Irgendwie ging am Ende von Episode 7 von „Star Wars: Andor“ alles etwas schnell: Andor lief die falsche Straße entlang, wurde aus Nichtigkeiten angeklagt und verurteilt. Eben noch eine imperiale Basis überfallen, jetzt durch so eine simple Geschichte dem Imperium in die Hände gefallen? Da muss doch mehr hinterstecken.
Tut es auch, und die Story in Episode 8 zeigt uns auf eindrückliche Weise, worauf es Luthen mit dem Rebellenangriff abgesehen hatte: Das Imperium aufzuscheuchen, das dann die Menschen einschüchtert, die wiederum die ganze Bedrohung durch das Imperium erkennen und verstehen. Um diese Brutalität zu zeigen, nimmt sich Episode 8 viel Zeit – und Autor Beau Willimon, den wir als Autor und Shworunner von „House of Cards“ sehr gut kennen, beschreibt in aller Ruhe auf der einen Seite die politischen Entwicklungen und Fallstricke des Senats, auf der anderen Seite die Ungerechtigkeiten in den Arbeitslagern des Imperiums.
Dahin wird Cassian Andor nämlich verschleppt, genauer gesagt auf Narkina 5, wo er zusammen mit einem Team irgendwelche Bauteile zusammensetzen muss. Alles ist ein Wettbewerb: Das schlechteste Team wird bestraft. Entkommen ist ausgeschlossen – der Boden besteht aus hochleitendem Tunqstoid-Stahl, der nachts unter Strom steht, so dass man über ihn nicht entkommen kann, wie wir an einem Häftling demonstriert bekommen. Jeder Häftling kommt in einer eigenen hellweißen Kabine unter, hat Anschlüsse für Nahrung und Wasser. Wer gut arbeitet, bekommt sogar Geschmack zur Flüssignahrung. Alles sieht sehr clean und technisch aus, und man fühlt sich schon an George Lucas‘ eindrucksvolles Werk „THX-1138“ erinnert. Der Stahl ist übrigens nicht neu im „Star Wars“-Universum, sondern fand bereits Erwähnung im Star Wars Expanded Universe: Im Roman „Fate of the Jedi: Abyss“ spielte er eine Rolle – er wurde dort als so stabil beschrieben, dass er sogar Jedi abschreckte. Jetzt hat der Stahl also Einzug in den Kanon gehalten.
Ich mag die Sequenzen aus dem Arbeitslager wirklich: Dieses monotone Arbeiten, diese restriktiven Arbeitsbedingungen, diese Hoffnungslosigkeit, irgendwie entkommen zu können – das war schon stark erzählt und von Toby Haynes auch sehr gut inszeniert. Dazu passt die Spielweise von Diego Luna, der Andor vollkommen apathisch und abwesend darstellt. Er kann es offensichtlich gar nicht fassen, was da gerade mit ihm passiert. Er beginnt zu funktionieren, dreht sich als kleines Rädchen mit den anderen mit. Und doch gibt es ein kleines Fünkchen Hoffnung – wenn er sieht, wie Insassen in verschiedenen Röhren über Zeichensprache miteinander kommunizieren. Und: Sie wollen von Cassian wissen, was er über die Rebellen-Aktion auf Aldhani und die neuen Restriktionen gehört hat. Jetzt kann Andor schlecht sagen, dass er es gewesen ist. Sein Leugnen schockiert die Insassen aber noch mehr, weil sie glauben, er hätte gar nichts davon mitbekommen und sie so unter Umständen sogar zu zweifeln beginnen, ob es überhaupt einen Ausweg gibt.
Ein kleines Easter egg gibt’s dann übrigens auch noch in dem Arbeitslager: Der Leiter des Arbeitstrupps wird gespielt von Andy Serkis, der kein Unbekannter im „Star Wars“-Universum ist. Er ist als Bodydouble bekannt, unter anderem als Gollum in „Der Herr der Ringe“ und als Supreme Leader Snoke in der „Star Wars“-Fortsetzungstrilogie. Seine jetzige Rolle dürfte aber nichts mit dem späteren Auftritt as Snoke zu tun haben.
Apropos Rückkehrer: In Episode 8 war es auch endlich soweit, dass Forest Whitaker als Sah Gerrera zurückkehrt. Das war in den Trailern schon angedeutet worden, und das Gespräch zwischen ihm und Luthen in der Basis der Partisanen war ein weiteres Highlight der Episode. Hier steckt ganz viel politisches Kalkül drin – toll erzählt und inszeniert. Es zeigt auch, wie zersplittert die Rebellen-Bewegung am Anfang war. Sah hat keine Lust, mit anderen zusammen zu arbeiten, was wir ja auch später in „Rogue One“ noch einmal erleben werden. Und interessant ist auch der Gesprächsverlauf hinsichtlich des Anschlags auf Aldhani. Luthen war’s, gibt’s aber nicht zu. Sah war’s nicht, wäre es aber gerne gewesen und nimmt die Zuschreibung von Luthen gerne an.
Auch auf imperialer Seite tut sich einiges. Die ISB nimmt Andor in den Fokus, ohne zu ahnen, dass er längst in einem ihrer Arbeitslager sitzt und sozusagen für die arbeitet. Meero hat dabei ihr Ziel fest im Blick, dagegen sieht sogar Syril alt aus, den sie einfach in der Verhörzelle sitzen lässt, obwohl er andeutet, für sie nützlich sein zu können. Auch das Bild vom Imperium zeichnet Beau Willimon hier ganz genau – eine kalte, diktatorische Organisation, die um jeden Preis auf den Schutz der imperialen Ordnung aus ist und auf nichts Rücksicht nimmt.
Insgesamt viel Politik in dieser Folge, die ein klares Bild zeichnet von den Zuständen in der Zeit, in der das Imperium die eigene Macht zu etablieren versucht und sich erster Widerstand regt. „Star Wars: Andor“ spielt damit in einer der interessantesten Zeiten der gesamten Star Wars-Geschichte, und ich hoffe für die restlichen Folgen der Staffel auf noch mehr Tiefgang und Hintergründe. Toll, wie sich die Serie entwickelt.
Bilder: Lucasfilm
Sah hatte auch noch nicht sein Sauerstoffgerät. Das lässt Luft für weitere Handlungen mit ihm.