Die erste Staffel von „The Old Man“ hat mich fasziniert. Jeff Bridges tritt gewissermaßen in die Fußstapfen von Liam Neeson, der seit Jahren den „Bad-Ass-Opa“ verkörpert. Jeff steht ihm in nichts nach und ist ebenfalls von niemandem zu stoppen.
Die erste Staffel glänzte zunächst starken Auftaktfolgen, doch gegen Ende flachte die Handlung ab. Trotzdem funktionierte die Geschichte – zumindest für mich – so gut, dass ich die zweite Staffel herbeigesehnt habe. Dieses Hinfiebern wurde natürlich durch den großen Cliffhanger verstärkt: Angela wurde von Faraz Hamzad entführt.
In der zweiten Staffel dreht sich also alles darum, dass Chase und Harold Angela befreien. Die Handlung beginnt in Afghanistan – und hier fühlte ich Enttäuschung. Zwei alte Männer in einem fremden Land, die über alte Geschichten reden, abhängig von viel Glück und Hilfe von außen. Das wirkt irgendwie lahm. Ich finde, Chase und Harold harmonieren nicht wirklich – natürlich sollen sie das auch nicht, denn der Kontrast ist in die Story eingebettet. Trotzdem nerven mich Harolds Kleinkariertheit und Hilflosigkeit, während Chase zu sehr als alter, tattriger Mann dargestellt wird.
Dieses „Tattrige“ legt Chase aber schnell ab, zumindest in Momenten, in denen sich ein Opfer nähert und er seine „Superkräfte“ aktiviert (so fühlt es sich an). Seine Kampfkraft wird allerdings nicht konsequent eingesetzt. Warum er zum Beispiel zu Beginn den Taliban-Spion Omar nicht tötet, ist mir ein Rätsel – Zeit hätte er genug gehabt.
Mehr Zeit wurde stattdessen in Angelas Geschichte investiert. Ich bin ja ein Fan von Alia Shawkat seit „Search Party“. In „The Old Man“ spielt sie Angela, die auf den ersten Blick etwas naiv wirkt, aber – obwohl sie nicht Chase’ leibliche Tochter ist – erschreckend viele Eigenschaften von ihrem Ziehvater übernommen hat.
Auch wenn ihr Handlungsstrang für die Geschichte wichtig ist, hat mir der Teil, in dem sie erst bockig ist und dann mit erweichtem Herzen ihren leiblichen Vater akzeptiert, nicht wirklich gefallen. Emotionen kommen hoch, als Hamzads geschütztes Dorf angegriffen wird und Menschen sterben, doch es bleibt klar, dass dieser Abschnitt am Ende nur ein Nebenschauplatz ist.
Die erste Staffel war am Anfang stark und am Ende schwach – jetzt ist es genau umgekehrt. Der Teil in Afghanistan hätte deutlich kürzer sein können. Denn die Geschichte in den USA ist spannender und ein echter Gewinn für alle, die „Homeland“-Entzugserscheinungen haben (ja, ich spreche da von mir).
Vor allem mag ich Chase und seine Freundin Zoe. Auch wenn ihr Charakter meiner Meinung nach etwas überzeichnet ist. Sie rutscht in die Sache rein und kann sofort mit den Geheimdiensten der Welt mithalten, mächtige Männer um den Finger wickeln und Intrigen spinnen? Das wirkt schon etwas unglaubhaft. Wobei das in der nächsten Staffel vielleicht relativiert wird, denn es gibt Andeutungen, dass mehr hinter ihr steckt.
In jedem Fall sind Chase und Zoe ein Dream-Team. Chase bleibt eiskalt und entkommt selbst aus eigentlich unlösbaren Situationen – fast wie „Batman“ in der 60er-Jahre-Serie, der jede tödliche Falle mit Klugheit und Gadgets überwindet.
Auch wenn Chase überzeichnet ist, ist das genau das, was ich an der Serie liebe. Er ist einfach ein absolutes Bad Ass. Ihm kann niemand entkommen. Selbst der geglaubte Tod seiner Tochter bricht seinen Kampfwillen nicht.
Die „China-Connection“ ist eine weitere Ebene, die mir noch nicht ganz klar wird. Harolds Ex-Frau arbeitet mit dem chinesischen Geheimdienst zusammen. So richtig zur Geltung kommt sie aber vermutlich erst in Staffel 3. Ich vermute, Harold wird von ihr entführt – und Chase wird sie retten müssen. (Anmerkung an mich: Entführungen – ist das das Running-Drama in „The Old Man?“)
Dass Angela am Ende wie ein Phönix aus der Asche die russischen Söldner ausschaltet – na ja, das war etwas zu viel des Guten. Wie sie das schafft, wird uns nicht gezeigt. Auch ihr plötzliches, extremes Selbstbewusstsein gegenüber Chase wirkt überraschend.
Alles in allem hat die Staffel ihre Momente, aber es fehlt die Stringenz. Die Charaktere sind mir oft zu unglaubwürdig. Trotzdem fesselt mich die Serie weiterhin – objektiv kann ich das kaum erklären. Vermutlich liegt es an Jeff Bridges, dessen schauspielerisches Können vieles wettmacht. Insofern freue ich mich auf Staffel 3.
Wie geht es euch mit dieser Staffel?
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