In den vergangenen Wochen wurde die Topliste auf Prime Video genauso vom Format nominiert wie dass der Trailer bei uns im Blog zu den meistaufgerufenen Beiträgen gehört hat. „The 50“ hat allem Anschein nach eingeschlagen wie eine Bombe. Dabei vermengt die erste große Reality-TV-Show aus dem Hause Amazon meiner Meinung nach zu viele Elemente erfolgreicher TV-Produktionen auf unzureichendem Niveau. Dennoch ist der Kampf um das Preisgeld, das nicht etwa der gewinnenden Person, sondern einem ihrer Follower auf Social Media ausgeschüttet wird, spannend anzuschauen. Im spoilerarmen Review teile ich euch mit, was gut und was schlecht an „The 50“ ist.
„Squid Game“ auf Wish bestellt
Eine größere Gruppe Kandidat:innen kommt zusammen, um mit Blick auf ein Preisgeld unter Zuhilfenahme von Allianzen unbekannte Spielerunden zu überstehen, die Leute mit Polygon-Masken für ihre (und unsere) Belustigung orchestrieren – nein, wir reden hier nicht etwa von der zweiten Staffel „Squid Game“, sondern von „The 50“, seinem deutschen Imitat mit Reality-Star-Anstrich.
Grundsätzlich ist die Idee ja gar nicht so verkehrt. Eine reale Adaption der erfolgreichen Drama-Serie gab es bereits und damit es nicht allzu offensichtlich wie ein Abklatsch wirkt, ändert man halt ein paar Grundprinzipien. Weniger Leute, dafür kennt man sie – zumindest, wenn man Trash- und Reality-Formaten zugetan ist. Das „Who is Who“ von Sendungen wie „Der Bachelor“, „Ex on the Beach“ oder „Ich bin ein Star – holt mich hier raus“ wird geboten. Da viele sich bereits kennen und darin trainiert sind, Sympathien wie Antipathien möglichst kameratauglich nach Außen zu tragen, fühlen sich vor allem die ersten Folgen von „The 50“ auch eher wie ein Klassentreffen denn eine Spielshow an.
Dem Format muss ich jedoch zugutehalten, dass es letztlich nicht so schlimm ist, wie der Vorab-Trailer hat mutmaßen lassen. Ja, es wird etwas gegiftet, gelästert und geknutscht, glücklicherweise bleibt das typische Reality-Drama aber vor allem hinten raus erspart. Dennoch hätte ich mir gehofft, dass der Fokus noch deutlicher auf die Spiele gesetzt wird. Doch leider lassen die oftmals platt wirkenden Challenges das nicht zu.
Vermutlich auch von „Squid Game“ inspiriert wurden etliche typische Kinderspiele für die große „Arena“ (oder kleine Fuchs-Spiele) adaptiert. Im Gegensatz zur fiktiven Serie schafft man es aber nicht im Ansatz, den Kontrast zu etablieren, dass vermeintlich kindliche Spielchen auf ein episches Maß skaliert werden. Stattdessen befinden sich die Spielenden in einer leblos und leer wirkenden Vier-Wand-Arena, die nicht einmal im Minimalismus glänzt, sondern wirkt, als habe man bei „Die Sims“ mit einem Neubau begonnen und bislang lediglich zwei Topfpflanzen im blanken Kubus verteilt.
Allgemein wirkt „The 50“ an einigen Stellen billig. Das ist an sich nicht unbedingt schlimm, da irgendwie ja auch passend zum aus Trash-Formaten bekannten Teilnehmendenfeld, aber irgendwie versucht man ja auch, episch und groß aufgezogen zu wirken. Das misslingt bereits beim an eine parodierende 90er Persiflage erinnernden Intro und die „Moderation“ des Löwen bewegt sich auch eher zwischen handzahmen Gebashe und Hand-vor-die-Stirn-Klatsch-Dad-Jokes. Vielleicht war ich auch zu sehr davon abgelenkt, dass allem Anschein nach immer und immer wieder dieselbe Hand voll Video-Ausschnitte des Löwen in Zeitlupe für die Kommentare genutzt wurden, die vermutlich für alle internationalen Adaptionen des Formates gleichermaßen genutzt werden dürften. Immerhin die Bauchbinden der Kandidat:innen haben hin und wieder ein paar Treffer bei mir landen können.
Nein, da wirkte „Die Verräter“ deutlich hochwertiger und stimmiger und anspruchsvoller inszeniert. Ironischerweise wird jenem Format aber unterstellt, zu hochtrabend gewesen zu sein. Letztlich gilt also wohl auch hier: Kenne und bespiele deine Zielgruppe.
Promi- oder Spiel-Show?
Jetzt habe ich schon gewaltig viel um das Drumherum geschrieben – was ist denn nun mit dem Inhalt? So schlecht, wie es bislang wirkt, ist „The 50“ dann auch nicht. Letztlich habe ich 14 Folgen davon geschaut und bereue es nicht. Die Episoden sind kurzweilig, bieten einigermaßen Abwechslung und zumindest hinten heraus auch ordentlich Spannung.
Bei den Spielen gibt es definitiv Verbesserungspotenzial, nicht nur in der Aufmachung. Da wirkte vieles lapidar umgesetzt. Die Gruppen-Challenges waren dagegen genau wie die Fuchs-Spiele angenehme kleine Abwechslungen. Problematisch wurde es dann meiner Meinung nach vor allem bei den Eliminierungen. Die Hauptspiel-Gewinnenden durften darüber abstimmen, welche der Verlierenden das Schloss verlassen müssen. Soweit, so gut. Doch schnell kristallisiert sich heraus, dass alles über Allianzen geht, die vorrangig aus Verbindungen herrühren, die bereits vor der Show bestanden. Vielleicht wäre es sogar spannender, das Konzept mit Leuten zu spielen, die nicht prominent sind und sich entsprechend nicht bereits kennen. Sowas dürften wir im ganz großen Format bei „Beast Games“ in Zukunft geboten bekommen.
Auch das Finalspiel hat mich persönlich in der Ansetzung enttäuscht, aber gut, spannend war es dann schon. Hinten heraus hat „The 50“ für mich persönlich auch deutlich besser funktioniert, da es dann vorrangig um die Spiele und weniger um das Reality-Drama ging. Dennoch bleibt der fade Nachgeschmack, dass das Format auf so vielen Ebenen hätte besser sein können.
„The 50“ landet bei mir irgendwo zwischen zweieinhalb und drei Kronen. Grundsätzlich hat das Show-Format funktioniert, sonst hätte ich die Staffel nie und nimmer durchgeschaut. Mich ärgert jedoch die recht billige Aufmachung sowie vor allem die Kreation der Challenges. Das hätte für mein Empfinden alles größer und hochwertiger aufgezogen werden können. Die Tiermasken haben noch gut funktioniert, aber es fehlte ansonsten an vielen Ecken und Enden an Qualität. Auch weniger Reality-Brimbram hätte dem Format gut getan, aber das gehört vermutlich schlicht dazu, wenn man auf 50 teilnehmende Sternchen aus diesem TV-Genre setzt, das nehme ich noch in Kauf.
Letztlich war das in Gänze durchaus unterhaltsam, aber kein wirklich großer Wurf. Dafür wirkte es zu sehr nach einem Abklatsch. Gegen eine aufpolierte und verbesserte zweite Staffel mit besseren Twists hätte ich aber dennoch nichts einzuwenden.
2. Staffel von „The 50“?
Noch wurde nicht offiziell bekanntgegeben, ob wir eine zweite Staffel von „The 50“ erhalten werden. Aufgrund der hohen Abrufzahlen und in Anbetracht der doch eher überschaubar wirkenden Produktionskosten dürften die Chancen nicht schlecht stehen, dass Amazon das Format fortsetzen wird. Die Stimme des Löwen, Jan van Weyde, hofft jedenfalls schon einmal auf eine zweite Staffel:
Bilder: Amazon MGM Studios
Kommentiere
Trackbacks