The Boys are back in town und mit ihnen die korrupten Supes. Die neue Staffel knüpft genau da an, wo uns das Finale der knallharten Superhelden-Serie im letzten Sommer zurückgelassen hat. Während die Heldenformation namens Seven, nach dem Ableben von Transluscent, dem Untertauchen von The Deep und dem Verschwinden von A-Train, nach neuen Helden für das Team Ausschau hält, versuchen sich auch die Boys, in Abwesenheit von Billy, wieder zusammenzurappeln.
Es fühlt sich an, als wären sie nie weg gewesen – die schrägen Figuren aus der Comicadaption „The Boys“. Schon in den ersten Minuten, in denen das Unternehmen Vought International einen militärischen Einsatz der Supes plant und ganz nebenbei hippe Sandwiches im Meetingraum verteilt werden, wird klar, dass der Zuschauer sich wieder inmitten der wahrscheinlich absurdesten Superhelden-Serie aller Zeiten befindet. Kurz darauf folgt die groß aufgebauschte Beerdigung von Translucent. Sowohl Homelander als auch Starlight begleiten die Trauerfeier medienwirksam und geben sich als betroffene Hinterbliebene vor den Kameras. Der Zuschauer weiß natürlich, dass hinter den Kulissen der Seven jede Menge Spannungen und Ungereimtheiten herrschen. Das ist nur eines von mehreren Beispielen in denen die Serie gekonnt Medienkritik einbaut. Denn wie viel Wahrheit steckt wirklich in der Berichterstattung von Fernsehanstalten und Nachrichtendiensten?
An anderer Stelle wird beispielsweise auch der Mord an der skrupellosen Madelyn Stillwell im TV rekonstruiert und Billy Butcher als Täter benannt. Wir wissen allerdings aus der ersten Staffel, dass Homelander dafür verantwortlich ist. Apropos Homelander: Schauspieler Antony Starr scheint den Psycho-Faktor in seiner Darstellung des ambivalenten Helden nochmal nach oben geschraubt zu haben. Ich kann seine Fresse jedenfalls jetzt schon nicht mehr ertragen. Spätestens als er seinen Sohn, den er nun regelmäßig aufsucht beziehungsweise bedrängt, von einem Hausdach schubst, hofft man darauf, dass ihm endlich Billy und seine Jungs in den Arsch treten. Billy hegt noch immer die Absicht, seine Frau wiederzugewinnen und stößt erst gegen Ende der ersten Episode wieder zum Team.
„Das alles is ’n riesen Abfuck, Junge. Wir haben einen Supe-Terroristen, Raynors Kopf is nur noch Soße und wir sind die meistgesuchten Fotzen des Landes. Aber mach dir keine Sorgen, Daddy is wieder Zuhause.“ – Billy Butcher
Während die Boys versuchen den Superkräften-Skandal um Compound V an die Öffentlichkeit zu bringen, schaut man sich bei Vought nach neuen Rekruten um. Nachdem Homelander einem blinden Anwärter auch noch brutal das Hörvermögen raubt, engagiert Vought selbstständig die Social Media-affine Stormfront. Der Neuzugang fällt bislang nur durch ihre direkte und ruppige Art auf und könnte damit in direkte Konkurrenz zu Homelander geraten. Erst am Ende der dritten Episode sehen wir die schonungslose Heldin im Einsatz.
In der Comicvorlage ist Stomfront ein an Thor angelehnter männlicher Held mit Nazivergangenheit. Dass auch die Serie den Naziaspekt aufgreift, lässt eine Szene, in der sich Homelander mit Stan Edgar über den Entwickler von Compound V unterhält, zumindest ebenfalls vermuten. Wie sich der Charakter weiterentwickeln wird, bleibt jedenfalls spannend.
Die Prämisse, dass Menschen mit Superkräften ihre Macht missbrauchen ist relativ simpel. Da wirkt es geradezu erfrischend, dass auch andere Themen, wie die oben genannte Medienkritik, aufgegriffen werden. Hierzu passt auch die Entwicklung von The Deep, der aufgrund von sexuellen Übergriffen das Superheldenkollektiv verlassen musste. In einer sehr weirden, aber erhellenden Szene, in der seine unter der Brust angebrachten Kiemen mit ihm anfangen zu sprechen, wird erläutert, dass sein toxisches Verhalten das Ergebnis seiner Unzufriedenheit mit seinem eigenen Körper ist. Dass solche Themen in einer kaum an Splatter-Sequenzen und expliziten Kraftausdrücken sparenden Serie untergebracht werden, halte ich für lobenswert. Da mag man auch darüber hinwegsehen, dass die Entwicklung des sympathische Hughie noch zu kurz geraten ist. Aber wir haben ja noch fünf weitere Folgen vor uns. Ähnlich wie beim Anbieter Apple TV+, hat man sich für einen Staffelauftakt mit drei Episoden entschieden, um dann im wöchentlichen Rhythmus die Fans häppchenweise mit neuen Folgen zu versorgen.
„Die Welt braucht Superhelden nach wie vor und das, meine Familie, das sind wir. Also lasst uns da rausgehen und tun, was Superhelden tun – holen wir uns den Schwanzlutscher.“ – Homelander
Fazit
Zum vielversprechenden Start der neuen Staffel hauen die Boys und Supes wieder ordentlich auf die Kacke und binden dabei clever aktuelle Themen mit ein. Bleibt zu hoffen, dass auch die nächsten Episoden das hohe Niveau halten können.
Die ersten drei Episoden der 2. Staffel von „The Boys“ sind auf Amazon Prime Video verfügbar. Weiter Folgen sind bis zum 9. Oktober jeden Freitag abrufbar.
Bilder: Amazon Prime Video
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