Eine Serie zu beenden, ist nicht leicht. Die Zuschauer erwarten etwas Besonderes. Diese besondere Handlung darf nicht vorhersagbar sein, sollte zu den Charakteren passen, muss überraschen und gleichzeitig ein warmes, melancholisches Gefühl hinterlassen. Eigentlich ist es unmöglich, das alles mit einer Folge zu erreichen und damit alle Fans glücklich zu machen.
Doch eine Serie hat es meiner Meinung nach geschafft: Star Trek The Next Generation. Ja, vielleicht ist „Heute, Gestern, Morgen“ sogar eines der besten Serienfinale überhaupt und deswegen auch auf Platz 9 der besten 25 Star Trek Folgen.
Zeitsprünge, aber nicht zum Selbstzweck
Zeitreisen haben eine lange Tradition in Star Trek. Trotzdem frage ich mich, ob sie entweder sehr oft auftauchen oder ob ich habe ein Faible dafür habe, denn gefühlt steckt in jeder meiner bisher ausgewählten Top Folgen eine Zeitreise. In „Heute, Gestern, Morgen“ ist die Zeitreise ein elementarer Teil der Handlung. Trotzdem geht es eigentlich nicht wirklich um eine Zeitreise. Es ist nur Captain Picard, der durch die Zeit springt. Dazu kommt, dass die Zeitreise den Beginn der Serie, die Zukunft – was könnte aus den Charakteren werden – und die Gegenwart der letzten Staffel verbindet. Abgesehen davon beeinflussen sich die Zeitebenen nicht. Vielmehr sind die Zeitsprünge ein Vehikel für verschiedene Szenen.
Q zieht die Strippen
In der Doppelfolge wird nach anfänglicher Verwirrung klar, dass Q für die Zeitsprünge des Captains verantwortlich ist. Damit schließt sich der Kreis zur allerersten Episode, in welcher Q die Menschheit vor Gericht stellte. Genau diese Verhandlung im gleichen Postapokalyptischen-Gerichtssaal wird in der finalen Episode fortgesetzt. Q befindet die Menschheit für unwürdig und damit schuldig. Die Strafe soll die Existenzverweigerung sein. Aber nicht Q vollstreckt die Strafe, sondern Picard soll laut Q für die Auslöschung der Menschheit verantwortlich sein. Diese Zusammenkunft verleiht der Handlung eine ganz besondere Note. Auch wenn man schon recht früh spürt, dass Q die Menschen mag, kann Picard die Zeitsprünge und Ereignisse nun nicht mehr leichtfertig abtun und versucht krampfhaft zu verstehen, was hier eigentlich passiert.
In allen drei Zeitlinien gibt es eine Zeitverzerrung. In der Vergangenheit ist sie am größten, während sie in der Zukunft gerade erst beginnt zu entstehen. In der Analyse des Phänomens erleben wir natürlich auch ordentlich „Techno Babble“ wie beispielsweise Anti-Zeit oder die umgedrehte Warpschale.
Charakterentwicklung
Die Wärme der Folge wird durch die Darstellung der Charaktere in verschiedenen Zeitlinien gewährt. Wir sehen einen vergreisten Picard, einen ergrauten Worf, Geordi ohne Visor oder eine Tasha Yar, die auf jung geschminkt wurde. Auch der Beziehungsstatus der Charaktere ist spannend, auch wenn am Ende der Folge klar wird, dass dies nur eine Möglichkeit von vielen gewesen ist. Picard war beispielsweise mit Doktor Crusher (die deswegen in der Zukunft Doktor Beverly Picard heißt) verheiratet; Worf und Troy standen kurz vor einer Beziehung, dann starb Troy leider, weswegen sich Worf und Riker bis aufs Blut zerstritten haben und so weiter. Das sind schöne Gedankenexperimente ohne Verbindlichkeit und deshalb ohne die Gefahr, dem Fan die Fantasie zu zerstören – wenn man diese Zukunftsvarianten mag, glaubt man daran, falls nicht, dann kann man es als Fiktion abtun.
Ein Ende mit Botschaft
Das beste der Folge ist aber die Moral und die Botschaft. Picard findet gegen Ende der Doppelfolge durch Q heraus, dass er selbst durch seine Aktionen in den drei Zeitlinien eine Anomalie erzeugt, welche die Entstehung der Menschen verhindert. Die Erde vor Millionen von Jahren wird durch die von Picard erzeugte Störung beeinflusst, weswegen sich die Aminosäuren in der Ursuppe nicht verbinden können und kein Leben entsteht. Mit dieser Erkenntnis entlässt Q Picard mit einem gemeinen Grinsen zurück in seine Zeitlinien. Die letzten Minuten geht es also darum, die Anomalie zum Einsturz zu bringen und natürlich gelinkt es unseren Helden.
Daraufhin sehen wir Q und Picard erneut im Dialog. Diese Unterhaltung bringt die Essenz von Star Trek The Next Generation auf den Punkt. Q führt Picard dazu, über seine Aktionen nachzudenken und das Paradoxon seines Handelns zu verstehen. Darüber hinaus geht es über zum Sinn des Lebens, das Ziel der Menschen zu lernen, sich zu verbessern und Grenzen zu überwinden. Eine Sternstunde des Genres Science Fiction. Diesmal ist es nicht Gut gegen Böse, kein Tod, keine Zerstörung oder billige Actionelemente. Nein, Picard und Q in einem kleinen Kammerspiel. Als Spiegelbild für den Kampf der Menschen gegen seine Unvollkommenheit, seine Grenzen und dem Wunsch nach mehr.
Chapeau, Star Trek TNG, du hast dir ein würdiges Ende gegeben.
Vor allem wieder ein Folge mit John De Lancie als Q in Bestform.
„Strange, isn’t it? Everything you know, your entire civilization, it all begins right here in this little pond… of goo.“
I love it!
:D ja! Er ist einfach so gut – aber auch nur mit Picard. In Voyager mit Janeway hat das nicht so gefunkt; es ist eben eine echte Bromanze.
Autor:innen gesucht!
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