Wenn du ein seriell angehauchter Royalist bist, lebst du momentan in unterhaltsamen Zeiten. Nicht nur, dass sich die Gerüchte über einen Kinofilm zu „Downton Abbey“ bewahrheitet haben, nein, neue Serien bei ITV und Netflix buhlen mit interessanten Serienumsetzungen um deine Aufmerksamkeit. Während ITV mit „Victoria“ auf die Großmutter Europas setzt und die erste Staffel auch schon eine ganze Weile versendet ist, versucht Netflix das Interesse an Queen Elisabeth II. in Abozahlen umzusetzen.
Nun, seit genau einer Woche ist die erste Staffel von „The Crown“ bei Netflix freigeschaltet und die Fans der Windsors haben die Chance, einen Blick hinter die Kulissen ihrer Lieblingsroyals zu werfen. Und was für Kulissen, die teuersten, die sich Netflix bislang geleistet hat. Offizielle und nicht offizielle Quellen sprechen von 80-100 Millionen $ Budget für die erste Staffel. Wahnsinn.
Und die unzähligen Dollar in den Kulissen sieht man, jeden Cent. Aber kann man sich einen Serienhit kaufen oder muss da schon mehr passieren, als unfassbar schöne und detailreiche Settings und Drehorte aneinanderzureihen? Ich schwanke noch.
Handlung
Die neue Netflix Serie startet in die ersten beiden Folgen mit dem schlechter werdenden Gesundheitsbild des amtierenden Königs Georg VI., Elisabeths Vater, auf der einen Seite und der Hochzeit und den ersten Ehejahren Elisabeths (Claire Foy) mit Prinz Philipp von Griechenland und Dänemark (Matt Smith). Diese Hochzeit war nicht auf rosigen Boden gefallen, sie musste hart von Elisabeth durchgeboxt werden. Auch gegen den Willen ihres Vaters.
Als sich der Gesundheitszustand immer mehr verschlechtert und König Georg VI. von seinem Arzt erfährt, dass er ihm nicht mehr helfen kann, entscheidet sich der König dafür, seine Tochter nun ganz aktiv ins königliche Geschäft einzubeziehen und vor allem die große Afrikareise von ihr an seiner statt durchführen zu lassen.
Auf dieser Reise erleben Elisabeth und Philip die letzten unbekümmerten Stunden und Tage ihres Ehelebens, denn der König verstirbt während der Abwesenheit seiner ältesten Tochter und Thronfolgerin. Nun also Queen Elisabeth II. Der König ist tot, es lebe die Königin.
Auf der anderen Seite des Palastes bahnt sich eine starke Liebelei zwischen Elisabeths Schwester Margaret (Vanessa Kirby) und dem königlichen Stallmeister Peter Townsend (Ben Miles) an, einem persönlichen Ratgeber des nun toten Königs. Das Problem hierbei ist nicht seine Herkunft sondern dass Townsend bereits geschieden ist. Etwas, was in der anglikanischen Kirche, deren Oberhaupt nun Margarets Schwester ist, nicht toleriert wird.
Wie wird nun die junge Königin damit umgehen? Wird Elisabeth dem Glück ihrer Schwester im Wege stehen?
Meinung
Viele Kritiken im Web schwanken zwischen großartig und grandios und man feiert die Serie als bereits jetzt schon stilprägend und als Meisterwerk. Soweit würde ich nicht gehen, denn mir ist aufgefallen, dass mir etwas entscheidendes fehlt. Ich bin emotional nicht berührt, weiß aber auch nicht so recht, warum. Aber die beiden Folgen nehmen mich serientechnisch gesehen kaum mit.
Natürlich feiere ich John Lithgow als mürrischen Winston Churchill, selbstverständlich mag niemand Matt Smiths Prinz Philip und die großen Augen von Claire Foy funkeln im Wettstreit mit den königlichen Diamanten. Die Ausstattung ist detailreich, überbordend und die Drehorte exquisite.
Die Klasse der Schauspieler sorgt in meinen Augen auch dafür, dass es nicht allzu sehr ins soapige abdriftet, die Geschichte an sich würde es nämlich durchaus hergeben. Insbesondere die Liebelei zwischen Prinzessin Margaret und Peter Townsend. Die Geschichte an sich ist natürlich spannend und unterhaltsam aber viel zu bekannt um noch überraschen zu können. Ich bin jetzt mal eine böse Zunge, und behaupte, dass die Gefahr groß ist, dass sie einfach nur den Wikipediaeintrag zu Queen Elisabeth II. herunterspielen. Natürlich in einer ausgezeichneten Weise und in einem tollen Set.
Aber wo bleibt die Fantasie, die man unweigerlich mit einer royalen Geschichte verbindet? Royale Geschichten haben für mich immer etwas mit Märchen zu tun und da weiß man beim ersten erzählen auch nicht, wie es endet. Ich will jetzt gar nicht „Downton Abbey“ als Maßstab nehmen aber „The Crown“ ist meilenweit von der Fantasie, dem Charme und auch der Dramatik des geistigen Vorgängers entfernt. Ist Fiktion dann doch besser als Realismus?
Natürlich nicht, aber ich will als Seriengucker überrascht und mitgenommen werden. Aber die Fantasie, der Charme und die Dramatik bei „The Crown“ fehlen mir bislang komplett. Wobei komplett schon ein hartes Wort ist, nehmen wir überwiegend.
Ich könnte mir aber auch gut vorstellen, dass die Serie die von mir aufgestellten Kriterien im Laufe der Zeit – und wer geht nicht von einer langjährigen Laufzeit aus – entwickeln wird. Die Lebensgeschichte der aktuellen Windsors birgt diverse interessante Episoden, die noch im Laufe der Regierungszeit von Queen Elisabeth II. geschehen werden. Und damit meine ich nicht nur Charles und Diana. Momentan ist mir das Ganze auch noch zu unpersönlich, ja, Elisabeth hat ihren Philip durchsetzen können und der Verlust des Vaters wurde sehr gut und emotional inszeniert. Das war es dann aber auch.
Der Rest plätscherte in meinen Augen etwas mehr dahin als großartig und grandios zu sein. Zudem sind Claire Foy und Matt Smith in meinen Augen noch etwas überfordert, mit ihrer bisher eher emotionslosen Geschichte das gesamte Seriengerüst tragen zu müssen. Aber das Potenzial ist eindeutig vorhanden.
The Crown vs. Victoria
Der Versuch eines Vergleichs mit „Downton Abbey“ oder mit „Victoria“ ist natürlich naheliegend, dafür ist es aber noch etwas zu früh, da möchte ich zumindest die gesamte erste Staffel von „The Crown“ gesehen haben. Auch „Victoria“ hatte mich nicht gleich zu Beginn aber nach der ersten Staffel kann man schon sagen, dass letztendlich Charme und Dramatik dann doch über die Flure des Kensington Palace flanierten.
„The Crown“ würde ich das auch wünschen, denn wir leben in tollen Zeiten und haben mannigfaltige Möglichkeiten, um uns nicht zwischen beiden Serien entscheiden zu müssen. Man kann durchaus beide Serien schauen, sofern sie einem zusagen.
Wir zwei Beide, als „The Crown“ und ich, arbeiten weiter daran. Danach versuche ich dann mal einen Beitrag im Sinne eines Vergleiches zwischen den beiden großen aktuellen royalen Serien unserer Zeit.
Bilder: Netflix
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