Die letzten zwei Episoden waren meiner Meinung nach nicht so stark. Zu viel irdische Ereignisse und zu wenig rund um die Mystik der Zeitreise; man kann sagen, es war mir einfach zu wenig Science-Fiction. Und als ob meine Kritik erhört wurde, die dritte Folge beginnt ganz und gar nicht irdisch. Wir sehen die Sonne durch ein Fenster eines Raumschiffs; an Bord sitzt Picard und… Baltar! Zumindest ist das mein erster Gedanke. Als Fan von „Battlestar Galactica“ fällt mir sofort James Callis auf, der in dieser Folge mitspielt und zumindest am Anfang der Episode einen Sternenflotten-Psychologen darstellt. Und wow, wie gut James seine Rolle spielt. Dieser durchdringende Blick, dieses Verkörpern von Geheimnissen und Intelligenz; in gewisser Weise ist es sogar Baltar aus „Battlestar Galactica“ aber das tut der Serie wirklich gut.
Die Wirkung, die James Callis als Psychiater auf Picard hat, ist besonders. Picard fällt durch ihn aus seinem gefestigten „Ich“ heraus. Er wird sauer und ist zutiefst angegriffen. Zugegeben, er ist nicht bei Bewusstsein, aber das ist nicht so wichtig. Ich finde das Bohren an der Oberfläche von Jean-Luc Picard und die Freilegung des Inneren des Charakters faszinierend. Später stellt sich heraus, dass seine Mutter nicht das Opfer von irgendjemand war, sondern an psychischen Problemen litt und demnach selbst eine Art Monster verkörperte. Und James Callis stellt sich später als Vater von Picard vor. Aber so ganz gelöst ist das Mysterium um Picards Psyche und seine Familie noch nicht. Tallinn, die sich in Picards Geist einschleust, bemerkt, dass es noch eine weitere Wand gibt, die aber in dieser Folge noch nicht aufgebrochen wird. Ich frage mich, was da noch kommt. Andererseits wäre es auch etwas zu wenig gewesen, wenn man das jetzt schon aufgelöst hätte.
In der Parallel-Story suchen Raffi und Seven Agnes. Sie haben bemerkt, dass Agnes eine wandelnde Zeitbombe ist. Und wenn die Queen komplett die Kontrolle über sie bekommt, die Menschheit assimilieren würde. In diesem Handlungsstrang hat der gute Sir Patrick Stewart seine Ehefrau reingesneaked. Sunny Ozell tritt in der Bar auf, in der Agnes die Scheibe kaputtschlägt. Ich finde das cool; es untermalt, dass Patrick die Serie am Herzen liegt. Ansonsten nimmt diese Story noch nicht wirklich Fahrt auf. Die Drohkulisse ist zwar vorhanden, aber so richtig beängstigend fühlt sich das noch nicht an.
Am Ende noch sehen wir noch einmal Picard und Guinan. An dieser Stelle fällt mir die Kritik ein, die man im Netz zur neuen Guinan lesen muss. Viele kritisieren, dass diese junge Guinan recht wenig mit der späteren – von Whoopi Goldberg gespielten – Guinan gemein hat. Und ich finde das stimmt. Vielleicht ist das gar nicht so wichtig, aber dann denke ich mir auch, warum musste man dann überhaupt Guinan wieder einführen? Aber wenigstens ist durch die Szene in dieser Folge klar, dass Q (oder das ganze Q Kontinuum?) ein Problem hat. Denn die junge Guinan kann ihn mit ihrer Flasche nicht herzaubern… (oder Q hat aufgehört die „Bezaubernde Jeannie“ zu schauen und es reicht nicht mehr, an einer Flasche zu reiben, um ihn her zu rufen?) Ja, ich mache mich darüber lustig, weil ich diese Idee mit der Flasche nicht besonders originell finde.
Witzig an dieser Szene ist aber, dass der Polizist, der Picard und Guinan festnimmt, der gleiche Schauspieler ist, der in „Star Trek: Voyager“ ein Sternenflotten-Offizier namens Lieutenant Ducane aus der Zukunft spielt. Aber hier in „Star Trek: Picard“ ist er anscheinend nicht dieser Offizier, oder etwa doch? Wenn Paramount nicht auf Sparflamme geschaltet hat, dann sollte jemand im Autoren-Team darüber Bescheid wissen wer Jay Karnes ist und ihn nicht einfach nur so angeheuert haben. Insofern glaube ich schon, dass dort noch mehr dahintersteckt und er vielleicht immer noch im Dienste einer (Zukunfts-)Sternenflotte ist.
Alles in allem ist diese Folge wieder besser. Der Teil mit Picards Psyche ist stark, es macht einfach Freude tiefer in Picard hineinschauen zu dürfen. Und ich würde mich sehr freuen, wenn wir James Callis als Vater von Picard noch einmal sehen. Der Rest haut mich jetzt nicht komplett vom Hocker aber die Folge bringt die Handlung voran und bereitet viel Freude beim Anschauen. Insofern gehe ich gut gelaunt auf die Zielgeraden von „Star Trek: Picard“.
Bilder: CBS Studios / Paramount+ / Amazon Prime Video
Beim Psychater musste ich auch mehrmals hinschauen. Im ersten Moment dachte ich nämlich: Fuck, was macht Bashir denn da. Und wenn man mal aktuelle Bilder der Schauspieler vergleicht, ist der Vergleich gar nicht so weit hergeholt.
Mir fehlte hier aber irgendwie eine Fortsetzung der jugen Astronautin Picard. Nach dem Unfall war da nix mehr.
Lustig, habe auch gelesen, dass viele an Bashir erinnert wurden :D stimmt aber, sie sind sich sehr ähnlich.
Die Autoren müssen sich auch gedacht haben:
„Wenn wir schon in die „metaphysischen“ Abgründe der theoretischen Physik, also in die Paradoxien von Zeitreisen abtauchen, können wir auch gleich weiter, in die hermeneutische „Unterwelt“ der Psychoanalyse abdriften.
Sorry, aber in das „Kaninchenloch“ folge ich „euch“ jetzt echt nicht mehr!
Sehe ich genauso: Der Teil mit der Erforschung von Picards Payche war gut erzählt, der Rest bleibt leider recht dünn. Hoffentlich wird‘s was mit dem Endspurt der Staffel.
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