In der letzten Woche ging „The Fall“ mit einer back-to-back Episode am Donnerstag und am Freitag zu Ende, ungewöhnlich, da die vorherigen vier Folgen jeweils im Wochenrhythmus in der BBC ausgestrahlt wurden. Vielleicht waren die Produzenten von der Vorarbeit der bisherigen Episoden nicht allzu sehr überzeugt, so dass sie nicht davon ausgehen konnten, dass die Spannung zum Serienfinale aufrechterhalten werden kann und man wünscht einer Serie wie „The Fall“ natürlich ein schönes Finale.
Die von mir unterstellte Sorge der BBC würde ich nämlich mittragen, denn die dritte Staffel ist in meinen Augen im Rückblick die schwächste Staffel der Serie, die ansonsten aber weiterhin hoch bei mir im Kurs stehen wird. Vielleicht hätte man die Staffel um ein, zwei Folgen kürzen sollen, damit hätte man sich viel Langatmigkeit sparen und uns Zuschauern ein hochspannendes Finale bieten können. Wobei das Finale selbst genau das hatte – vielleicht sogar etwas zu viel Action und Gewaltausbrüche im Vergleich zur restlichen dritten Staffel.
Handlung
Reviewtechnisch haben wir die Serie mit der letzten Einstellung der dritten Episode verlassen, in dem wir sahen, wie Sally-Ann mit ihren betäubten Kindern am Strand im Auto saß. Als Zuschauer schwante einem bereits übles. Was ich persönlich nicht wahrgenommen habe, war, dass sie nicht nur am Strand mit ihrem Auto geparkt hatte sondern eigentlich schon im Meer – es herrschte nur gerade Ebbe. Das weitere Szenario kann man sich vorstellen allerdings wurde eine junges Ehepaar auf das Auto aufmerksam und konnten Mutter samt Kindern gerade noch retten bevor die Flut den Wagen mit sich riss.
Paul Spector selbst wird infolge seines stabilen Zustandes in eine geschlossene, medizinische Anstalt verlegt, die damit beauftragt wird, herauszufinden, ob Paul seine Amnesie nur vortäuscht und ob bzw. inwieweit Paul für eine Gerichtsverhandlung zur Verfügung stehen kann. Parallel dazu versuchen seine Anwälte eine Strategie auf der fast schon obsessiven Verfolgung Spectors durch Stella Gibson aufzubauen, sie erfahren von Gibsons Traumtagebuch (die letzten Tage und Wochen gibt es verständlicherweise nur ein Thema) und erhalten Einblick in diese persönliche Aufarbeitung der Träume und Gedanken Gibsons rund um Paul Spector.
Durch die Gespräche zwischen Paul Spector und seinem behandelten Arzt sowie durch weitere Ermittlungserfolge von Stella Gibson erhalten wir ein rundes Bild über den Menschen Paul Spector.
Dieser musste als Neunjähriger den Suizid seiner Mutter mit ansehen (aufgehängt mit einer Plastiktüte um den Kopf), kam daraufhin in ein Heim, in dem es ihn natürlich nicht gerade gut erging. Paul Spector war, wie sich herausstellt, so etwas wie der bevorzugte Spielkamerad für einen der schlimmsten Peiniger des Kinderheimes.
Im Rahmen der weiteren Ermittlungen stoßen Gibson und ihr Team auf einen zu lebenslang inhaftierten Freund aus Spectors Kindertagen im Kinderheim. Dieser soll eine junge Frau ähnlich grausam ermordet haben, wie man es Paul Spector vorwirft. Nach dem Studium der alten Vernehmungsprotokolle und einem Gespräch mit ihm wird klar, auch dieser Mord geht auf das Konto von Spector, sein Freund hatte die Tat nur gestanden, da er sich in der Schuld stehend sah, Paul zu schützen.
Mit dieser Beweislage konfrontierte Gibson Paul Spector und seine Anwälte. Der Fall scheint abgeschlossen und safe und selbst Spector musste anerkennend zustimmen, dass die Polizei etwas gefunden hatte, was vor seiner (vorgetäuschten) Amnesie stattgefunden hat. Spector verkauft zwar die Geschichte als Sexunfall aber Gibson kann er damit nicht überzeugen. Und Spector muss auch dies erkennen. Zudem sind die Beweise erdrückend. Die Lage scheint nun aus seiner Sicht wirklich verzweifelt und man kann dies auch seinem Blick entnehmen.
Dann nahm das Serienfinale mal so richtig Geschwindigkeit auf.
Als Gibson ihren Kollegen nach draußen schickte um das weitere Procedere einzuleiten und selbst Anstalten machte, den Raum zu verlassen und sie dabei Spector ihren Rücken zu drehte, stürzte sich Spector plötzlich und voller Hass auf Gibson und schlug und trat brutal auf ihr Gesicht ein. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis ausreichend Polizisten vor Ort waren um ihn von ihr wegreißen zu können. Spector hatte nun also sein wahres Gesicht gezeigt, daran konnte kein Zweifel mehr bestehen. Stella Gibson schien damit ihrem Ziel, einer ordentlichen Gerichtsverhandlung, einen großen Schritt näher gekommen zu sein.
Aber das war noch nicht das eigentliche Serienfinale. Aus für mich unerfindlichen Gründen konnte Spector ohne größere Auflagen zurück in seine geschlossene Anstalt und sich dort auch weiterhin nahezu frei bewegen. Dies führte dann zum echten Serienfinale, welches noch mal eine kleine Steigerung der Brutalität darstellen sollte.
Paul Spector hatte so etwas wie eine Freundschaft zu einem anderen Häftling begonnen, den er dazu anstiftete, einen Aufstand im Gemeinschaftsraum zu veranstalten, in dessen Folge sich alle Pfleger um die randalierenden Patienten kümmern mussten. Diese Situation nutzte Spector aus, er überwältigte seinen Arzt, den er noch ein bisschen schlimmer zurichtete wie Stella Gibson. Spector versuchte aber nicht zu fliehen sondern ließ sich – unbeobachtet – mit seinem neuen Freund in dessen Zelle einsperren. Mit einem Gürtel und einer Plastiktüte in der Hand.
Den Rest wird man sich nun denken können, am Ende des Abends wurden zwei Tote in dieser Zelle gefunden – Spector hing wie einst seine Mutter und viele seiner Opfer mit einer Plastiktüte über dem Kopf an seinem Gürtel aufgehängt. Er konnte sich also schlussendlich doch aus seiner Verantwortung durch Selbstmord entziehen.
Die letzte Einstellung zeigt Stella Gibson alleine in ihrer Wohnung, wie sie gedankenverloren an einem Glas Wein nippt und sehr geschlagen ins Nichts schaut.
Meinung
Wie schon eingangs erwähnt, halte ich die dritte und letzte Staffel für die Schwächste. Während die erste Staffel sich der Suche nach dem Serienkiller verschrieben hatte und den Morden an sich, beschäftigte sich die zweite Staffel mit dem spannenden Katz-und-Maus Spiel zwischen Stella Gibson und Paul Spector und dem Finale seiner Gefangennahme.
Die dritte Staffel beschäftigte sich nun im Grunde mit der Frage nach dem Warum und den Hintergründen zu den Morden. Und nahm sich für die Dechiffrierung des Paul Spector eindeutig zu viel Zeit. Zugegeben, diese dann größtenteils nur in homöopathischen Schritten zu messende Fortentwicklung der Handlung ermöglichte Gillian Anderson und vor allem Jamie Dornan schauspielerisch zu glänzen, für den Zuschauer war es dahingehend aber unerfreulich, den langen und wortreichen Sequenzen folgen zu müssen obwohl recht schnell klar wurde, was die Hintergrundgeschichte des Paul Spectors sein könnte. Und dann die bereits an anderer Stelle angesprochene, sehr düstere und dumpfe Flüstertonatmosphäre, man muss hoffen, dass sich dieses Stilmittel nicht durchsetzen wird.
Will sagen: Zwei Folgen weniger und niemand hätte gemeckert. Dann wäre die Gewaltspirale der letzten Folge und die plötzliche Dynamik der Handlung nicht so krass aufgefallen. Ich hatte den Eindruck, dass die Drehbuchautoren noch einmal die gesamte Brutalität und Dynamik, die sie in den ersten fünf Folgen der letzten Staffel eingespart hatten, in einer Folge platzieren wollten um die Serie mit einem Knaller beenden zu können.
Der Knaller, dass sich Spector seiner Verantwortung entziehen kann, was für mich unerwartet kam, hätte aber in meinen Augen schon gereicht, um die Serie würdig zu beenden. Die besagte Gewaltspirale sorgt bei mir eher für einen komischen Beigeschmack. Und für eine schlechtere Bewertung.
Zudem empfand ich zu viele Handlungsstränge in der letzten Staffel für unnötig und zu beiläufig. Niemand interessiert sich für Katies weitere Geschichte, niemand, dass sich Gibsons Chef Jim Burns wieder dem Alkohol hin gab – mit Abstrichen vielleicht wie es Sally Ann und den Kindern erging. Wobei ich finde, dass man die Drei durch den Selbstmordversuch gut aus der Handlung genommen hat. Und über die Anwälte wollen wir mal gar nicht sprechen, drei Folgen lang wird „investigativ“ geforscht und am Ende passiert genau nichts. Hätten sie Paul Spector namen- und handlungslose Anwälte gegeben, das Ergebnis wäre dasselbe.
Man wollte letztendlich als Serienfan doch nur wissen, spielt Spector seine Amnesie nur vor, kommt ihm Gibson noch mit weiteren Beweisen zuvor und wie endet die Serie, wer wird, wenn man so will, als finaler Sieger hervorgehen. Und man muss wohl anerkennen, dass dieser Sieger nicht auf den Namen Stella Gibson hört, da sie ihr Ziel nicht erreichen konnte.
Mit dem Ende kann ich leben, die letzte Staffel war dennoch irgendwie enttäuschend. Gemessen an den hohen Ansprüchen, den die bisherigen Staffeln in mir ausgelöst hatten.
Bilder: BBC
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