Da ist sie also endlich, die eine letzte, finale Folge der Jubiläums-Staffel von „The Walking Dead“. Wobei, so ganz stimmt das ja auch nicht, denn wie ich hier beschrieben hatte, wurde die zehnte Season ja um sechs Episoden verlängert. Die gibt es jedoch erst im nächsten Jahr zu sehen, so dass es zum seltsam anfühlenden Novum mit exakt einer neuen Episode gibt. „A Certain Doom“ (deutscher Titel: „Unter Feinden“) ist aufgrund suboptimalen Timings und durch Pandemie-bedingte Verzögerungen in der Post Production rund ein halbes Jahr später dran als geplant und stellt somit quasi den Auftakt und gleichsam Abschluss des unfreiwillig kreierten dritten Staffelteiles dar. Midseason-Auftakt und -Finale zugleich. Ob die Folge diesem Druck standhalten konnte?
Die große Schlacht
Betas Walker-Armee steht vor der Tür und bildet ein durchaus beeindruckendes Bild aus der Vogelperspektive, die uns an all die gebetsmühlenartig vorgepredigte Untergangsstimmung erinnert, die noch so aussichtlos in der vorherigen Episode geäußert worden war. Aber Gabriel hält dagegen – zumindest nach Außen hin, wenn es um die Motivation eines Kindes geht. „The others“ als fünfter Finger der Faust – dass es sich hierbei nicht einfach nur um guten Glauben an Gottes Werk handelt, sondern die Film-klischeehafte Kavallerie bereits vorhergesagt wird, dürfte spätestens dann für alle Zuschauenden klar geworden sein, als etliche potenziell Rettende auch noch eingeblendet werden. Ein mysteriöser Sensenmann (oder eine -Frau?) sowie natürlich Maggie! Die erhält Nachricht vom Ungemach und wird reaktiviert. Welcome back!
„THIS IS THE END OF THE WORLD!“ – „Begin.“ (Walker & Beta)
„I don’t hate you, for what you did.“ – „You should.“ (Lydia & Carol)
Der gute alte Innereien-Trick kommt mal wieder zur Anwendung, gepaart mit einer Walker-Maske. Also, wirklich einer, denn größtenteils laufen die mit komplett sauberen Gesichtern herum, was etwas seltsam und viel zu auffällig erscheint. Sowohl, was die Walker anbelangt, aber eben auch wegen der Whisperer. Und nur gut, dass die Tür trotz des augenscheinlichen Drucks von Außen nicht nur von Wunderhand aufgeht, sondern auch geöffnet bleibt und die Truppe recht problemlos rausgerät. Und natürlich erwischt es mit Beatrice jemanden, den wir bis dato so gut wie nicht kannten. Und wie Lydia auf die Schnelle exakt in diese dicht besiedelte Situation gelangen konnte, ist wohl lediglich durch ihrer Whisperer-Vergangenheit erklärbar.
„The end is almost here. Our end…“ (Walker)
Und wieder mal dürfen wir einen wundersamen Tageszeiten-Wechsel erleben. Noch während „Burning Down the House“ (anscheinend auf Dauerschleife?) spielt und die Whisperer im Treppenhaus anklopfen, ist plötzlich stockdustere Nacht. Und die bis dato treffsicheren Bogenschützen verteilen punktgenaue Headshots an die als Schild umfunktionierten Walker, nicht aber auf die Whisperer dahinter. Überraschenderweise kommt die eingangs total subtil angedeutete Kavallerie im exakt richtigen Moment, um Gabriel zu retten – wer hätte es gedacht?!
„Hey, shithead!“ (Negan)
Der epische Kampf mit Beta fällt dann doch deutlich kürzer aus, als anzunehmen war. Ist ja nicht so, als hätte man den Hühnen nicht bereits aus den Fenstern heraus erkennen und abschießen können. Aber gut, eine beinahe Gottessohn-hafte Inszenierung muss dann wohl doch noch herhalten.
„Oh shit, you know, who that asshole was?!“ – „Yeah. Nobody.“ (Negan & Daryl)
Carol will sich noch immer selbst bestrafen, wird aber vor dem Abgrund aufgehalten. Sehr plump-bildliche Darstellung ihres Gemütszustandes, aber gut, das haben wir jetzt hoffentlich hinter uns gebracht, wie ein Diskowagen eine Menge ravender Walker. Die stürzen letztlich wie die Lemminge über die Klippe. Bei Tageslicht, versteht sich, was diesen Nacht-Einschub umso unnötiger erscheinen lässt. Sollte das etwa schlicht suggerieren, wie lang und anstrengend und somit episch die Schlacht gewesen sein sollte? Sorry, aber so funktioniert das nicht.
Und Überraschung (nicht!): Connie lebt noch. Wer hätte das gedacht?! Ach ja, richtig – ich und vermutlich so ziemlich jeder TWD-Zuschauer. Die Szene mit ihrer Hand und der Unwissenheit ob des Lebensstatus fand ich aber dann doch ganz nett gemacht.
„Damn, you’re one really horny dude!“ (Princess)
Gerade als ich traurig dachte, wir erhalten dieses Mal doch keine weitere Prise Princess-Würze, haut sie diesen Spruch am Ende der Folge raus. Mit Eugene und den anderen gelangt sie zum Treffpunkt, wo natürlich dann doch noch Leute vom Commonwealth auftauchen. Endlich mal wieder ein neues Kapitel in der „The Walking Dead“-Erzählung!
Zunächst mal war ich dann doch ganz happy darüber, mal wieder eine neue Folge zu sehen zu bekommen. Und insgesamt war sie meiner Meinung nach auch sehr kurzweilig gestaltet. Einige richtig schön inszenierte Aufnahmen gab es zu sehen und etwas ganz Ungewöhnliches: Regen. Den sieht man in der anfangs sehr präsenten Darstellung dann doch eher selten und das hat tontechnisch hier und da zu leichten Problemen geführt. Hinsichtlich der Atmosphäre hat mir das aber durchaus gefallen.
Weniger gefallen hat mir die Handlung. Jetzt nicht per se, aber die Zusammenstellung. Da wurde mir im Vorfeld und in der Folge selbst einfach zu viel künstlerisch aufgebauscht, was am Ende nicht standhalten konnte. Letztlich wurden einige Ideen aus alten Staffeln recycelt, vor allem die Weglock-Musik und das Eigenweide-Parfüm. An sich sind das schöne Rückbezüge, aber das ging dann doch viel zu einfach, vor allem wirkten auch die Whisperer ungewöhnlich ideenlos in ihren Reaktionen. Bis auf die eine Nagel-Granate vielleicht.
Die visuellen Effekte waren in Ordnung, auch wenn die Szenen, die vermutlich für die monatelange Verzögerung gesorgt hatten, stets als jene ersichtlich waren und dann doch recht künstlich gewirkt haben. Ob es die und den Verzug unbedingt gebraucht hätte? Vermutlich nicht. Ich denke aber, man hat das billigend in Kauf genommen und eher kalkulierend darauf gesetzt, dass so ein tolles „TV-Event“ eben viel besser zu vermarkten ist. Dann hätte man es aber auch gerne größer aufziehen dürfen. Aber gut, mal eben in der Pandemie Zusatzmaterial zu drehen und mehr Tiefe in die Handlung zu schreiben, ist eher ein Ding der Unmöglichkeit.
So war das alles in allem durchaus in Ordnung und gefällige TV-Unterhaltung. Aber eben auch nicht mehr. Ich bin jedenfalls froh, dass das mir persönlich deutlich zu sehr in die Länge gezogene Kapitel „Whisperer“ hiermit endlich abgeschlossen ist. Möge die Geschichte um das Commonwealth und das Mysterium um die drei Ringe den Rest der Staffel nochmal ordentlich aufwerten!
Bilder: amc
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