„The Blacklist“ ist ja eine der wenigen Serien, die ich noch schaue, die mit dem vollen Staffelprogramm daher kommt, sprich die guten alten 22 Folgen pro Staffel mitbringt. Nichts mit „6-Folgen-Super-Event-Serie“ oder Staffelfinale bei Folge 10 oder sowas – pah! Da musste schon eine weltweite Pandemie daherkommen, um aus dem 22er Klassiker eine verkürzte 19-Folgen-Staffel zu machen. Für den Fan ist das natürlich schade – und ich bin dieses Mal auch etwas betrübt deswegen, weil die Staffel so mit die beste ist, die John Eisendrath und Jon Bokenkamp bislang abgeliefert haben.
Böse Zungen würden behaupten, die Staffel sei so gut, weil sie kürzer war. Das mag als Aspekt in Betracht kommen, begründet ist es aber nicht, weil der Cut um 3 Folgen ja tatsächlich alles andere als geplant war. Im Gegenteil: Mitten in den Dreharbeiten zur 19. Folge gab’s dank Corona den Drehstopp, und an der Stelle war natürlich guter Rat teuer: Staffel abbrechen und das dramaturgische Highlight – das Staffelfinale – irgendwann nachsenden? Das kann sich wohl nur „The Walking Dead“ leisten, wo mittlerweile selbst das Staffelfinale kein Highlight mehr ist. Es bei 18 Folgen belassen und mt dem offenen Ende in die 8. Staffel gehen? Dafür gab’s zu viele Handlungsstränge, die einfach noch eine Verknüpfung benötigten. Die Serienschöpfer haben das dann – wie ich finde – bestmöglich gelöst: Mit einer Mischung als Realszenen, die schon abgedreht waren, und animierten Szenen, die während der Pandemie geschaffen wurden – ich hatte hier in diesem Beitrag schon darauf hingewiesen.
Und diese Mischung ist wirklich exzellent gelungen: Über die Optik der animierten Szenen kann an sicher streiten, aber die Idee und die Umsetzung an sich ist wirklich lobenswert. Man hat nämlich den animierten Stil als Teil der Handlung eingebaut, ihn mit der Veränderung von Liz‘ Charakter verknüpft, und so neben den Sachzwängen auch für eine Plausibilität der Animationen gesorgt – das war richtig gut. Dadurch kam mir die Thematisierung von Reddingtons körperlicher Schwäche fast schon ein wenig zu kurz. Das Ende lässt aber – wieder einmal – jede Menge Spielräume für die Weiterentwicklung in Staffel 8. Da kann’s in alle Richtungen gehen.
Blicken wir noch auf die anderen 18 Folgen: Was mich dieses Mal extrem angesprochen hat, ist die starke Weiterentwicklung der Charaktere der Task Force gewesen. Das hatte man in Staffel 6 mit Samar Navabi schon begonnen, wurde hier aber jetzt nochmal deutlich intensiviert. Aram Mojtabai bekommt endlich auch einmal mehr Screentime abseits seines Screens bei der Task Force. Das endet mitunter tragisch – und mit einem starken Auftritt von Aram bei der Verhaftung seiner Freundin.
Apropos Samar Navabi – sie wird von einer neuen Mitarbeiterin ersetzt, Alina Park. Die führt sich gleich mit einigen Besonderheiten ein – und bringt auch einige Geheimnisse mit, auf deren Spur wir uns direkt begeben. Nach derzeitigem Stand definitiv eine Bereicherung des Teams. Extrem positiv überrascht bin ich von der Entwicklung von Donald Ressler. Er ist nicht mehr der etwas seichte FBI-Agent, der auch schonmal Verdächtige entkommen lässt und von Red düpiert wird. Er wird selbst aktiv, macht mit Red gemeinsame Sache, und hat selbst ein dunkles Geheimnis, dem eine ganze Folge gewidmet wird – eines der Highlights der Staffel, wie ich finde. Weiteres Highlight ist die Folge „Kuwait“, in der wir in die – ebenfalls dunkle – Vergangenheit von Director Cooper geführt werden. Auch eine klasse Folge, mit einem sehr durchdachten Ende. Dazwischen sind wieder einige der üblichen Blacklist-Fälle gestreut – dieses Mal aber fast durchgehend extrem gut durchdacht und angelegt. Das sind spannende Fälle mit teils abgründigen Themen, die teilweise unter die Haut gehen.
Und dann haben wir natürlich noch das Geheimnis um Reddington. Seine Geschichte mit Katarina Rostova erfährt eine Fortsetzung – darauf bin ich im Review zur ersten Folge ja schon eingegangen. Die weitere Story-Entwicklung in der Sache hatte Höhen und Tiefen: Stark war das Täuschungsmanöver, als Red überzeugt wurde, sie sei getötet worden. Wobei: Dafür, dass er sie so lange schützen wollte, war mir seine Trauer zu gering – und auch seine ausbleibende Intervention war überraschend. Und ein Mann mit seinen Möglichkeiten kann im Prinzip auch dauerhaft jemanden abstellen, der sich an ihre Fersen heftet. Auch Liz‘ Wandel zur Unterstützerin ihrer Mutter war nicht so wirklich überzeugend. Das ging mir zu schnell und zu eindeutig. Und dieses Babysitter-Nummer dazwischen gehörte auch eher zu den schwächeren Momenten der Staffel. Dafür haben wir aber mehr über Ilya Koslov erfahren – spannend, wie es hier weitergehen wird.
Gut fand ich, dass auch Reddington eine eigene Folge gewidmet wurde. In dem sehr klassisch angelegten Setting – eine Gruppe trifft sich in einem einsamen Schloss und Person um Person stirbt – konnte James Spader natürlich seine ganzen schauspielerischen Fähigkeiten ausspielen; das dürfte ihm großen Spaß bereitet haben. Und letztlich haben auch Glen Carter und Dembe in zwei Folgen eher die Hauptrolle gespielt, so dass wirklich der komplette Main Cast gut zu tun hatte – wenn auch eben drei Folgen weniger. Ich sehe zudem viel Potenzial in der immer dunkler werdenden Stimmung: Die Task Force ist mit eigenen dunklen Geheimnissen unterwegs, nehmen es mit den Regeln immer häufiger nicht mehr ganz so genau – da bin ich auf die weitere Entwicklung gespannt. Insgesamt ein eingespieltes Team, möchte man sagen, das mutmaßlich ja noch die Gelegenheit zu einer weiteren Staffel bekommt – mindestens. Nach Staffel 7 kann man nur sagen – sehr gerne.
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