Vor einigen Tagen lief in der BBC der Auftakt zur finalen Staffel von „The Fall“ mit Gillian Anderson und Jamie Dornan in den beiden Hauptrollen. In den verbleibenden sechs Folgen dieser außergewöhnlichen Dramaserie werden wir also erfahren, wie es mit Stella Gibson und Paul Spector enden wird. Oder beginnen? Man wurde ja nicht unbedingt den Verdacht los, dass Gibson ihren Narren an Spector gefressen hat. Momentan kann ich mir aber nicht vorstellen, dass die Serie derart weird enden könnte.
Handlung
Die Auftaktfolge beginnt zunächst mit einer Rückblende in die jüngsten Ereignisse und endet natürlich mit den Schüssen im Wald, einem getroffenen Paul Spector und einer panischen Stella Gibson. Und der Rückblick für uns Zuschauer nach fast zwei Jahren war auch unbedingt nötig. Ich hätte einiges vergessen, hätte ich eine Zusammenfassung der ersten beiden Staffel aus meiner Erinnerung vornehmen sollen.
Die Folge schließt nahtlos an das Staffelende an und wir begleiten unsere Protagonisten ins Belfast General Hospital. Dort kämpfen die Ärzte (u.a. Richard Coyle) nicht nur um das Leben von Paul Spector, nein, auch die im Staffelfinale im Kofferraum gefundene Rose muss stabilisiert werden. Ungefähr 3/4 der Folge sehen wir sehr viel Krankenhauszeug, Operationsgedöns und Ärztesprech.
Zum Ende der Folge nimmt dann „The Fall“ seine Handlung dann doch noch auf, wir sehen, wie Gibson von der Polizeiführung „kalt“ gestellt und verboten wird, vor die Kameras zu treten, da der Vorfall intern untersucht werden soll. Wir erleben, wie Pauls Familie die Nachricht aufnimmt und sitzen mit Roses Ehemann an ihrem Bett und lauschen ganz zum Schluss einen tollen Monolog von Gillian Anderson genau an jenen Ehemann gerichtet, wie er sich nun zu verhalten hat, um seine Frau bestmöglich zu unterstützen.
Ach ja, Paul Spector kann natürlich gerettet und stabilisiert werden. Aber das dürfte niemanden wirklich überraschen.
Meinung
Die Auftaktfolge hatte größtenteils den Charme einer Folge „ER“, „General Hospital“ oder „Chicago Med“. Das Blut floss in Strömen, Bäuche wurden aufgeschlitzt und jede Menge Schläuche an Paul Spector angebracht und in ihn eingeführt. Für Menschen, die kein Blut sehen können (oder offene Bauchdecken), für die dürfte der Auftakt die bisher krasseste Folge der Serie gewesen sein. Und alles war dabei sehr realistisch soweit ich das als Experte für Krankenhausserien und Ersthelfer sagen kann. Es würde mich daher nicht wundern, wenn dies die bisher aufwändigste Folge von „The Fall“ war.
Die gesamte Folge über war an sich dagegen sehr ruhig, wenn man mal Dialogen lauschen konnte, dann waren diese sehr leise. Eine gedämpfte Stimmung allerorten, durch den Einsatz passender Hintergrundmusik (elektronische Klänge) wurde das Ganze wirklich sehr atmosphärisch und getragen. Schon recht nice gemacht. Für eine Folge mittendrin oder sogar ein Staffelende. Aber nicht für einen Staffelauftakt.
Dafür hat man sich in meinen Augen viel zu lang dem Kampf der Ärzte gewidmet, auch wenn das Überleben von Paul Spector natürlich auch überlebenswichtig für die Serie ist. Denn Anderson ist klar der Star der Serie, aber ohne Spector kann sie nicht glänzen.
„I didn’t want it to end there. Not like that. No court case, no sentence, no punishment. No closure for the families. I want him to live.“ (Stella Gibson)
Das ruhige Schauspiel Andersons hat mir dagegen gut gefallen, viel Text hatte sie nicht, aber dennoch beherrscht sie den Raum sobald sie ihn betritt. Dieser Blick! Jamie Dornan hatte dagegen heute nicht so viel zu tun. Er lag meistens nur rum. Allerdings nicht nur.
Denn für einen kurzen Augenblick schien es so, als würden die Ärzte den Kampf um Spectors Leben verlieren. Uns Zuschauern wurde dann ein Paul Spector gezeigt, der durch einen Tunnel ging und von seiner Mutter aus dem Jenseits gerufen wurde. Aber die Rufe seiner Kinder hatten dann wohl mehr Anziehungskraft, denn Spector entschied sich für die andere Richtung und die Ärzte konnten ihn wieder stabilisieren.
Nichtsdestotrotz hatte die Auftaktfolge ihre Schwächen vor allem in der Fortführung der Handlung. Da ging ja mal fast gar nichts. Und so realistisch, wie die Operationsszenen auch gedreht wurden, wir haben hier keine Krankenhausserie. Das hätte man den Drehbuchautoren ruhig mal zuflüstern können. Auch den Dialog zwischen Richard Coyle und einer seiner Ärztinnen und der Thematik, ob es eigentlich okay ist, wenn man sich so sehr ins Zeug legt, um ein Menschenleben zu retten auch wenn es das eines Serienkillers ist – Coyles Arzt erinnerte natürlich an den Hippokratischen Eid usw. – empfand ich als etwas deplatziert.
Auch der noch offene Handlungsstrang um Katie, dem ehemaligen Kindermädchen der Spectors und die immer noch mehr als verknallt in Spector ist, wurde wieder ins Rampenlicht geholt und Katie nervt mich immer noch ungemein. Was die Drehbuchautoren mit ihr vor haben, ist mir noch schleierhaft. Ich ahne aber schlimmes. Sie will nämlich unbedingt zu Spector ins Krankenhaus, um nach ihm zu sehen – und dann?
Was die Autoren allerdings sehr gut hinbekommen haben, ist der Fakt, dass man als Zuschauer dauernd damit gerechnet hat, dass Spector plötzlich aufwacht, leise seine Schläuche und Leitungen abkappt und damit die in seinem Raum stehende, ihm den Rücken zukehrende Krankenschwester erdrosselt. Auch wenn man innerlich natürlich weiß, dass dieser Mann mal aktuell zu gar nichts im Stande sein dürfte.
Zu welchen Leistungen die weitere Handlung im Stande sein wird, erfahren wir schon in der kommenden Woche. Dann bitte aber wieder mehr Action. Aber dennoch schön, dass du wieder da bist, „The Fall“, zwei Jahre warten war schon echt krass.
Bilder: BBC
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