Mit Aufkommen der ersten Informationen zur koreanischen Netflix-Serie „The 8 Show“ (Originaltitel: „Deo Eiteu Syo“) war mein Interesse bereits geweckt und auch der offizielle Trailer sah recht vielversprechend aus. Seit 17. Mai ist die Serie bei Netflix verfügbar und in diesem Staffelreview möchte ich möglichst allgemein und Spoiler-arm umschreiben, was die Serie ausmacht. Und weshalb es sich nicht etwa um ein neues „Squid Game“ handelt.
Fiktives Reality-Drama
Basierend auf zwei Webtoons von Bae Jin-Soo erzählt uns „The 8 Show“ die Geschichte eines erbarmungslosen Reality-TV-Formates, das scheinbar harmlos beginnt. Acht trostlose Kandidat:innen landen in einem abgeschotteten Set und haben lediglich Kleidung und ein Regelbuch zur Hand. Mit der Zeit steigt ihr Preisgeld, mit dem sie (extrem stark überteuert) Gegenstände kaufen können. Der Clou: Nicht alle verdienen gleich viel, einige haben gewisse Privilegien und was genau hat es mit der herunterlaufenden Zeit auf sich?
Das Setting von „The 8 Show“ ist vor allem in den ersten Folgen enorm reizvoll, in denen wir Zuschauende parallel zu den Spielenden rätseln, welche Eigenheiten das Spiel mit sich bringt. Mit der Zeit entpuppt sich ein Spiel der Moral und Menschlichkeit, in dem man sich im Publikum des Öfteren fragt, was man wohl selbst in dieser Situation unternehmen würde. Allerdings überschlagen sich meiner Meinung nach die Entwicklungen zu schnell. Teilweise ist nicht gänzlich nachvollziehbar, wie leicht zum Beispiel gewisse Personen andere kontrollieren können, bzw. diese in der Form gehorchen. So kommt es hinten raus zu ziemlich abstrusen Ideen, die einen recht plumpen Schockwert liefern und zudem auch nicht immer vollends logisch argumentierbar sind. Das hätte man meiner Meinung nach smarter inszenieren können. Vor allem haben mir viele Figuren zu klar und ehrlich gespielt. Dennoch gibt es einige funktionierende Auflösungen und Wendungen zu sehen.
Ein gutes Stück Story wird durch die gute Auswahl an Charakteren getragen. Diese haben alle ihre ganz eigenen Motive und Vorgeschichten, die uns nach und nach aufgezeigt werden. So bekommen wir dargelegt, weshalb Personen gewisse Risiken eingehen oder warum ihnen bestimmte Aspekte wichtig sind. Letztlich tragen wir alle unsere individuellen Probleme mit uns herum, egal, welchen Anschein wir nach Außen tragen. Eine wichtige Aussage.
Visuell ist „The 8 Show“ trotz des Kammerspiel-artigen Settings, das sich in wenigen Räumlichkeiten abspielt, ganz gut gelungen. Das ganz Kunstvolle, das ich mir über den Teaser erhofft hatte, konnte zwar nicht durchgezogen werden und die Cinematography sticht auch nicht komplett hervor, aber das ist schon in Ordnung. Das Intro habe ich aufgrund der beschleunigten Songversion und den schnellen Schnitten nicht wirklich ins Herz geschlossen.
Ein bisschen irritiert war ich, dass „Etage 3“ zunächst enorm wie ein Ich-Erzähler auftrat, um dann zwischenzeitlich überhaupt nicht mehr in dieser Form zu fungieren. Das wirkte nicht ganz stringent. Allgemein muss man leider festhalten, dass man qualitativ nicht mit dem großen Netflix-Erfolg „Squid Game“ mithalten kann. Dabei sind die Parallelen offenkundig. Eine mysteriöse TV-Show, in der Hoffnungslose aus Geldmangel zur Unterhaltung dubioser Gruppierungen alles mögliche auf sich nehmen. Gekleidet in einheitlichen Uniformen nennen sich die Teilnehmenden lediglich unter ihren Nummern und spielen sich gegeneinander auf.
Viele Zutaten waren da und das Setting hatte Potenzial, aber so recht konnte man es nicht hochwertig ausführen. Mit der Zeit ist der Reiz des mysteriösen Settings verflogen und konnte nicht mehr durch interessante Neuentwicklungen aufgewogen werden. Das Ende hat mich dann alles andere als zufrieden gestellt, zumal man einige Möglichkeiten verschlafen hat, selbst in dem gezeigten Setting einen besseren Punch landen zu können. Konkretes (spoilerndes!) Beispiel: Etage 3 hat die Kameras abgeschossen, was zum Ablauf der Zeit geführt hat. Schon mal ziemlich dämlich, wie leicht das ging. Das Spiel ist vorbei und man sieht daraufhin, wie Etage 1 stirbt. Ein einfacher Kniff hätte hier vieles retten können. Im Moment, in dem Etage 3 freudig „Die Zeit ist auf Null!“ ruft, hätte man den Tod von Etage 1 feststellen können, um so aufzuzeigen, dass das Spiel nicht wegen der Kameras beendet worden ist, sondern weil die Todes-Regel greift.
Kurz hatte ich überlegt, auf drei Kronen zu gehen, aber das würde dem originellen Setting nicht gerecht werden. „The 8 Show“ hält eine außergewöhnliche Geschichte parat, die zum Nachdenken anregt und den Scheinwerfer auf unsere Gesellschaft richtet. Gier nach Geld und Macht stehen Menschlichkeit gegenüber und alle fragen sich, wie weit sie jeweils gehen würden, um ihre persönlichen Ziele zu erreichen. Was mit einer reizvollen Mystery-Erkundung beginnt, verliert dann allerdings etwas den Drive, um in einem eher unsinspiriertem Finale zu enden. Nicht wirklich schlecht, aber eben bei weitem nicht so gut, wie ich es mir erhofft hatte. So bleibt „The 8 Show“ eine willkommene Abwechslung zum Netflix-Einerlei, schafft es aber nicht zur absoluten Serien-Empfehlung des Jahres. Dennoch lohnt ein Blick hinein, wenn man K-Drama etwas abgewinnen kann.
Wird es eine 2. Staffel von „The 8 Show“ geben?
Noch hat Netflix keine offizielle Angabe darüber gemacht, ob es mit „The 8 Show“ weiter gehen wird. Die Staffel an sich war inhaltlich abgeschlossen, so dass Interessierte selbst bei einer möglichen Verlängerung der Serie auch einfach nach der letzten Folge aufhören könnten. Inhaltlich hat man sich mit einem süffisanten „Vielleicht gibt es eine zweite Staffel?“-Meta-Satz im Rahmen des Finales zumindest eine Tür offengehalten. Allerdings ist für mich fraglich, in wie fern das für uns als Publikum interessant sein könnte. Wenn, dann müsste das Setting deutlich verändert werden und wir vor allem mehr Einblick in das Drumherum und diejenigen erhalten, die für das makabre Spiel verantwortlich sind. Da Webtoonist Bae Jin-Soo nach „Money Game“ und „Pie Game“, auf denen „The 8 Show“ basiert, aber auch noch ein Sequel mit dem Titel „Funny Game“ veröffentlicht hat, könnte es noch Inhalt geben, den man verarbeiten kann. Warten wir es ab.
Bilder: Lee Jae-hyuk/Netflix
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