Es war einmal ein junger Prinz. Nein, eigentlich ein Stiefprinz. Gewissermaßen war er auch ein Magier. Oder doch nicht? Auf jedenfall ist er eine Niete mit dem Schwert. Wo war ich? Ach ja! Es war einmal ein kleiner, schlauer Prinz, der machte den ganzen Tag nichts anderes als Essen klauen und dummes Zeug. Und er hatte einen Frosch. Oder eine Kröte? Irgend so was in der Art. Die soll angeblich lecker schmecken. Aber jetzt im Ernst: Es war einmal eine Mondschatten-Elfe. Nicht irgendeine, nein, die beste Assassine ihrer Zunft. Mal von dem Fakt abgesehen, dass sie noch nie jemanden getötet hat. Ich könnte jetzt noch eine Weile so weiter machen, denn da kommt noch eine völlig verpeilte Magierin mit dunklem Geheimnis, ihr zwielichtiger Vater, ihr pompöser Bruder und eine taubstumme Ritterin.
Okay und jetzt will ich wissen, was man daran nicht lieben kann!?
Ich bin ja ein ziemlich kritischer Serienkonsument, aber ich gebe zu, ich habe die Serie in mein Herz geschlossen. Das Jahr 2018 habe ich entspannt mit „Avatar – The Last Airbender“ ausklingen lassen. Zum Ende hin, musste ich mir ernsthaft überlegen, was darauf folgen darf. Und wie es der Zufall so will – oder naja, Google mir verraten hat – hatte Aaron Ehasz, der geistige Vater und Produzent vom Airbender (und ganzen 19 „Futurama“-Folgen) noch mehr gute Ideen. Als hätte er geahnt, dass ich gerne mehr von ihm sehen möchte, hat er im September 2018 „The Dragon Prince“ (zu Deutsch: „Der Prinz der Drachen“) auf den Markt geworfen. Leider erstmal nur neun Folgen.
Die Welt vom Drachenprinz
Von Weitem betrachtet hat die Serie die klassische Struktur einer Heldenreise. Es geht los, es entwickelt sich, Probleme treten auf, Feinde verbünden sich, Verrat, Hauen und Stechen, unerwartete Wendungen, Höhepunkt, Staffelende. Doch lässt man sich auf die ersten fünf Minuten der Geschichte ein und hat nur einen Funken Interesse an Fantasy, dann steckt man tief drin in Xadia, der Welt vom Drachenprinzen.
Wo der „Avatar“ seine Inspiration aus den asiatischen Kulturen hernimmt, ist „The Dragon Prince“ an das europäische Mittelalter angelehnt. Zusätzlich gibt es sechs Quellen der Magie: der Himmel, die Sterne, der Ozean, die Erde, die Sonne und der Mond. Und genau da fängt der Ärger an. Die Menschen sind mal wieder sowohl gierig als auch erfinderisch. Sie entdecken nämlich eine siebte Quelle: magische Kreaturen. Es muss wohl nicht erwähnt werden, dass das Lebewesen dabei auf der Strecke bleibt. Die Geburt der schwarzen Magie. Die Elfen wollen dieses Vorgehen direkt unterbinden und sie schmeißen die Menschen aus ihrem Land. Es kommt zum Krieg. Der eindrucksvolle Drachenkönig bewacht die Grenze. Nach einer Weile wird er jedoch ermordet und sein einziger Nachfolger, noch im Ei, zerstört. Doch stimmt die Geschichte so? Nutzen Kriegstreiber falsche Informationen für ihre Zwecke? Man könnte meinen, dass die Story ziemlich realistisch ist an einigen Stellen. Nun gilt es herauszufinden, wer davon profitiert und wer was dagegen unternehmen kann.
Die Charaktere handeln nachvollziehbar, sind nicht nur kick-ass, sondern haben auch ihre Schwächen. Die Dialoge sind auch für Erwachsene zum Lachen, zum Beispiel durch kleine Anlehnungen an größere Fantasyserien.
„Winter is coming… eventually!“ (King Harrow)
Selbst die Bösewichte haben so ihre kleinen Eigenheiten und Schrullen, was sie unerwartet liebenswert macht. Die Magierin Claudia, die von Callum heimlich angeschmachtet wird, ist humorvoll, schlagfertig und lacht gerne über ihre eigenen, meist verqueren Wortspiele. Ihr Bruder Soren versteht diese nicht immer, aber bedient trotzdem nicht den stereotypen Schwertkämpfer. Er ist sich seiner Rolle sehr wohl bewusst und bringt das auch zum Ausdruck. Auch wenn er arrogant, vor allem gegenüber Callum, ist, dann wirkt es dennoch spielerisch und man könnte darauf hoffen, dass er das Richtige tut.
General Amaya ist die Tante von Callum und Ezran und taubstumm. Sie hat ihren sympathischen Übersetzer Lieutenant Gren dabei, aber ihre Neffen können die Zeichensprache eh. Über Grens Rolle ziehen wir das Mäntelchen des Schweigens. Um die Zeichensprache in der Serie überzeugend darzustellen, waren zwei Profis an Bord, die das kontrolliert haben. Aber nicht nur die Umsetzung stimmt, denn alleine die Idee und die Spielerei damit, finde ich großartig! An keiner Stelle hat man das Gefühl, dass dort eine Person mit Handicap ist. So etwas in aller Selbstverständlichkeit dazustellen verdient großen Respekt.
Die Stimmen
Jack De Sena – Der Stiefprinz Callum wird von allen OT-Guckern sofort erkannt. Denn in „Avatar – The Last Airbender“ konnte er der Figur Sokka seine Stimme leihen. Man kann ihn auch in vielen kleinen Auftritten wiedertreffen, wie z.B. „King of the Hill“ oder „House of Lies“.
Wer auf die Idee gekommen ist, den Mondschatten-Elfen einen schottischen Akzent zu verpassen, bekommt von mir einen Orden. Sowie Rayla den Mund aufmacht, hört man Paula Burrows in ihrem breitesten Schottisch. Sie selbst war schon in „Motive“, „The Killing“ und „Supernatural“ zu sehen.
Die Stimme von Ezran macht mich ein wenig melancholisch. Die kleine Sasha Rojen (ja, ein Mädchen), die den kleinen Kronprinzen verplaudert, wurde 2006 geboren. Da war ich….auch schon nicht mehr jung. Trotzdem hat sie bereits eine beeindruckende Karriere vorzuweisen. Sie war bereits unter anderem in „iZombie“, „The Flash“ und „Bates Motel“ zu sehen.
Racquel Belmonte spricht Claudia, die freche, verpeilte Magierin. Sie macht hauptsächlich Synchronisation, z.B. „Lego Elves“ und „Legends of Chima“. Durch Letzteres kennt sie auch schon einige ihrer Kollegen in „The Dragon Prince“.
Unter anderem Jesse Inocalla, der Soren, den Sohn von Katolis Hochmagier Viren, spricht. Auch er arbeitet meistens in der Synchronisation und leiht Serienhelden und auch Computer-/Videospielcharakteren seine Stimme.
Bei Jonathan Holmes (Runaan – Anführer der Mondschatten-Elfen-Assassinen) musste ich schmunzeln. Er spielt zwar in vielen namenhaften Serien mit, wie z.B. „The 4400“, „Stargate: Atlantis“, „Psych“ und aktuell auch „Anne with an E“ mit, aber in seinen vielen Synchro-Arbeiten dominieren vor allem „Barbie“-Filme seinen Lebenslauf. Unerwartet…
Jason Simpson, spricht Viren, den Hochmagier des menschlichen Königreichs Katolis. Er hat schon so vielen Serien- und Computerspielfiguren seine Stimme geliehen, dass es meinen Artikel sprengen würde. Auf alle Fälle ein versierter Künstler.
Der König von Katolis und Vater der Prinzen ist Harrow, gesprochen von Luc Roderique. „The Crossing“, „Caprica“, „The 100“, „iZombie“, „The Flash“ und „Supernatural“ pflastern seinen Weg hin zu „The Dragon Prince“.
Zusammenfassend kann man sagen, dass alle Stimmen überzeugend zu den einzelnen Figuren passen. Die Künstler selbst kennen sich schon aus gemeinsamen Projekten oder können sich über Arbeiten bei den selben Serien austauschen, wenn auch nicht gemeinsam oder zeitgleich.
Die Ansicht
„The Dragon Prince“ ist keine Zeichentrickserie im eigentlichen Sinne. Die Grafik hat mich direkt an Computerspiele erinnert. Das ist auch kein Zufall, denn der Co-Autor Justin Richmond ist ein Profi in dem Bereich, z.B. „Uncharted 3: Drake’s Deception“ aus 2011. Der Hintergrund ist eine gekonnte Mischung aus Zeichnung und 3D-Modeling. Die Macher versuchen einen Comicstyle beizubehalten. Für mich war es am Anfang gewöhnungsbedürftig, da ich aus den weichen Bildern von „Avatar – The Last Airbender“ kam und nun in die doch etwas kantige Welt von „The Dragon Prince“ rutschte. Es kam mir erst sehr hakelig vor, aber spätestens, wenn man Rayla’s „Naruto-run“ in Action gesehen hat, geht alles klar. Und natürlich ist es auch nicht das schlechteste, wenn das dazugehörige Computerspiel, einem eine bekannte Welt vorsetzen kann. Es ist bereits in Arbeit und wird Mitte 2019 erwartet. Das Spiel selbst wird allerdings eine komplett andere Story haben.
Die Aussicht
In der ersten Staffel wurde noch längst nicht alles verraten und man ist auch noch nicht allen Fraktionen begegnet. Callum, Rayla und Ezran werden sich während ihrer Aufgabe weiterentwickeln und wer weiß, was Claudia und Soren noch so alles an Tricks auf Lager haben. Da kommt noch einiges auf uns zu. Daher können wir uns freuen, wenn es am 15. Februar 2019 weitergeht.
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