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Der Ruf der Wildnis

Review: The Night of S01E08 – The Call of the Wild

20. November 2016, 19:45 Uhr
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„The rush to judgement against Nasir Khan began at the 21st Precinct at 4:45 a.m. the night of, and ended 10 seconds later when he was tackled to the floor.“ – John Stone

Da ist sie nun, die letzte Folge der HBO-Miniserie The Night of. Bekommen wir das Ende, das wir uns von Beginn an erhofft haben oder werden wir enttäuscht? Was kann uns jetzt überhaupt noch zufrieden stellen?

Die Episode beginnt mit einem Gespräch zweier nun ehemaliger Kollegen von Box. Einer von ihnen meint zu wissen, was in Serien zieht und was auf dem Markt keine Chance hat. Eine Serie über einen Cop „who doesn’t give a sh*t“ wäre wirklich originell. Box, der das Gespräch mit einem Drink in der Hand mithört, verlässt das Lokal. Erwischt? Darf er der Cop sein, dem am Ende des Tages alles egal ist? Oder spielt das mit Antritt seiner Rente jetzt eh keine Rolle mehr? Mir hat diese Selbstreflexivität der Serie als Einstieg in die letzte Folge extrem gut gefallen.

Der Prozess

Der Prozess geht weiter und weiter. Und nun sagen endlich mal die wichtigen Personen aus – nämlich die, die selbst nicht die reinste Weste haben. Da hätten wir beispielweise Trevor Williams, der sich erst weigern will auszusagen, dann aber doch ein bisschen was von sich gibt und mit seiner ungewönlichen Körpersprache und Ausdrucksweise gut unterhält. Dann wäre da noch Duane Reade, der Naz in der Tatnacht einen ziemlich aufgeladenen Blick zugeworfen hat. Wie sich herausstellt, bringt er schon so manche Vorstrafen mit sich. Was ihn in der Tatnacht dazu veranlasst hat, sich ein Starrduell mit Naz zu liefern, bleibt sein Geheimnis. Weiter geht es mit dem furcheinflößenden Bestatter, der auch kein Alibi für die Tatnacht hat. Es bleibt: Andreas Stiefvater, der bereits zum nächstmöglichen Zeitpunkt nach Andreas Tod mit Glockenschlag der Eröffnung der Behörden das ihm zustehende Geld aus dem Nachlass von Mutter Cornish abholte. Einige von ihnen haben einen Funken von Motiv, manche schon eher ein Sprühfeuer, doch keiner dieser Männer passt so richtig in diesen Fall. Chandra will Naz in den Zeugenstand rufen.

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Obwohl Stone dringend davon abgeraten hat, kommt es so. Chandra befragt Naz und wir sehen erneut, dass er zwar nicht die Unschuld vom Lande ist, doch diesen Mord nicht begangen haben kann.

„Did you kill her?“ – Chandra
„No.“ – Naz

Doch dann ist die Klägerseite an der Reihe. Helen Weiss tritt ungewöhnlich nah an Naz heran und nimmt ihn auseinander. Sie stellt ihn bloß, drängt ihn in die Enge, verunsichert ihn. Sie befragt ihn nach seinen sexuellen Vorlieben, zeigt ihm mit aller Deutlichkeit seine Fehlentscheidungen aus der Tatnacht auf und geht sogar so weit, seine Religion mit ins Spiel zu bringen. Was bleibt? Eine lange auf sich warten lassende Antwort.

„Did you kill her?“ – Helen Weiss
[unerträglich lange Pause]
„I don’t know“ – Naz

Das Ergebnis? Chandra weint und Stone sieht die Chance auf einen Freispruch endgültig verstrichen. Doch es weiß ja niemand, dass Box, der seinen (gerade erst gestarteten) Ruhestand nicht leiden kann, eine neue Spur verfolgt. Mithilfe der Überwachungskameras, mit der gefühlt jede Ecke der Öffentlichkeit ausgestattet ist, sehen wir die Aufzeichnung einer Auseinandersetzung zwischen Andrea und einer weiteren Person, von der sie sich danach verfolgt gefühlt hat, die wir jedoch nicht erkennen können. Ist das der Schlüssel?

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Box findet einige interessante Tatsachen heraus und hat nun die starke Vermutung, dass der Mörder von Andrea Cornish ihr Finanzberater und Lover Raymond Hale ist. Er wendet sich mit den Indizien an Helen Weiss, deren Antwort meine gerade neu entfachte Hoffnung im Keim erstickt.

„We’ve got more on the kid.“

Ernsthaft? Sofort steigt die größte aller Fragen in mir auf: Geht es in der Realität wohl in manchen Fällen wirklich so zu? Da wird einem ja schlecht. Und dann sieht es noch schlechter für Naz aus. Der Kuss zwischen ihm und Chandra ist natürlich nicht ungesehen geblieben (smile, you’re on candid camera). Sie wird vom Fall abgezogen, darf nur noch als Zuhörerin mit in den Gerichtssaal kommen. Und wer übernimmt nun? Natürlich jemand, dem es niemand zutraut, am wenigsten er selbst. Endlich ist der große Auftritt von John Stone gekommen.

Die Plädoyers

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Helen Weiss hält ihr Plädoyer, ist aber nach den plausiblen Informationen, die Box zutage gebracht hat, selbst nicht mehr überzeugt von der Schuld des Angeklagten. Und dann ist er an der Reihe: Der durch Stress und Druck am ganzen Körper von Ekzemen gezeichnete Stone richtet sein ehrliches Plädoyer an die Jury. Zunächst zählt er alle Verbrechen der Tatnacht auf, vom Diebstahl des Taxis bis zum illegalen Drogenkonsum. Und dann legt er das große Versäumnis der Klägerschaft, des Staates, auf den Tisch: Obwohl es so viele andere Personen gab, die ein Motiv hatten oder zumindest einen Teil zur Aufklärung des Falles beisteuern hätten können, machte auf ihrer Seite keiner Anstalten, weitere Ermittlungen als die gegen diesen einen jungen Mann durchzuführen. Und mit seinen abschließenden Worten bringt er sogar sicht selbst zum Weinen.

„The night Naz was arrested, he lost a lot. He lost his freedom to return home to his family, to his school, to his night job that helps pay for that school. But what he didn’t lose, and what none of us can lose, were his Constitutional rights to an attorney, to a fair and impartial trial by you, his peers, and to the presumption of his innocence beyond a reasonable doubt. We hear that term a lot. But what does it really mean, huh? What’s its definition? It doesn’t have one. It’s what we think, and as much as what we think, what we feel. And what we feel and what you feel will determine what happens to the rest of this young man’s life. Thank you.“

Das Urteil

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Das Urteil lässt auf sich warten, die Bekanntgabe wird verschoben und schließlich … ergeben sich die Geschworenen. Sie können keine Entscheidung verkünden. Sie ergeben sich, denn niemand unter ihnen wird seine Meinung durch weitere endlose Diskussionen ändern. Sechs Stimmen für Naz‘ Schuld – und sechs Stimmen für seine Unschuld. Was das bedeutet? Dass Helen Weiss nun entscheiden muss, ob sie den Fall mit neuen Geschworenen wieder aufnehmen möchte. Und sie sagt … nein.

„You’re free.“ – John Stone

The aftermath

Naz‘ Weg aus dem Gefängnis ist purer Nervenkitzel. Nicht so wie in einem Horrorfilm, in dem man erwartet, dass der Killer sein auserkorenes Opfer doch noch am Fuß packt. Aber ähnlich. Alles passiert unheimlich langsam und ich werde das Gefühl nicht los, dass hier gleich noch etwas passiert. Irgendetwas, dass Naz daran hindert, das Gefängnis (lebend) zu verlassen. Am Ausgang wartet etwas auf ihn. Der Ruf der Wildnis.

90 Minuten lang schleichen wir uns durch das Finale von The Night of. Schon zu Beginn sehen wir eine sehr langsame Schnittfolge ziemlich redundanter Motive. Die Musik wird in dieser Folge spärlich eingesetzt und dann zumeist auch noch sehr unterschwellig, kaum wahrnehmbar, teils sogar weniger noch als das Ticken einer Uhr. Ist ’nüchtern‘ vielleicht das richtige Wort, um diese Episode zu beschreiben?

Das Finale nimmt sich Zeit. Zeit für beide Seiten. Ich habe mich vor Beginn der letzten Folge gefragt, ob der Fall aufgelöst werden wird und diese Frage für mich mit ’nein‘ beanwortet. Und irgendwie ist es auch so gekommen. Naz ist frei, kommt aber mit seinem alten Leben plötzlich deutlich schwieriger zurecht, als mit seinem Leben im Gefängnis, in dem er sich gerade einen hohen Stellenwert erkämpft hat. Und der neue Verdächtige wird nun nach Abschluss der Verhandlung doch noch ins Visier genommen.

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War Naz es also? Nein, vermutlich nicht. Hat Raymond Hale Andrea Cornish umgebracht? Ja, vermutlich schon. Aber wissen wir es? Bis auf ein paar der bereits zahlreiche Male gesehenen Rückblenden und Wiederholungen des Abends sehen wir nicht, was sich wirklich ereignet hat. Toll ist aber die Inszenierung, die uns Ray erst nach verstrichener Zeit deutlich als Andreas Finanzberater erkennen lässt. Haben die Macher hier darauf gebaut, dass die Mehrheit der Zuschauer den Namen nicht mehr der Person zuordnen kann?

Auch wenn mich die Dummheit Chandras, als Naz‘ Anwältin Drogen ins Gefängnis zu schmuggeln, und Naz‘ Bad Boy-Getue á la „ich-lass-mir-noch-mehr-Tattoos-stechen-die-mich-gut-dastehen-lassen“ echt gestört haben, war diese Episode für mich mit dem Auftakt der Serie die stärkste. Mir hat die langsame Erzählung und die gleichzeitige Unruhe der Ereignisse sehr gefallen – auch wenn das Ende wirklich nicht zufriedenstellend ist. Naz altes Leben ist vorbei. Und Stones? Bei dem scheint sich nicht viel geändert zu habe. Bis auf einen Kleinigkeit.

„Oh, we got your Viagra now.“ – Apotheker
„I don’t give a f*ck anymore.“ – John Stone

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Auf der nächsten Seite findet ihr die Gesamtübersicht inklusive Bewertung zur Staffel bzw. Serie.

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Sonntag, 20. November 2016, 19:45 Uhr
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