Die sechsteilige Mysteryserie „The Living and the Dead“ startete letzte Woche in der BBC und strahlte am Dienstag seine zweite Folge aus. Beide habe ich mir jetzt mal angeschaut und ich bin vorsichtig begeistert. Zudem überzeugen die beiden Hauptdarsteller und die Serie deutet eine interessante Metaebene an. Leider für meinen Geschmack und für den frühen Stand der Serienausstrahlung etwas zu deutlich.
Aber nicht wirklich „schlimm“. „The Living and the Dead“ scheint eine tolle Serie zu werden.
Handlung
Nathan Appleby und seine Frau Charlotte führen den elterlichen Besitz der Applebys nach dem Tod von Nathans Mutter weiter und versuchen auch mit modernen Mitteln, die Schulden, die auf dem Anwesen liegen, nach und nach tilgen zu können um das Anwesen auch für die Bauern und Bediensteten zu erhalten. Dabei stellt sich Charlotte als die resolutere und handwerklich geschicktere heraus. Von ihr stammt auch das Kapital für die moderne Dampfmaschine, die vieles einfacher machen soll.
Nathan selbst ist Psychologe, der seine gut gehende Praxis in London aufgegeben hat um das elterliche Anwesen zu retten. Sein Spezialgebiet sind Patienten mit Wahnvorstellungen und anderen „übernatürlichen“ Gebrechen. Er selbst glaubt nicht so recht an Geister und das Übernatürliche, allerdings ist er seinen Patienten gegenüber sehr aufgeschlossen.
Kaum ist Nathan wieder zuhause beginnen komische und beunruhigende Ereignisse die Applebys und ihre Bediensteten und Bauern heimzuholen. Das erste Opfer ist Nathans Mutter, die nicht eines natürlichen Todes stirbt. Es wird im halbdunklen angedeutet, dass eine nicht näher ausgeleuchtete Person zumindest im Raum war und sich auf die eh schon kranke Mutter zubewegte. Das wissen aber nur wir Zuschauer. Auch die letzten Worte sind uns bekannt, er oder sie soll ihren Sohn in Ruhe lassen. Es sah nicht so aus, als wäre sie überrascht oder gar panisch.
Die weiteren Ereignisse haben mit der besessenen Tochter des Pfarrers zu tun sowie dem Sohn einer der Bäuerinnen, der tote Kinder sieht, die ihn überreden, ihnen in eine alte Kohlemine zu folgen.
Nach und nach wird angedeutet, dass die Ereignisse etwas mit der Familie Appleby zu tun haben müssen. Auch der Tod Gabriels, dem Sohn Nathans mit seiner ersten Frau, fällt wohl darunter.
Anfangs versucht Nathan die übersinnlichen Eindrücke der Tochter des Pfarrers und des Sohnes der Bäuerin psychologisch zu erklären.
Dann aber sieht er selbst auch eine Erscheinung, die er nicht erklären kann.
Meinung
Bevor ich auf den letzten Satz näher eingehe – jemand der nicht vollständig gespoilert werden möchte, darf jetzt gerne einen anderen Beitrag auf sAWE.tv lesen – muss ich zunächst einmal ein paar lobende Worte für Colin Morgan und Charlotte Spencer finden.
Die beiden geben ein sehr sympathisches Paar ab, bei der die Chemie absolut stimmt. Zudem gefällt mir, dass Charlotte, also die Figur, sehr ebenbürtig auftritt und sehr modern denkt. Aus heutiger Sicht würde man jenes Ehepaar als gleichberechtigt bezeichnen, für jene Zeit (1896) natürlich etwas besonderes. Sehr lustig anzusehen, wie Charlotte, eine professionelle Fotografin (hauptsächlich reiche Tiere reicher Menschen) in der ersten Folge erotische Aufnahmen von beiden aufnehmen wollte – für den Tag, wenn beide alt und schrumpelig sind.
Bei beiden Darstellern würde ich sogar Colin Morgan noch etwas herausheben. Ich mag seinen einfühlsamen und nachdenklichen Nathan. Wenn man nicht so genau hinschaut, könnte man in Verbindung mit der Frisur auch denken, dass die Hauptfigur hier von Ben Whishaw gespielt wird.
Das meine ich mehr als positiv. Wer meine Beiträge hier schon etwas länger verfolgt, weiß, dass Whishaw einer meiner Lieblingsschauspieler ist.
Der zweite große Star ist die Landschaft und das Setting in Verbindung mit der Kamera und dem Score. In vielen Situationen wird allein dadurch eine tolle, mystische und spannende Stimmung aufgebaut. Teilweise auch sehr old school. Auch wenn die Kamera in diesen Situationen mehr mit uns Zuschauern spielt und die old school Mystery/Horrortechniken nutzt, um uns etwas vorzugaukeln. So erwartet man beispielsweise aufgrund der Kameraführung in Verbindung mit der Musik, dass natürlich hinter Fenstervorhängen, die kurz davor stehen, beiseite geschoben zu werden, irgendeine Person wartet. Tut sie bisher nicht.
Die bisherigen zwei Stunden machen wirklich großen Spaß. Die Auflösungen der bisherigen übernatürlichen Ereignisse waren zwar jetzt eher so okay – aber sie waren immer übernatürlichen Ursprunges. Womit wir zum letzten Satz im ersten Teil meines Reviews kommen.
Am Ende der ersten Episode folgt Nathan Geräuschen und einem Lichtkegel in seinem Haus. Er trifft dabei auf eine Frau, die ein leuchtendes Buch in ihren Händen hält. In der Mitte der zweiten Episode als Nathan nach Charlie, dem Sohn der Bäuerin, sucht, bewegen sich sehr schnell zwei Lichter auf ihn zu – um kurz vor ihm zu verschwinden. Er befand sich dabei auf einem Waldweg.
Übernatürliche Phänomene? Aus heutiger Sicht wohl eher nicht. Man konnte es nicht zu 100% sehen – ich habe aber nur einen Restzweifel von 2% – dass in der ersten Episode die Frau ein Tablett in der Hand hielt und mindestens genauso überrascht von Nathan schien wie er von ihr. In der zweiten Episode sollten die beiden Lichter zu einem Wagen gehört haben.
Das nährt in mir die Erwartung, dass wir hier eine Art „The Sixth Sense“ Geschichte haben. Also das nicht nur Nathan etwas mit übernatürlichen Ereignissen zu tun hat, sondern das er selber eines ist. Für Menschen aus unserer Zeit. Das dürfte dann die Metaebene der Serie darstellen, der Unique Selling Point. Und ein sehr interessanter und spannender dazu.
Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass man dies in den beiden ersten Folgen noch etwas schwächer andeutet und nicht ganz so „offensichtlich“. Aber sicher kann man dennoch nicht sein, was hier eigentlich vor geht.
Alles in Allem ein ganz anderer Ansatz als ich erwartet hatte. Gefällt mir bislang echt gut, schauen wir mal was sie mit der Metaebene machen werden, hoffentlich lösen sie dies akzeptabel auf.
Wir haben ja nur noch vier Folgen.
Bilder: BBC
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