Ich habe ein paar Tage gezögert, mich mit dem Review zum Auftakt der neuen Star Wars-Serie zu beschäftigen – einfach weil’s wieder so extrem auseinander geht zwischen Bewertungen von Kritikern und Bewertungen von Zuschauer:innen. Wenn man mal auf Rotten Tomatoes schaut: Derweil „The Acolyte“ bei den Kritikern für die ersten beiden Folgen Werte um 90 Prozent abräumt, liegt die Zuschauerwertung bei etwa 25 Prozent. Scheint wieder eine dieser Sachen zu sein, bei denen Serien für Dinge abgestraft werden, die gar nichts mit den Inhalten der Produktion zu tun haben. Ich erinnere an die „Der Herr der Ringe“-Serie. Hier scheint man sich am „diversen Cast“ abzuarbeiten – keine Ahnung, welches Vergnügen man dabei haben kann. Letztlich habe ich mir jetzt meine eigene Meinung gebildet. Und wie so oft liegt die Wahrheit – zumindest für mich – irgendwo dazwischen.
Blicken wir zunächst rational auf das Setting von „The Acolyte“: Wir bekommen eine Story um Osha Aniseya präsentiert – eine ehemalige Padawan, die den Jedi-Orden verlassen hat. Die Geschichte spielt rund 130 Jahre vor der Zerstörung des (ersten) Todesterns und ist damit die älteste Geschichte aus dem Star Wars-Universum, die in einer Live-Action-Serie erzählt wird (nur die animierte Serie „Die Abenteuer der jungen Jedi“ spielt in einer noch weiter zurückliegenden Zeit). Los geht’s allerdings nicht direkt mit Osha Aniseya, sondern mit einem Angriff auf die Jedi Indara auf dem Planeten Ueda. Indara verliert den Kampf gegen die unbekannte Angreiferin, die sich potenziell als Osha Aniseya entpuppt. Tatsächlich ist es Oshas Zwillingsschwester Mae, die nach einem Brand auf ihrem Heimatplaneten für tot gehalten wurde. Offensichtlich ist sie’s aber nicht. Mae wiederum hatte Osha für tot gehalten, und derweil sich die eine Schwester dem Jedi-Orden zugewandt hat, hat sich Mae einem dunklen Lord angeschlossen und die Aufgabe übernommen, jene vier Jedi zu töten, die mit dem Brand in Verbindung stehen sollen. Was genau vorgefallen ist, wissen wir noch nicht, offensichtlich ist aber eine größere Sache damit verbunden, die auch Zweifel an dem Vorgehen des Jedi-Ordens säen. Dafür sind wir natürlich auch in gewisser Weise vorgeprägt durch die Ereignisse später spielender Serien und Filme.
Das Setting an sich ist also erst einmal ziemlich interessant, weil wir einerseits mehr über den Jedi-Orden erfahren werden, und weil im Star Wars-Universum mal wieder das Thema Familie in den Vordergrund gestellt wird – gute Schwester/böse Schwester ist es dieses Mal. Was „The Acolyte“ aus meiner Sicht jetzt so spannend macht, ist, dass sich Showrunnerin Leslye Headland, gleichzeitig Head-Autorin und Regisseurin der ersten beiden Episoden, nicht lange mit Vorgeplänkel aufhält, sondern in den ersten beiden Folgen gleich mal zwei Jedi sterben lässt – die nicht mit irgendwelchen No Names besetzt sind, sondern immerhin mit Carrie-Anne Moss („Matrix“) und Dean-Charles Chapman („Game of Thrones“). Kaum zu glauben, dass wir von beiden keine weitere Screentime innerhalb der Serie sehen werden. Mutmaßlich wird da viel über Rückblenden laufen. Aber: Mutig, so vorzugehen – da scheint kein Charakter der Serie für die Zukunft sicher zu sein.
Natürlich liefert „The Acolyte“ auch ein wenig Fanservice – wobei man da schon ganz tief in den Star Wars-Kanon eintauchen muss. Kein Wunder: Die Hohe Republik wurde bisher vor allem in Comics, Romanen oder Spielen thematisiert. Ein Highlight ist der Jedi Vector, der angefolgen kommt – ein Jedi-Sternenjäger, der schon in „Die Abenteuer der jungen Jedi“ zu sehen war, jetzt aber sein Live-Action-Debüt feiert. Ganz spannend, was wir aus den Büchern wissen: Das Waffensystem der Jäger erfordert das Laserschwert eines Jedi, sozusagen als Schlüssel, wodurch sichergestellt werden sollte, dass die Schiffe nur von den Jedi selbst benutzt werden konnten. Die Jedi selbst sind in Weiß und Gold gekleidet, was wir in Live-Action bisher auch noch nicht gesehen haben und von den Jedi so auch nicht kennen – in den Filmen und Serien sind sie eher in gedeckteren Mischfarben zwischen Grau, Beige und Braun zu sehen. Spannend ist auch ein Blick auf den Jedi-Tempel auf Coruscant, der viel dominanter erscheint – einfach weil die Bebauung rund um den Tempel noch nicht so weit entwickelt ist wie in den späteren Filmen und Serien. Charaktertechnisch betreten wir weitgehend Neuland, was auch damit zusammenhängen dürfte, dass es hier um die Geschichte von Charakteren gehen sollte, die in die spätere Haupthandlung nicht verwickelt sind, um Logikfehler zu vermeiden. Eine Figur kennen wir trotzdem schon. In den bereits erschienenen Büchern und Graphic Novels wurde Vernestra Rwoh als mirialanisches Jedi-Wunderkind vorgestellt. In „The Acolyte“ ist Vernestra eine erwachsene Jedi-Meisterin, die ihr Live-Action-Debüt gibt.
Ansonsten entwickelt sich dann im Laufe der beiden Folgen die eigentliche Story mit Fragen, die ich schon angedeutet hatte: Wer ist der geheimnisvolle dunkle Lord, der hinter allem steckt? Was ist damals bei dem Brand passiert? Warum ist Osha nicht mehr Teil des Jedi-Ordens? Und was hat der Jedi-Orden möglicherweise zu verbergen? Insgesamt bin ich nach den zwei Folgen noch nicht so richtig drin, muss ich sagen. Es ist alles noch recht emotionslos erzählt und gespielt, dazu ziemlich konventionell inszeniert – das hat mich noch nicht gepackt. Ein Highlight ist für mich schon jetzt allerdings Lee Jung-jae als Jedi-Meister Sol, der mit einer tollen Mimik glänzt und genau jene Emotionen transportiert, die ich mir insgesamt von der Serie wünschen würde.
Kommen wir zurück zu der Eingangsfrage – nein, die Serie ist keine 90 Prozent wert, hat aber auch keine 25 Prozent verdient. Es ist ein solider Ansatz, der uns einen Einblick in einer eher unbekanntere Phase des Star Wars-Universums liefert. Und er geht wieder mehr als das klassische Jedi-Thema ein, das ja zum Beispiel bei „Star Wars: Andor“ und in weiten Teilen auch bei „Star Wars: The Mandalorian“ eine eher untergeordnete Rolle gespielt hat. Ich freue mich auf jeden Fall auf die weiteren Folgen und finde jetzt schon, dass „The Acolyte“ es verdient hat, eine Chance zu bekommen, sich zu beweisen. Und ich kann diese ganze Diskussion um „zu viel Star Wars“, „das wird zu beliebig“ und „Disney macht Star Wars kaputt“ einfach nicht mehr hören.
Bilder: Lucasfilm
Ich will ehrlich sein.
Ich weiß nicht, ob ich etwas von Harvey Weinsteins persönlichen Assistentin schauen will, die sechs Jahre lang nichts von den sexualisierten Übergriffen mitbekommen haben will, die am Ende durch den „MeToo“-Skandal aufgedeckt wurden.
Ich halte sie für eine Karrieristin mit zweifelhaftem Wertekompass.
Hallöchen, damit habe ich mich auch auseinander gesetzt, und ich glaube, das muss man in dem Fall etwas differenzierter sehen. Ich empfehle dazu https://screenrant.com/star-wars-the-acolyte-leslye-headland-controversial/ und https://www.americantheatre.org/2018/05/30/leslye-headland-on-sin-certainty-and-harvey-weinstein/
Die verlinkten Artikel werfen keinen differenziert Blick auf Leslye Headland, wie er z.B. durch eine investigative Recherche eines Journalisten entstehen würde, sondern sind nur „Verteidigungsreden“ wie man sie von einem Strafverteidiger vor Gericht zu hören bekäme. Leslye Headland stellt sich selbst und wird hier einseitig und nur bedingt glaubwürdig dargestellt.
Zensierst du neuerdings Meinungen, die dir nicht passen?
Oder warum müssen Kommentare zu dieser Serie neuerdings erst von dir freigegeben werden?
Hallo, nein, tut mir leid, hier werden keine Meinungen zensiert. Warum WordPress Deinen Kommentar zum Review von Folge 3 nicht automatisch angezeigt hat, kann ich Dir leider nicht sagen. Du musst aber nicht direkt eine Zensur dahinter vermuten – das passiert bei uns nicht, das kann ich Dir versichern.
Zum Thema: Ich hatte Dir dargelegt, dass ich mich mit dem Hintergrund zu Leslye Headland ebenfalls beschäftigt hatte und Dir Links zu Seiten geliefert, die das Thema noch ausführlicher behandeln. Für Dich hat sich daraus kein differenziertes Bild ergeben – ok. Implizit hast Du den Autor:innen der beiden Texte unterstellt, nicht investigativ vorgegangen zu sein. Das kann man weder Thomas Bacon und schon gar nicht Diep Tran unterstellen – das ist absurd. Tut mir leid, aber an der Stelle habe ich dann auch einfach keine Kraft mehr, noch weiter in die „Diskussion“ einzusteigen.
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