Ja, richtig gelesen. Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Review zur allerersten „The Walking Dead“-Folge. Nach den schrecklichen Produktionen von TWD Season 8 und FTWD Season 4 habe ich mir den Piloten nochmal angeschaut, um zu überprüfen, ob ich eventuell nur ein verklärt-positives Bild der Serienanfänge im Kopf habe oder ob’s da wirklich spürbare Qualitätsunterschiede gibt.
Die erste Folge flimmerte am 31. Oktober 2010 über die Bildschirme, also vor fast genau 8 Jahren. 5,3 Millionen Menschen haben damals in den USA reingeschaut – Rekord für eine AMC TV-Serie. Und die Zahlen hielten sich stabil: Das Staffelfinale am 5. Dezember (es gab nur sechs Folgen) schauten fast sechs Millionen Menschen. Die Idee, Robert Kirkmans Comicreihe als Serie umzusetzen, gab es schon länger. Die Initiative ergriffen hatte letztlich Frank Darabont, der 1999 mit „The Green Mile“ für Aufsehen sorgte. Bei dem (trotz Tom Hanks) starken Film führte er Regie und schrieb das Drehbuch. Das tat er bei „The Walking Dead“ wieder, mehr noch: Er fungierte in Staffel 1 auch gleichzeitig als Showrunner und entwickelte die weiteren fünf Folgen intensiv als Autor mit. Doch nur in der Pilotfolge führte er auch gleichzeitig Regie.
(Einschub: Später kam es dann leider, leider zum Bruch zwischen Frank Darabont und AMC – es heißt, er sei mit dem geplanten Sparkurs von AMC nicht einverstanden gewesen.)
Also rein in die Folge: Wir alle haben die ersten Szenen vor Augen, in denen Rick aus dem Koma erwacht. Was ich nicht mehr im Kopf hatte, ist die Tatsache, dass die Serie aber eigentlich mit Rick startet, wie er an einem Autounfall vorbeikommt und ein verwandeltes Mädchen trifft. Er wirkt vollkommen verstört und erschießt schließlich das Mädchen. Mir ist noch nicht ganz klar, wie diese Szene einzuordnen ist. Ich finde es aber bemerkenswert, dass man viele Staffeln später genau diese Szene mit Carl als Protagonisten so nachgedreht hat – fein.
Zurück zur Krankenhaus-Situation: Rick erwacht und ist erst einmal orientierungslos. Alles ist heruntergekommen und menschenleer. Überall liegen Tote herum, hinter einer Tür lauern offensichtlich verwandelte Menschen. Die ersten Szenen sind schon richtig stark inszeniert. Mir gefällt, wie Frank Darabont mit klassischen Horrorelementen spielt, wie er die Spannung aufbaut, ohne viel zu zeigen, die Zuschauer aber weiterdenken lässt. Auch viele Details stimmen: Die Schrift an der Tür, Ricks Probleme beim Laufen nach der Zeit im Koma, oder die ersten Momente außerhalb des Krankenhaus, mit den Militärfahrzeugen auf dem Hügel.
Ricks erster Weg führt ihn direkt nach Hause, wo er feststellen muss, dass seine Familie nicht mehr da ist. Ehe er sich besinnen kann, wird er K.O. geschlagen – von Duane, dem Sohn von – Morgan. Ich wusste, dass Morgan in Staffel 1 bereits zu sehen war, hatte aber nicht mehr auf dem Schirm, dass er direkt Protagonist in der ersten Folge war. Angst steigt in mir hoch, dass ich bald die typischen Morgan-Sätze „Ich muss das tun“ und „Ich muss es alleine machen“ hören werde. Aber: Erst einmal ergibt sich eine ganz angenehme ruhige Phase, in der sich Rick, Morgan und Duane einfach unterhalten. Frank Darabont nimmt sich Zeit, die ersten Charakterzüge zu entwickeln. Unterbrochen wird diese Phase erst von einem Autoalarm draußen auf der Straße, nachdem ein Walker offensichtlich gegen den Pkw gestoßen ist.
Dann setzt Frank Darabont auf viele tolle visuelle Reize: Nur durch einen Spalt an den zugehängten Fenstern blicken wir hinaus in das für uns noch Unbekannte (dieses Stilmittel wird später in den Anfängen von „Fear the Walking Dead“ noch einmal benutzt). Rick blickt durch den Türspion, und Drabont zeigt das aus einer starken Detailperspektive, sehr dicht am Comic-Style.
Am nächsten Tag wird aus dem Patienten Rick endgültig wieder der Polizist, der sich ausrüstet, um seine Familie zu suchen. Dass diese noch lebt, schließt er in typischer Ermittlermanier aus diversen Indizien in seinem alten Haus. Morgan und Duane bleiben zurück – eigentlich unsinnig, alleine zu bleiben, und ich will schon in das übliche Bewertungsmuster verfallen, bis man erkennt, dass Morgans Handlung hier tatsächlich noch einen Sinn ergibt: Er will mit seiner toten Frau „abschließen“ und bleibt deswegen zurück. Auch sein Hadern in den entscheidenden Momenten ist wieder solide inszeniert.
Im letzten Drittel lernen wir noch einige neue Leute kennen, unter anderem Ricks Familie und seinen Ex-Kollegen. Auch hier legt Frank Darabont wieder Wert auf eine erste Charakterisierung der Personen. Das Zwischenspiel ist schön erzählt, ehe wir wieder bei Rick sind und das für TWD so prägende Bild des in die Stadt reitenden Rick präsentiert bekommen. In Atlanta selbst lernen wir zum ersten Mal kennen, welche Gefahr von den Walkern wirklich ausgeht, eben wenn sie in Massen auftreten. Das Ende ist dann nochmal richtig gut, wenn Rick sich erst selbst töten will, dann aber einen Fluchtweg entdeckt. Im Panzer bekommt er dann nur einen blöden Spruch von jemandem außerhalb des Panzers gesteckt – es ist Glenn!
Spätestens da kommt Wehmut auf, und um noch einmal auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: Ja, es gibt einen Unterschied zwischen TWD Staffel 1 und Staffel 8 – einen gewaltigen sogar. TWD war am Anfang klar und strukturiert erzählt, dazu solide inszeniert, mit teilweise starken Bildern und Perspektiven. Die Dialoge waren sauber angelegt, das Tempo zwischen ruhigen Charakterphasen und temporeichen Actionmomenten wohl dosiert. Logikfehler, unsinnige Entscheidungen, platte Gespräche? Findet man hier nicht. Selbst wenn man der Folge als Bonus zu Gute halten muss, dass es sich um einen Piloten handelt, auf den sicher besondere Aufmerksamkeit gelegt wurde, so muss man doch sagen, dass wirklich Welten das alte und das heutige TWD trennen. Ich kann jedem nur empfehlen, noch einmal mit TWD zu beginnen – es lohnt sich!
Das waren noch Zeiten! Ich bin gespannt, was uns in Staffel 9 erwartet… Back to the roots wäre doch ein schöner Ansatz.
Wobei ich persönlich die erste Staffel in Gänze gar nicht mal soo gut fand. Da war allgemein viel „Endlich haben wir eine Zombie-Serie!“-Gefühl bei. Aber ja, im Vergleich zu dem, was uns zuletzt trotz gestiegenem Budget und so weiter angeboten wurde, war das liebevolle und comicnahe Kost, absolut.
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