Man könnte meinen, „The Walking Dead“ habe sich mal wieder gefangen. Nach den durchaus gefälligen Episoden die vergangenen Wochen gab es auch in der aktuellen Folge mal wieder viel Positives zu sehen. Und das belangt nicht nur die Story, sondern auch die Inszenierung. Geht doch.
Alles beginnt dort, wo es vergangene Woche noch explosiv geendet hat. In einem feurigen Chaos. Vor allem diese ersten Minuten der Folge machen viel Spaß, schaffen sie es doch ganz gut, eine Attacke zwar intensiv aber nicht überspielt darzustellen. Alles bleibt kurz und knackig, dazu dank des großen Lagerfeuers auch größtenteils gut ersichtlich, wobei hier und da gekonnt mit Silhouetten-Optik gespielt wird. Wichtigste Erkenntnisse: Auch Eugene kämpft mal wieder hautnah an der Front mit, viele tote Walker geben einen recht soliden Staudamm für noch untote Walker ab und Judith hat ihren ersten prägenden Moment, als sie erstmalig(?) einen noch lebenden Menschen umbringt. Wenn auch zunächst unwissentlich, das ist im Dunkeln aber auch verdammt undurchsichtig mit diesen Hautmasken, ey… Ihr zweites einschneidendes Erlebnis hat sie mit Earl. Der hat die Kinder Hilltops in Sicherheit gebracht, wurde jedoch gebissen und hat sich selbst den letzten Nagel gesetzt. Dank anscheinend sehr stark Sound-schluckender Teppichvorhänge konnten die Kids – im Gegensatz zum Nickerchen auf dem Schlachtfeld gehaltenen Ezekiel – durchschlafen. Außer Judith, die Earl die letzte Ehre erweist (war der Nagel etwa nicht lang genug?!).
Ach ja, und Magna hat doch tatsächlich überlebt, wer hätte es gedacht?! Also, ich hatte es ja im Review vor Kurzem bereits geschrieben, just saying. Und ich denke auch, dass Connie definitiv noch lebt (auch wenn es etwas seltsam ist, dass sie noch nicht aufgetaucht ist).
Durch den Angriff auf Hilltop geschieht mal wieder etwas, was wir von der Tochterserie „Fear The Walking Dead“ zuhauf kennen: Zersplitterung der Gruppe. So ist Gamma zum Beispiel mit unter anderem Baby Adam unterwegs, das anscheinend bereits ausgebildeter Bauchredner ist, so gut, wie er Schreilaute von sich geben kann, ohne die Miene zu verziehen. Was mir ebenso etwas missfallen hat, ist die Tatsache, dass plötzlich alle eigentlich kampferfahrenen Protagonisten Respekt vor vereinzelten Walkern haben. Da reichen ein, zwei, um einen Weg zu versperren, oder wen zum Rückzug zu bewegen. In solchen Situationen kann man natürlich den Schock-Moment der allgemeinen Situation als Generalerklärung heranziehen, aber diese wechselwirkende Einschätzung der eigenen Stärke war ja schon immer recht inkonsequent ausgelebt in den vergangenen Staffeln. Angedeutet hat sich zudem auch, finde ich, dass Gamma in der Situation umkommt. Der Aufopferungs-Einsatz, nachdem sie einigermaßen ihren persönlichen Frieden (Achievement „Kind nochmal gesehen“ unlocked) gefunden hat, dazu diese „Ha, geschafft!“-Durchatmen-Szene mit dem Blick gen Himmel.
„You. Will. Walk. With. Us.“ (Beta)
Hinsichtlich Beta sind zwei Dinge interessant gewesen diese Folge. Zum einen wurde er von einem Mit-Whisperer an der Stimme erkannt. Also, nicht als Beta, das dürfte auch so klar sein, sondern anscheinend bezüglich seines Vor-Apokalypse-Ichs? Zumindest könnte das erklären, weshalb er normalerweise derart kurzatmig und dunkel-grollend Halbsätze von sich gibt. Ich bin gespannt, was da noch aufgelöst werden wird.
Zum anderen scheint er Angst um seinen Status in der Gruppe zu haben, da Negan sich erstaunlich fix in der Gunst Alphas hoch geschlafen gearbeitet hat. Jedenfalls lässt er ihn ein paar verstreunte Walker abschlachten. Negan findet wenig Gefallen an dieser Unterforderung, dafür aber Lydia.
„I may not be hip on the whole Greek alphabet…“ (Negan)
Ich hatte mich direkt etwas gewundert, weshalb er Lydia irgendwo postiert hat, anstatt sie direkt zu Alpha zu schleppen. Und dann, dass das alles so lange dauert. Verdammt lange. Er schlendert mit Alpha, die eigentlich ihr größtes Ziel zum Greifen nah hat, im seichten Dialog durch den Wald? Stets im Gegenschnitt das hektische Befreiungs-Treiben Lydias verfolgend – da war bereits was im Busch. Natürlich war der Gegenschnitt mit den beiden Holzhütten grundsätzlich smart gemacht, aber mir war das zu langatmig inszeniert, wodurch die Überraschung ein bisschen flöten ging. Dass Negan gegen Alpha vorgehen würde, war mir eh klar, zumal er kurz vor dem Türöffnen bereits zur Waffe greift. Da dachte ich mir, dass er Alpha hinterrücks angreift, während die wenig umsichtig ihre Tochter ins Auge fasst. Naja, knapp vorbei.
Dennoch macht Negan im Endeffekt genau das, was so ziemlich alle vorhergesehen hatten (Comic-Lesende ja sowieso wissend…). Auch Carol. Die hat sich derart wissend am Ende positioniert, dass man davon ausgehen kann, dass die Befreiung Negans durch sie und die damaligen Worte durchaus ernst gemeint waren. Damit dürfte Negan sich seinen Status ein bisschen reinpoliert haben.
„Took you long enough!“ (Carol)
Das war gut. Sogar teilweise richtig gut. Vor allem Anfang und Ende haben mir sehr gefallen. Zwischendrin gab es die angedeuteten kleineren Ungereimtheiten, aber im Vergleich zu teils krassen Fehlern der „The Walking Dead“-Vergangenheit ist das ja beinahe vernachlässigbar. Die Episode war jedenfalls kurzweilig und spannend wie selten in den vergangenen Monaten, so dass ich von meiner ursprünglichen 4er-Einschätzung sogar mal auf 4,5 Kronen zu gehen wage. Auch, weil endlich mal wieder (halb-)prominente Figuren ihr Leben gelassen haben.
Jedenfalls hat die Folge eine sehr gute Basis für die kommenden finalen Episoden der Staffel geschaffen. Viele Charaktere haben ihre persönlichen „Missionen“ (Eugene bspw.), dazu die allgemeine Entwicklung um die wahrlich kopflosen Whisperer. Und dann hat Carol ja auch noch eine Katana-Scheide(?) gefunden – Michonne haben wir ja auch schon länger nicht mehr zu sehen bekommen. Ich freue mich tatsächlich mal wieder auf eine nächste Folge! Bis dahin – und nehmt euch in Acht vor lästigen Laubfrosch-Walkern!
Bilder: amc
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