In der letzten Folge habe ich in der Überschrift geschrieben, dass die Serie endlich des Namens Picard würdig erscheint. Eigentlich hätte das zu dieser Folge viel besser gepasst, denn in dieser Folge passt fast alles:
Das Ausgangsszenario verspricht viel Spannung. Die Titan driftet in den Kern des Nebels und droht, alle Energie zu verlieren. Diese Ausgangsbasis schafft ein klassisches Star Trek-Dilemma – wie kommt das Schiff aus einer ausweglosen Situation? Während in Star Trek „The Next Generation“ sofort mit der Suche nach Lösungen begonnen worden wäre, findet sich die Crew in dieser Folge fast schon mit dem Tod ab, bevor sie aktiv wird.
Garniert wird dieser Fatalismus mit einem Rückblick. Picard wird vor vielen Jahren von Kadetten im Zehn Vorne ausgefragt, und er kann mit seinen alten Kriegsgeschichten überzeugen. Einerseits soll damit die Hoffnung transportiert werden, dass auch eine ausweglose Situation keine sein muss. Aber viel wichtiger ist, dass wir sehen, dass Jack auch dabei war. Er fragt Picard, warum er nie eine Familie gegründet hat und er sagt, dass die Sternenflotte seine einzige Familie bzw. Liebe war. Deshalb wollte Jack also nie den Kontakt zu Picard. Er ist verletzt.
Trotzdem redet er mit Picard in der Gegenwart im Holodeck. Für mich als Trekkie spannend, denn Picard sagt, dass extra für ausweglose Situationen eine Energiezelle bereitsteht, sodass das Holodeck funktioniert, auch wenn eigentlich keine Energie vorhanden ist. Oder einfach nur ein Kniff, damit die Dramaturgie zur Technik passt? Egal, mir gefällt es.
Im Holodeck Zehn Vorne erfahren wir auch endlich, warum Shaw so ein – Verzeihung – Arschloch ist. Er ist immer noch tief betroffen vom Angriff der Borg, in der Zeit als Picard assimiliert war und den Angriff als Locutus geleitet hat. Ob diese Ereignisse am Ende Shaw zu einem besseren Menschen machen? Wahrscheinlich nicht, trotzdem kann Shaw mit Seven of Nine entscheidend dazu beitragen, dass die Titan dem Nebel entflieht. Dabei erledigen sie auch das Wechselbalg. Und ich finde nach wie vor, dass diese viel zu einfach zu erledigen sind.
Aber noch besser: Der Nebel lebt! Beverly vergleicht die Energieschwingungen mit Wehen. Natürlich ist das weit hergeholt, aber diese Fantasie um neue Lebensformen und fast unglaublichen Ereignissen – dafür lieben wir Star Trek. Und diese Folge kann Spannung und dieses klassische Star Trek miteinander verbinden. Großartig! Was mich auch sehr freut, ist, dass alles auf der Titan passiert und wir nicht wild im Universum herumspringen. Worf und Raffi fehlen mir hier gar nicht.
Fazit: Shaw gewinnt an Profil und man fängt an, ihn zu mögen. Jack wird etwas facettenreicher und überhaupt, man versteht mehr rund um die Geschichte. Sogar Riker hilft das Erlebte mit seiner Frau, Deanna Troi, einen Neuanfang zu starten. Fanservice, Tiefgang, Spannung, neue Lebensformen; ja, diese Folge ist wohl die beste Star Trek Folge seit, hm, ja, seit den 90er Jahren.
Ich hoffe inständig, dass die Serie dieses Level hält.
Bilder: Amazon Prime Video / Paramount+ / CBS Studios
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