Wie, jetzt schon das Finale? Gefühlt hatte die Staffel doch gerade erst angefangen und damit eine neue Ära für Star Trek eingeleitet. Denn egal, wie diese Folge beim Publikum ankommt, an dem positiven Gesamteindruck von „Star Trek: Strange New Worlds“ kann nicht mehr gerüttelt werden. Woher kommt dieser positive Eindruck? Ganz einfach, die Serie schafft es, das alte mit dem neuen Star Trek zu versöhnen. Klassische Abenteuer im neuen Gewand und dazu viel Fanservice – und genau das liefert auch das Finale:
Pike wird in dem Intro der Folge von seinem Schicksal eingeholt. Er trifft auf ein Kind, welches später als Kadett sterben wird und im Zuge dessen er bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet und an einen Rollstuhl gefesselt wird. Pike entscheidet sich, einen Brief zu schreiben, um das Leben der Kadetten zu retten. Doch bevor er diesen Brief vervollständigen und abschicken kann, bekommt er Besuch. Besuch von sich selbst – Admiral Pike aus der Zukunft. Ich muss sagen, dass ich es super finde, die alten Star Trek Uniformen aus den Kinofilmen wiederzusehen. Auch wenn dieser weiße Riemen etwas krumm ist, bei Kirk und Co. sah das etwas anders aus – aber diese Freiheit lassen wir den Schneidern des Jahres 2022.
Zukunfts-Pike warnt vor einer schrecklichen Zeitlinie, wenn Pike sein Schicksal nicht annimmt. Und um das zu beweisen, hat der alte Mann einen klingonischen Zeitkristall mitgebracht. Meiner Meinung nach ist diese ganze Zeitkristallgeschichte zu mystisch für Star Trek, aber in Ordnung, wir müssen das so hinnehmen. Gegenwarts-Pike berührt den Kristall und befindet sich dann 7 Jahre in der Zukunft. Der Unfall, den ihn eigentlich entstellt hatte, ist bereits geschehen. Er sowie die Kadetten sind bei bester Gesundheit. Deswegen fliegt Pike die Mission, die eigentlich Kirk als Captain der Enterprise geflogen hätte. Diese Mission ist für Fans nicht unbekannt. Es war eine der besten „Star Trek: The Original Series“ Folgen mit dem Namen „Spock unter Verdacht“ oder im Original „Balance of Terror“. Kirk kämpft gegen ein romulanisches Schiff. Nun ist also Pike an der Reihe, sich den Romulanern zu stellen. Als sich Pike in dieser Zeit wiederfindet, ist er gerade dabei, ein junges Paar zu vermählen – auch das sehen wir in der klassischen Folge aus den 60er Jahren. Ich freue mich (mal wieder) über diesen Fanservice.
Die Handlung der Folge ist nicht ganz so dramatisch wie damals. Zu oft wird klar, dass dies nur eine Zeitlinie ist, die nicht weiterverfolgt werden wird und somit nicht real ist. Das macht die Handlung etwas kaputt, da die Fallhöhe fehlt. Andererseits ist das Gedankenexperiment schön umgesetzt und auch die Interaktion von Kirk und Pike ist etwas ganz Besonderes. In dieser Zeit hat Kirk auch ein Kommando, aber eben nicht von der Enterprise. Zusammen verfolgen beide Captains die Romulaner, aber das zögerliche Vorgehen von Pike zahlt sich nicht aus. Auch nicht den Weg der Diplomatie honoriert das Schicksal. Eigentlich schade, denn unser Sunnyboy Pike bekommt so seine Grenzen aufgezeigt. Und damit ist klar, es gibt jemanden – Kirk – der offenbar mehr Glück gepachtet hat als er. Die Besetzung von Kirk hätten sie meiner Meinung nach besser lösen können. Chris Pine hat es beispielsweise gezeigt, wie gut man Kirk neu auflegen kann. Paul Wesley ist relativ unscheinbar als Kirk, mir fehlt das Aufbrausende und auch vom Aussehen passt er meiner Meinung nach nicht so gut.
Am Ende der Folge stehen sich zwei Flotten gegenüber, die Romulaner in voller Stärke, während Pike und Kirk nur den Schein wahren und mit einer Armada von ferngesteuerten Bergbauschiffen daherkommen. In der klassischen Folge wird der Kampf nicht zelebriert, Kirk und der romulanische Captain sind sehr reflektiert. Das fehlt mir hier in dieser Folge. Die Romulaner sind mir etwas zu plump dargestellt. Aber das Ziel der Folge ist eben auch ein anderes. Am Ende würde diese Zeitlinie, sofern Pike Captain der Enterprise bleibt, zu einem Krieg zwischen Romulanern und der Föderation führen. Stärke zu zeigen, wäre der richtige Weg gewesen bzw. war es in der klassischen Folge.
In dem letzten Review habe ich die Frage gestellt, ob wir Scotty sehen würden, nachdem Hemmer gestorben ist. Leider ist dies nicht der Fall, aber wir hören ihn. Ansonsten war aber auch noch kein Chekov auf der Brücke oder ein Hikaru Sulu. Da wir 7 Jahre in der Zukunft sind, wird „Star Trek: Strange New Worlds“ also nicht auf die eigentliche Enterprise Crew wechseln – zumindest nicht sehr bald. Aber wir sehen den Abgang von Una. Sie wird festgesetzt, weil sie über ihre Herkunft gelogen hat. Als Cliffhanger finde ich das etwas schwach und auch zu viel. Ich hänge gedanklich noch an Pike und seiner Zukunft. Diese letzte Minute, in der Una gehen muss, wirkt etwas aus dem Kontext gerissen. Pike schaut grimmig und meint, dass dies noch nicht das Ende wäre. Irgendwann muss Spock erster Offizier werden, ob das tatsächlich jetzt schon der Fall ist?
Alles in allem war dies aber eine starke Folge und ein super Ende für die Staffel. Ich finde es auch gut, dass der Cliffhanger nicht so stark ist, denn das passt zu dem episodischen Charakter der Staffel. Es gab und gibt mit Pikes Schicksal übergeordnete Handlungen, aber die Folgen waren weit weniger verbunden, als man das heutzutage gewohnt ist. Insofern können wir uns auf Staffel 2 freuen und trotzdem ruhig schlafen.
Wie könnte es in Staffel 2 weitergehen?
Das wichtigste, was diese Folge transportiert, ist dass Pike sein Schicksal annimmt. Es darf für ihn kein Entkommen geben – so viel ist klar. Aber was nach der Katastrophe passiert, die ihn an einen Rollstuhl fesselt, das ist noch offen. Und ich glaube, dass die Autoren selbst noch nicht wissen, wie es weitergehen wird. Oder die Serie wird spätestens ab diesem Zeitpunkt beendet werden? 7 Jahre sind schließlich viel Zeit, um sehr viele Folgen zu produzieren.
Konkret in Staffel 2 tippe ich darauf, dass das Thema Pikes Schicksal vielleicht gar nicht weiter thematisiert, denn was soll noch erzählt werden? Ich glaube eher, dass es um großartige Episoden gehen wird und kleinere übergeordnete Handlungen, die aber auch in der Staffel abgeschlossen werden. So wie bei dem Doktor und seiner Tochter oder eben auch die Geschichte um Pike. Una wird sicher eine Rolle spielen und dann vermute ich, dass Scotty eingeführt wird. Und während ich das schreibe, merke ich, dass das alles sehr unspektakulär ist. Aber genau darauf würde ich mich sehr freuen. Die Serie will eben kein Breaking Bad oder Game of Thrones sein und genau das ist so erfrischend daran.
Bilder: CBS Studios / Paramount+
Dieses Staffelfinale hatte eine bessere Story, als viele „TrippleA“-Science-Fiction-Filme, die ich in letzter Zeit gesehen habe. Auch wenn ich eigentlich kein Fan davon bin, wenn in „Star Trek“ mit der Zeit „herumgespielt“ wird, weil die vielen Paradoxien, die sich daraus ergeben, jedes Mal vereinfacht dargestellt oder ganz ausgeblendet werden, um den Zuschauer nicht durch übermäßige Komplexität abzuschrecken, so finde ich den Pfad, den die Autoren hier gewählt haben am Ende dennoch super.
Aus Sicht der heutigen Autoren liefern die Geschichten, die bereits in früheren „Star Trek“ Serien erzählt wurden vermutlich nicht nur viel Inspirationen für neue, eigene Geschichten, sondern sie können sich bestimmt auch wie ein Käfig anfühlen, aus dem sie mit ihrer Erzählung nicht ausbrechen können.
Denn „Strange New Worlds“ ist und bleibt nun mal eine Prequel-Serie. Viele Ereignisse der „Star Trek Zukunft“ stehen bereits fest. Dass die Autoren aber trotzdem versuchen an diesen Gitterstäben zu rütteln, ohne den Weg eines alternativen „Star Trek Universums“ einzuschlagen (so wie in den neueren „Star Trek“ Kinofilmen) erkennt man meiner Meinung nach an dieser Folge. Diesen Versuch die Kontinuität beizubehalten, und trotzdem neue, spannend aufgebaute Geschichten zu erzählen rechne ich ihnen hoch an. In „Discovery“ mussten sie für neue Geschichten 900 Jahre in die Zukunft „flüchten“, haben das Potential, dass sich daraus ergab, allerdings total vergeudet.
Abschließend hoffe ich einfach nur, dass die nächste Staffel von SNW doppelt so viele Episoden hat!
Den letzten Satz kann ich nur doppelt unterstreichen: Mehr Folgen, weniger übergeordnete Handlung = 90er Jahre Spaß ;-)
Es ist schon verrückt, dass ein Schritt zurück in der Serien-Welt sich so erfrischend anfühlen kann.
Bei der Gelegenheit kann ich aber nur wärmstens die TOS Folge „Balance of Terror“ auch mit dem heutigen Auge empfehlen. Die Folge hat einfach etwas Besonderes an sich.
Wenn „Strange New Worlds“ etwas bei mir ausgelöst hat, außer, fast kindlicher Vor-/Freude, dann war es das Gefühl, endlich mal wieder „Das Original“ aus den 60ern schauen zu müssen.
Das letzte Mal ist einfach viel zu lange her (= Januar 2022…Nee,Scherz!;))
Es bedurfte vermutlich einfach nur noch deines Tipps, um dann doch endlich mal in den Keller zu gehen, und im Tresor für Wertsachen (= schamlose Lüge) nach der, damals echt teure DVD-Sammlung zu suchen.
…und bis zur 14. Episode der ersten Staffel ( = „Spock unter Verdacht“ / „Balance of Terror“) sollte ich nicht all zu lange brauchen. ;)
Super, klingt nach einem Plan :-)
Ich hab letztens als ich krank im Bett lag alte TOS Folgen geschaut und mich wahsinnig über die sehr blumige deutsche Übersetzung gefreut. Was da einfach noch in die Sätze gepresst wurde, ohne, dass die Charaktere dies im Original gesagt haben, unglaublich. Und dann auch das doch sehr hetero normative Frauenbild in der Serie…
Die Original-Serie hat die Bedeutung von ethnischer Herkunft, von Nationalstaaten, von Eigentum und des Menschen als intelligenteste Lebensform relativiert, und ist damit bei den Zuschauern der 60er Jahre super angekommen (na ja, zumindest 3 Jahre lang ;)). Doch davor, auch uns Männer vom patriarchalen Sockel zu stoßen, hatten sie offenbar „Manschetten“ (…aus Sorge, von den Männern in der Führungsetage des Fernsehsenders NBC ganz schnell wieder abgesetzt zu werden?!) Vielleicht sollte man die Serie auch noch mal unter dem Aspekt schauen, ob Gene Roddenberry es nicht vielleicht doch immer mal wieder auf Umwegen versucht hat, Frauen als, den Männern ebenbürtig oder sogar überlegen darzustellen. Dem Humanisten Roddenberry ist das auf jeden Fall zuzutrauen.
Ansonsten stimme ich dir zu. An einigen Stellen von „Raumschiff Enterprise“ entsteht ein leichtes Gefühl des Fremdschams wenn man aus heutiger Sicht die dargestellten, überholten Rollenbilder von Frauen und Männern sieht.
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