Mit einer Doppelfolge ist Staffel 3 von „The Good Doctor“ zu Ende gegangen. Das hat der Serie in Staffel 3 nicht nur 2 Folgen mehr als üblich beschert (20 statt 18), sondern auch eine Handlung außerhalb des San Jose St. Bonaventure Hospitals – und ein gewisses Aufräumen des tatsächlich ja auch recht großen Casts. Aber der Reihe nach: Ich schließe erst einmal an mein Review der ersten Hälfte der Staffel bis zum Midseason-Finale an.
Die Serie tut sich den Gefallen, weiterhin darauf zu setzen, die unterschiedlichen Charaktere des Ärzteteams weiter zu schärfen. Dr. Shaun Murphy stürzt das Autorenteam dabei in verschiedene Gefühlskonflikte, die manch überraschende Wendung mit sich bringen. Mir persönlich kam es entgegen, dass die Figur der Dr. Carly Lever aus der Handlung genommen wurde, sie wirkte mir da doch zu oberflächlich angelegt und fast schon auserzählt, obwohl noch gar nicht viel passiert war. Immerhin führte das dazu, dass Shaun in einen noch größeren Konflikt mit Lea gestoßen wurde, der sich bis ins Staffelfinale zieht. Dabei war das lange Hadern und das konsequente Nein Leas mit fast zum Ende glaubhaft und auch schlüssig. Freddie Highmore hat hier auch schauspielerisch alles in die Waagschale gelegt, um Shauns innere Konflikte darzustellen – das war schon gut gespielt, nur übertroffen noch von seiner Darstellung in jeder Phase, als er auf seinen sterben Vater traf.
Blicken wir noch auf die anderen Hauptfiguren: Wir wissen natürlich, dass die Zeit der Assistenzärzte im San Jose St. Bonaventure Hospital allmählich abläuft und bald eine Entscheidung fallen muss, wer denn wohl am Krankenhaus bleiben darf. Gut ist, dass die Autoren daraus keinen klaren Wettbewerb machen. Hier und da wird zwar etwas angedeutet, etwa wenn es um eine mögliche Bevorzugung von Dr. Brown geht, aber im Prinzip konzentriert sich jeder auf seine Arbeit und versucht, damit zu überzeugen. Im letzten Drittel der Staffel schaffen es die Autoren dann, über die anfangs schon erwähnte weitere Charakterausbildung genau die Differenzierungen zu schaffen, die notwendig ist, um die Entscheidung für einen bestimmten Assistenzarzt zu treffen.
Dr. Morgan Reznick zum Beispiel, die alles auf eine Karte setzt, um unbedingt Chirurgin zu bleiben, dann einen Rückzug ankündigt, um schließlich befeuert durch den eigenen Ehrgeiz doch wieder auf Karriere zu setzen – die sie dann opfert, um das zu tun, was ihrer Ansicht nach ihre Bestimmung ist – Menschenleben zu retten. Dann Dr. Alex Park, dessen Konflikte mit seiner Familie schon mehrfach Thema waren und jetzt ebenfalls durch einen medizinischen Einsatz in die entscheidende Bahn gelenkt werden. Dazu kommt der nächste Schicksalsschlag für Dr. Claire Brown, die in dieser Staffel nicht nur ihre Mutter verliert, sondern auch beziehungstechnisch ziemlich arg gebeutet wird. Unter anderem dadurch, dass man sich auf Autorenseite entscheiden hat, eine der Hauptfiguren aus dem Spiel zu nehmen – Dr. Neil Melendez, was ich persönlich zwar bedauert habe, weil es ein spannender Charakter war, allerdings war auch diese Position in gewisser Weise auserzählt. Bleiben noch Dr. Marcus Andrews, Dr. Audrey Lim und Dr. Aaron Glassman, die alle drei eine gewisse Pause verordnet bekommen haben. Nicht schlimm, wir hatten genug damit zu tun, den anderen Charakteren zu folgen.
Zu den Fällen: Hier waren wieder spannende medizinische Fälle Thema, die interessant durchdiskutiert und gelöst wurden. So zum Beispiel in Folge 16, in der Shaun nicht locker lässt, einen Fall aufzuklären, obwohl in das in persönliche und berufliche Schwierigkeiten bringen könnte. Überhaupt gelingt es den Autoren in dieser Staffel noch besser, persönliche Herausforderungen mit den konkreten medizinischen Fällen zu kombinieren. Das wirkt selten konstruiert, sondern meistens gut erzählt. Zu dem sind die Folgen auch solide inszeniert, die schon erwähnte Folge 16 zum Beispiel von Freddie Highmore selbst, das Staffelfinale von Serienschöpfer David Shore und Executive Producer Mike Listo. Mit Steven DePaul hat man außerdem auf Erfahrung auf dem Regiestuhl gesetzt, mit Néstor Carbonell außerdem jemanden inszenieren lassen, den wir sonst eigentlich als Schauspieler kennen, zum Beispiel aus „Lost“ oder aus „Bates Motel“, wo er ja schon mit Freddie Highmore zusammengearbeitet hat.
The Good Doctor Staffel 4 – wie geht’s weiter?
Die wichtige Nachricht ist natürlich – es geht weiter! Und tatsächlich verabschiedet hat sich ja nur Dr. Melendez. Showunner David Shore hat bereits bestätigt, dass alle anderen Figuren weiterhin eine Rolle spielen werden, in manchen Fällen allerdings keine so dominante mehr wie bisher. Ich würde es begrüßen, wenn man etwas frischen Wind in die Serie bringt – zum Beispiel durch neue Charaktere. Das könnten neue Assistenzärzte sein, die angeleitet werden müssen, oder natürlich auch die Corona-Pandemie, die man ja durchaus auch im Krankenhaus thematisieren würde. Corona ist auch schon das Stichwort: Normalerweise würde die staffel ja im September anlaufen, offen ist allerdings noch, ob bis dahin auch überhaupt produziert werden kann.
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