Down under also: Dorthin verschlägt es offensichtlich nicht nur Kevin Garvey, sondern dorthin hat es auch seinen Vater verschlagen. Folge 3 widmet sich komplett dessen Schicksal in Australien – mit einigen glänzenden Momenten. Und in Folge 4 kommt sein Sohn hinterher – ebenfalls mit klasse Einfällen und verwirrenden Momenten aus der besten Zeit der ersten und zweiten Staffel.
Los geht’s mit dem Senior. Der hat die Ureinwohner Australiens für sich entdeckt und bezeichnet sich selbst als einen. Als er von der Polizei aufgegriffen wird, gibt er als Grund für seinen merkwürdigen Moment, eben die Apokalypse verhindern zu wollen,um die Welt zu retten. Seine Momente mit dem Cassettenrekorder an seiner Seite gehören wirklich zu den tollen Momenten der noch jungen Staffel. Wie er in Erinnerungen festhängt, wie ihn sein Sohn mit Aufnahmen von 1981 begleitet – das hat schon etwas Berührendes.
Als einen großen Moment kann man dann auch sein Zusammenbruch unterm Kreuz bezeichnen. Stark gespielt und toll inszeniert, wenn er Richtung Sonne blinzelt, am über ihm thronenden Kreuz vorbei, dazu die choralen Klänge des Traditionals „Rocking Carol“. Queen-Fans merken kurz auf, nicht nur wegen des Refrains „We will rock you“, sondern weil ihnen genau dieses Traditional als Intro eines Brian May-Soloalbums vorgekommen sein dürfte. Nice!
Am Ende schließt sich dann der Kreis zum Ende von Folge 2 und wir bemerken, dass es sich offensichtlich um einen zeitlich parallelen Handlungsstrang zu den Folge 1 und 2 handelt.
Folge 4 schließt dann ebenfalls an Folge 2 an, erzählt aber den Weg des Juniors nach Australien. Man ahnt es früh: Es wird eine Leckerbissen-Folge für Fans von Justin Theroux werden. Er spielt den Kevin Garvey wieder ganz außerordentlich – in der Szene im Hotelzimmer zum Beispiel, wenn er meint, Evie erkannt zu haben. Oder on location in Melbourne, wenn er Evie gegenübertritt (was ist das eigentlich für ein cooler Hinterhof?). Oder dann später in der Bibliothek – alles ziemlich gut gespielt. Sein Wandel von der überzeugten Haltung, Evie gesehen zu haben, zur Erkenntnis, dass es sich nur um eine Wahnvorstellung handelt, ist schon richtig gut erzählt. Den Wandel spürt man sogar als Zuschauer, weil man zunächst selbst total überzeugt davon ist, Evie zu sehen. Kevin Garvey landet mit uns schließlich in vollkommener Konfusion: Er hat gerade Nora verlassen, der Feueralarm im Hotel geht an, irgendjemand spricht von Explosionen, dann taucht sein Vater auf – alles total verwirrend.
Die Geschichte mit Nora fällt dabei leider etwas ab. Die Story zündet nicht so richtig, obwohl sie ordentlich Potenzial hatte. Ich hoffe, da setzt man nochmal an und bessert nach.
Insgesamt aber wieder zwei sehr überzeugende Folgen. Schön war die Aufteilung, in der einen Folge erst die Geschichte des Vaters zu erzählen, dann die des Sohnes. Ich mag die Weiterentwicklung der ursprünglichen Story, die ja eigentlich nach der ersten Staffel schon abgeschlossen war. Dass das nicht immer gut geht, hat „Wayward Pines“ bewiesen. Hier triebt Damon Lindelof die Story behutsam voran und entwickelt vor allem die Charaktere in gewohnt starker Manier, wie einst bei „Lost“.
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