Am 18. Oktober ist die mittlerweile fünfzehnte Adaption der britischen Comedyserie „The Office“ angelaufen. Dieses Mal führt es uns nach Downunder, wo es erstmals in der Geschichte des internationalen „Franchises“ eine Chefin zu sehen gibt (Trailer). Auf Amazon Prime Video sind auch hier in Deutschland alle acht jeweils gerade mal rund 20 Minuten langen Episoden verfügbar. Dass die Serie weltweit außer in den USA über Prime Video vertrieben wird, ist in gewisser Weise ironisch, fühlt sich die australische Neuauflage doch teilweise stark wie eine Kopie der US-Version an.
Felicity Ward ist Hannah Howard
Comedienne und Schauspielerin Felicity Ward übernimmt in „The Office“ (AUS) die Hauptrolle der Hannah Howard, Geschäftsführerin eines Standortes der Verpackungsfirma Flinley Craddick. Immerhin von Papier zu Pappe hat man das US-Pendant abgewandelt. Rein inhaltlich darf man auch noch nicht mal überkritisch sein, da keine Handlungsstränge 1:1 kopiert werden, wie beispielsweise im US-Piloten, der mehr oder weniger eine exakte Kopie des UK-Originals darstellt. Die US-Variante wurde vor allem dann richtig stark und zum TV-Kult, als sie sich abnabeln und frei entwickeln konnte. Beim australischen Pendant hat man das Gefühl, man möchte dieses mittlere Stadium der Erfolgsserie direkt abbilden.
Grundsätzlich funktioniert das auch gar nicht schlecht. Es gibt ausgefallene Charaktere, nahbare Charaktere, cringy Momente, aber auch ein bisschen was fürs Herz. Dazu eine modernere visuelle Aufmachung, auch wenn im Mockumentary-Setting natürlich wenig Raum für Bildgewalt steckt. Das transportiert insgesamt schon das gute alte „The Office“-Feeling. In einigen Momenten aber auch zu sehr und zu gewollt, wirken etliche Figuren und deren Verhalten wie Ersatz-Charaktere für US-Pendants.
Allen voran Chefin Hannah Howard. Es wirkt, als habe Felicity Ward alle US-Staffeln nochmals intensiv studiert, um Grimassen und Sprachmuster von Michael Scott zu erlernen. Das ist mir persönlich viel zu nah dran. Das wird vor allem dann traurig, wenn man bemerkt, dass die kleinen Momente der zufälligen Weisheit und des irrwitzig zustande gekommenen Erfolges gar nicht bis kaum gegeben sind. Vor allem aber hat mich gewurmt, wie offenkundig inkompetent Howard auch ziemlich zügig gegenüber ihrer direkten Vorgesetzten ist. Andere Chefs á la Bernd Stromberg waren oftmals das Abbild derer, die sich an der Wahrnehmung der Vorgesetzten vorbei irgendwie auf ihre Position geschummelt bekommen haben und dort werkeln konnten.
Es ist aber auch nicht alles schlecht, auch nicht an Hannah Howard, die definitiv ihre Momente hat. Auch merkt man, dass seit dem US-Finale einige büroseitige Entwicklungen aufgekommen sind, wie Home Office und Videocall-Hintergründe, die man wunderbar verarbeiten kann. Edith Poor als Lizzie ist natürlich komplett überzeichnet aber wunderbar creepy, alleine in ihrem Gesichtsausdruck. Pam und… Äh, ich meine natürlich Greta und Nick sind äußerst charmant und wirken so unnormal normal in dem Setting der Büro-Stereotyp:innen. Und ich mag Josh Thompson als den überkorrekten und sehr trockenen HR-Mitarbeiter Martin.
Die Handlung hält zwar ein paar ganz nette Momente bereit, insgesamt ist das aber zu wenig. Es ist zu lahm und vor allem nicht lustig genug. Das mag der Aussie-Humor sein, der nicht ganz bei mir zündet, oder aber schlicht die Tatsache, dass diese Art der Büro-Mockumentary ihren Zenit überschritten hat. Das haben wir alles bereits gesehen und das langsame Tempo funktioniert halt nur noch in den besten Fällen. Weh tut es aber auch nicht, die Serie zu schauen (bis auf einige arge Fremdschäm-Momente, aber selbst in diese Kategorie hat man keine gewaltige Durchschlagskraft entwickeln können, so dass man mit den Figuren mitfühlen könnte).
„The Office“ (Australien) ist nett anzuschauen und mit seinen gerade mal etwa 160 Minuten Laufzeit problemlos durch zu bingen. Viele einprägsame Momente bleiben dann jedoch nicht hängen. Die Adaption ist soweit okay und inhaltlich auch recht originell, fühlt sich aber vor allem in der Charakterzusammenstellung teils sehr nach einer direkten Kopie der US-Version an. Hinzu kommt, dass Humor, Mut und Weite fehlen. Gefühlt hat man nicht einmal die Hälfte der Büro-Belegschaft richtig kennengelernt.
Das momentane IMDb-Rating von 4,4 ist insgesamt aber doch zu hart. Ich bin da eher bei Sechs oder etwas drüber, gehe bei unserer Wertungsskala mal entsprechend auf drei Kronen, da mir dreieinhalb zu positiv vorkommt. Dafür war die Staffel zu kurz und gehaltlos. Vermutlich hat man das aber auch als Testballon genutzt, so dass bei entsprechend positiver Resonanz eine längere zweite Staffel folgen könnte. Es scheint nur so, als würde sich diese nicht einstellen. Fraglich bleibt unter diesem Aspekt auch, ob eine geplante Neuauflage der US-Version überhaupt Sinn ergibt.
Bilder: ©BBCS & Bunya Entertainment / Amazon Prime Video
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