Nach dem durchaus gelungenen Staffelauftakt vergangene Woche setzt „The Walking Dead“ das parallele Erzähl-Spielchen rund um den Satelliten fort, wechselt aber die Seiten. Haben wir bis hierhin die Geschehnisse aus der Sicht der Protagonisten-Gruppe erzählt bekommen, diente die Endszene um Carol, Daryl und Alpha als eine Art visuelle Übergabe, bis zu derer wir die jüngeren Geschehnisse auf Seiten der Whisperer nacherzählt bekommen sollten. Aber nicht nur das, es geht nämlich deutlich weiter zurück. Bis zum Anfang von „A und B“.
Sieben Jahre zurückliegend ist Alpha zwar noch nicht Alpha, aber alleine mit Töchterchen Lydia unterwegs. Die will endlich kein kleines Kind mehr und erwachsen sein, sich ihrer Mutter beweisen. Erste „Undercover“-Spielchen unter den Walkern zeigen, dass die Lösungsansätze einst denen unserer Gruppe glichen, ehe sie radikalisiert wurden. In der psychiatrischen Anstalt treffen sie auf Beta, der dort eben noch nicht Beta ist.
„Is he a monster?“ – „We‘re all monsters now.“ (Lydia & Alpha)
Aus der gesummten gegenseitigen Sympathie der Grenzgänger wird ein notgedrungenes Gespräch. Aus „Big Man“ wird „Mr. B“ wird „B“, um dann irgendwann zu „Beta“ zu werden, als die ganze tierische Rudelbildung Einzug halten sollte.
„You must feel, what they feel.“ – „What do they feel?“ – „Nothing.“ (Alpha & Beta)
Parallel wird immer wieder in die „Jetzt-Zeit“ geschnitten. Nicht ganz Jetzt-Jetzt, aber eben in den gegenwärtigen Rückblick. Darin sammeln die Whisperer fleißig neue Walker ein, jedoch erleidet Frances, die Mutter des Babies, das von Alpha in der vergangenen Staffel aufgeopfert worden war, einen Nervenzusammenbruch. Zunächst wird sie von Beta gerettet, nur um daraufhin im Camp als Exempel umgebracht zu werden und den anderen eine Lektion zu erteilen. Alpha lässt Gnade walten, aus Empathie und Muttergefühl. Ungewöhnliche Charakterzüge und es wird ganz gelungen gezeichnet, wie in Beta nach und nach Skepsis aufzukommen scheint.
Frances dreht beim Blick auf einen Walker mit Baby-Tragegurt durch und attackiert Alpha. Frances‘ Schwester bleibt dem Rudel-Regelwerk treu und rettet nicht etwa ihre eigene Schwester, sondern Alpha und wird durch diesen Loyalitäts-Beweis zu „Gamma“ befördert.
Als äußerst gelungen empfand ich den parallel gestalteten Szenenschnitt, der uns damals vs. heute mit getauschten Rollen demonstriert hat. Zum einen drang „A“ in den Flur-Abschnitt von „B“ ein, um ein paar Bilder mit ausgekratzten Gesichtern und einen starken Mann, der sich in vergangenen Gefühlen verworren vorfand, zum anderen dringt „Beta“ und das kleine Heiligtum „Alphas“ ein, das sie für eine mögliche Rückkehr Lydias bereit hielt. Ebenso hat der finale zeitliche Übergang gesessen. Zwar erhält „B“ einen Blick unter die Maske von „A“, uns bleibt der Anblick jedoch zunächst verwehrt. Dafür wird klar, dass Beta das Gesicht seiner verstorbenen Ehefrau zu tragen und keine Sekunde abzulegen scheint. Danach folgen ein paar eher fremdschämige an eine Romanze erinnernde Sekunden, die klar stellen sollen, welch Bindung die beiden zueinander haben, obwohl sie ja eigentlich emotionslos sein wollen.
„We are the end of the world.“ (Alpha & Beta)
Nach der zeitlich klaren Einordnung dank des hinabstürzenden Satelliten wird dann auch der Bogen zur Vor-Folge gespannt. Dieses Mal aus zunächst aus Sicht von Beta, dann aus der objektiv und ausgewogen gestalteten Neben-Perspektive. Visuell und erzähl-strukturell fand ich das durchaus gelungen gelöst.
Exkurse sind immer so eine Sache. An sich feiere ich die künstlerische Freiheit immer und größtenteils ist der Perspektiv-Wechsel auch gelungen. Aber dennoch fehlte mir hier streckenweise die Frische und Dynamik. Da konnte auch das sehr gute Spiel von Samantha Morton nicht immer drüber hinwegtäuschen. Dennoch war es interessant, nicht nur die Geschichte des Zusammentreffens, sondern auch der Namen von Alpha und Beta zu erfahren. Auch wird klar, welche Motivationen noch immer in Alpha schlummern. Eigentlich scheinen die mütterlichen Instinkte noch immer in Takt zu sein, andererseits muss sie gegenteilige Stärke demonstrieren. Eine gefährliche Mischung, die zu wenig Verständnis in der aktuellen Situation um die Grenz-Übertreten fühlen dürfte.
Insgesamt war das dann aber doch eine Ecke schwächer als zum Auftakt der Staffel. Daher bin ich auch ganz froh, dass die Gesichts-Stunde vorüber ist. Jetzt sind wir hinsichtlich aller Gruppen up-to-date und es kann kommende Woche so richtig losgehen.
Bilder: amc
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