Offiziere mitnimmt. Da fällt mir ein, gab es nicht mal eine Direktive, dass der Captain auf dem Schiff bleiben soll? Riker hat sich in TNG doch immer über Picard aufgeregt und die Staturen zitiert, wenn dieser sich auch mal auf eine spaßige Außenmission begeben wollte.
Wie dem auch sei, Booker und Michael ballern sich durch die Sicherheitsvorkehrungen, um so die Gefangenen zu befreien. Man fühlt sich bei diesen Szenen etwas an MacGyver und Stirb Langsam erinnert, denn mit Technik und auch Waffen können beide hervorragend umgehen. Doch so einfach können sie Leute nicht retten, denn diese wollen gar nicht gerettet werden – so furchtbar ist die Haft, dass sie lieber sterben wollen. Auch wenn dieser Erzählstrang mit Asyl und letztendlicher Selbstbestimmung, dass einer der Gefangenen bleibt, nicht besonders tiefgehend und teilweise recht oberflächlich bleibt, finde ich den Grundgedanken wichtig und spannend. Das waren die Themen, die TNG auch behandelt hat und die Serie groß gemacht haben.
Insofern ist dieser Teil solide und unterhaltsam. Viel besser ist aber die Kombination aus dem arroganten Genie mit dem Namen Ruon Tarka und Stamets. Beide forschen zu der Anomalie und kreieren ein Experiment, welches fast das Schiff zerstört. Visuell machen diese Szenen Spaß – an dieser Stelle sei nochmal erwähnt, dass egal wie schwach die bisherigen Folgen der neuen Staffel waren, die Bilder großartig waren und nach wie vor sind. Das Genie Tarka ist endlich mal ein spannender Charakter und das nicht nur auf dem Papier, sondern auch schauspielerisch. Je mehr ich die Serie hinterfrage, desto mehr merke ich, dass Discovery auch daran scheitert, dass die Brückencrew so farblos ist. Aber ich weiche ab; also dieses Genie kann und weiß mehr. Ruon Tarka ist vielleicht sogar das größere Mysterium als die Anomalie und das macht Spaß. Seine Anwesenheit führt auch dazu, dass Stamets nicht mehr nervig rüberkommt – mit diesem Sparringspartner (und Reno im Hintergrund) machen die Szenen auf dem Maschinendeck viel Freude. Ich ertappe mich dabei, dass ich mich am Ende der Folge tatsächlich auf die kommende Woche freue. Ich will wissen, wie es weiter geht. Wahnsinn, ein Gefühl, welches „Star Trek: Discovery“ schon lange nicht mehr ausgelöst hat.
Wer hätte das gedacht, es war eine gute „Star Trek: Discovery“ Episode. Applaus, Trommelwirbel und Jubel! Nach der allgemeinen Logik muss die nächste Folge eigentlich wieder schlecht sein, aber ich habe tatsächlich Hoffnung. Hoffnung, dass zumindest der zweite Teil der neuen Staffel eine spannende Geschichte erzählt. Der erste Stein dafür ist gelegt.
Bilder: CBS / Paramount+
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