Jetzt ist es also aufgeschlagen, das Buch von Boba Fett. Nach der etwas überraschenden Ankündigung der Serie am Ende von „Star Wars: The Mandalorian“ mussten wir jetzt doch ein Jahr warten, bis wir den bisher im Star Wars-Universum eher zu kurz gekommenen Kopfgeldjäger als Hauptfigur präsentiert bekommen. Nach dem Erfolg von „The Mandalorian“ macht ein Spin-Off zu Boba Fett natürlich aus mehreren Gründen Sinn: In der Star Wars-Fangemeinde hat Boba Fett viele Anhänger, die damit haderten, dass Boba Fett in Episode VI so sang- und klanglos aussortiert wurde – der Sturz in den Schlund von Sarlacc war eines Kopfgeldjägers dieser Güte unwürdig. Mit dem „A Barve Like That“ Comic von 1996 wurde Boba Fett immerhin für den erweiterten Star Wars Legends Kanon gerettet, um in „The Mandalorian“ wieder real aufzuerstehen.
Jetzt liefern uns Showrunner Jon Favreau und Regisseur Robert Rodriguez ausführliche Hintergründe zur weiteren Entwicklung der Figur nach dem Sturz in Episode VI. Und das lassen die beiden ganz ruhig angehen, was vermutlich nicht jedem gefallen wird, was ich aber in Ordnung finde, obwohl es schon komisch ist, in den ersten Minuten praktisch gar keinen Dialog serviert zu bekommen. Lange Kamerafahrten durch den leeren Palast von Jabba Boba Fett, der Blick auf den neuen Thron, auf dem in Sith-Schrift Boba Fett steht, dann Boba Fett selbst in einem Bacta Tank, der seine Wunden heilen soll – kennen wir aus Episode V, als Luke nach der Wampa Attacke gepflegt wurde. Schließlich landen wir in Bobas Kopf, in dem sich viele Erinnerungen an früher befinden – und die dann die Star Wars-Fans vollends abholen.
Jon Favreau verknüpft alle möglichen Star Wars-Quellen und liefert damit exzellenten Fanservice. Er hat einfach die gesamte Star Wars-Welt im Kopf und weiß, was die Fans erwarten. So gibt’s Flashbacks zu Kamino mit der Slave I, dann zur Schlacht auf Geonosis, wo Boba Fett seinen Vater Jango verlor. Dann landen wir im Sarlacc und erleben mit, wie sich Boba Fett befreien konnte. Dass da ein Stormtrooper liegt und man sich fragt, wie dieser da hingekommen ist (in der Original-Trilogie ist davon nichts zu sehen) – geschenkt, ich schreib’s Jon Favreau zu, der meiner Meinung nach ein Stormtrooper-Fan ist, so oft, wie er sie an den unmöglichsten Stellen einbaut.
Sehr schön auch, dass sich Rodriguez und Favreau an die Original-Trilogie halten und nicht die nachbearbeitete, digitale Fassung, bei der George Lucas Sarlacc unbedingt ein Gesicht geben musste. Weiter geht’s mit den Resten von Jabbas zerstörtem Schiff, und Jon Favreau erklärt, wie die Boba Fett-Rüstung in das Jawa-Fahrzeug gekommen ist, wie wir es in „The Mandalorian“ gesehen haben (und die Hardcore-Fans es aus Chuck Wendigs „Aftermath“ Novels kennen). Letztlich landet Boba Fett in seiner Erinnerung bei den Sandleuten.
Dann wird’s aber Zeit für das Hier und Jetzt, und auch da gibt’s jede Menge Fanservice auf dem Präsentierteller von Lord Fetts Palast. Ein Aqualish, ein Trandoshan und ein Twi’lek ziehen vorbei, ein 8D8 ist Bobas Assistent, und in Mos Espa gibt’s denn ebenfalls viele alte Bekannte, vom RX Droid aus „Star Wars Rebels“ über diverse R4 und R5 bis zu Jabbas ehemaliger Leibwache. Und dann ist da natürlich noch die Band in der Bar, die uns Max Rebo zurückbringt. Bezahlt wird übrigens mittlerweile mit New Republic Credits, wie wir nebenbei in Fetts Helm sehen.
Zurück zu den Flashbacks, die uns einen Überfall auf eine Farm zeigen, was uns natürlich direkt an Lukes Onkel und Tante erinnert. Hier geht’s aber um die Gruppe der Mining Collectives, die von Cobb Vanth in „The Mandalorian“ eingeführt wurden. Und dann ist da noch der Ausflug von Boba Fett mit einem jungen Tusken und einem Rodian, die ein bisher unbekanntes Wesen in der Wüste erlegen – auf den ersten Blick etwas merkwürdig inszeniert und gestaltet mit Blick auf die Special Effects, was aber tendenziell als Referenz an die Stop-Motion-Tricktechnik zu verstehen ist, wie es George Lucas nutzte und schätzte nach Betrachten des Films „Jason & The Argonauts“. Und die Art und Weise, wie Boba Fett dieses Monster erledigt, kommt einem natürlich auch irgendwie bekannt vor…
Am Ende muss man sagen, dass die Folge natürlich extrem von dem Fankult um Boba Fett lebt. Jon Favreau schließt im Star Wars-Kanon eine Lücke, an der sich bisher schon einige Autoren probiert haben – jetzt ist es Teil des offiziellen Star Wars-Kanons. Und er macht das natürlich sehr verantwortungsbewusst und fürsorglich, gibt den Fans genau das, was sie haben wollten. Objektiv betrachtet ist das sicher keine herausragende Serienkunst, aber es unterhält definitiv – auch die nicht-eingefleischten Fans. Kann gerne so weitergehen.
(In der Star Wars-Fan-Wertung gäbe es natürlich 5 von 5 Kronen.)
Bilder: Disney / Lucasfilm
In Episode VI sind beim Angriff auf Jabbas Schiff mindestens ein Sturmtropper in den Schlund gefallen. Ich müsste mich jetzt sehr täuschen.
Hmm, nein, da täuschst Du Dich jetzt tatsächlich – in den Szenen waren keine imperialen Truppen vor Ort.
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