Gefühlt lenken wir seit Wochen auf die Zielgerade der Staffel und Gesamtserie ein, diese Woche sollte es sich dann aber tatsächlich um die allerletzte Übergangsfolge in der Geschichte von „The Walking Dead“ handeln. Dafür war der Startschuss zu laut und deutlich, der am Ende der Folge abgegeben worden ist.
Eines der zuletzt eingeleiteten Themen war die Anklage Eugenes. Nachdem Pamela in den letzten Folgen betont kühl dargestellt worden war, wenn es um den Umgang mit ihrem verstorbenen Sohn hinter den Kulissen ging, kommen die Tränen auf Knopfdruck raus, wenn es ihrer in der Öffentlichkeit bedarf. Als wäre diese Zurschaustellung manipulativer Manieren nicht bereits genug, wird ihr aalglatt-berechnendes Politikerinnen-Dasein noch um eine Prise „Fake News!“ erweitert, um Züge moderner Trump-igkeit in der Politik zu vervollständigen.
Wichtiger für uns und die spätere Handlung ist jedoch, dass Yumiko die für sie schnell als gestellte Farce erkannte Schau-Anhörung nutzt, um die Öffentlichkeit gegen Pamela aufzubringen. Und auch an Mercers Gewissen wird eindringlich appelliert.
„The Commonwealth finds Eugene Porter guilty.“ (Richterin)
Im Gefangenlager wird von unserer Gruppe der Ausbruch geplant, wobei Daryl, Carol und Co. in der Nähe sind und bereits planen, wie sie eingreifen können. Der Beginn dieses Stranges hat mir gar nicht gefallen. Das wirkte mir zu hölzern dargestellt und nicht immer haben mir die Aktionen der Figuren authentisch erschienen.
„You. Me. Down shit tunnel.“ (Daryl in Zeichensprache)
Am schlimmsten fand ich vor allem zwei Dinge. Dass der Ober-Commonwealther-Kommandant da pikante Dinge mit der Wache vor Negan anspricht, wirkt mir zu konstruiert. Das hätte man auch smarter lösen können (so dass Negan das Gespräch z.B. mithört, während er im benachbarten Raum warten muss). Leider wurde auch mal wieder gehörig das Klischee bedient, dass Leute in der Nähe von Wachen offen und laut über ihr rebellisches Vorhaben reden. Das hat mich diese Episode gleich mehrfach aufgeregt.
Gefallen hat mir dagegen der Moment, in dem der Kommandant mit Negan über vermeintliche Leadership-Qualitäten spricht und dieser wissend ob seiner Vergangenheit alles in sich hineinlächelt. Allgemein hat Jeffrey Dean Morgan mal wieder einen guten Job gemacht (trotz der einen oder anderen übertrieben ausgesteuerten Augenbraue…).
„I have known men like him my whole life – hell, I used to be him.“ (Negan)
Das kleine „Negan soll Spitzel spielen, mal schauen, ob er Ezekiel verpetzt“-Spielchen hat bei mir leider nicht zünden können. Das war zu offensichtlich, dass er das nicht machen würde. Letztlich wollte Negan sich selbst opfern. Das Bild der Hinrichtungs-Szene vor der Alexandria-Windmühle hatte schon was für sich. Bis die Ereignisse an Absurdität zunahmen und sich förmlich überschlugen, während die Commonwealth-Leute tatenlos zugeschaut haben. Wären das wirklich die kompromisslosen Bösewichte, die sie mit ihren Schwarz-rot-weißen Symboliken sein sollen, wären da schon längst Schüsse gefallen und niemand da problemlos durch die Reihen geschritten.
Nett fand ich dagegen den Moment, in dem man den Moment, in dem sich alle opfern wollten, um die Erschießung zu blockieren, einfach hat verpuffen lassen. Aber natürlich zögern die Wachen lange genug und lassen sich einlullen, gefolgt vom perfekten Timing von Daryl und Connie. Maggie findet sogar Hershel und alles ist wieder gut. Also, fast.
Die Geschichte, die aktuell noch am wenigsten für sich Sinn ergibt, wäre die um Aaron und Lydia. Okay, wir erfahren, dass Oceanside – analog zu Alexandria – vom Commonwealth eingenommen worden ist. Ansonsten war das aber erneut wenig. Der Moment, in dem sie sich hinter einer Kutsche verstecken, um nicht aufzufallen, war beinahe so unüberlegt, wie in einer kleinen Horde Walker in gigantische Scheinwerfer und Menschen mit Maschinengewehren mitzulaufen. Aber gut, wir wissen jetzt, dass die „Greifer“ in der Serie „Climber“ genannt werden und wohl doch nicht so rar sind, wie wir dachten – immerhin hat einer jetzt Lydias Taschenmesser. #Foreshadowing
Nach all den etlichen Gewissens-Anstachelungen in den letzten Wochen und Monaten dürfte es für die wenigsten überraschend kommen, dass Mercer die Seiten wechselt. Spannend war eh nur noch, wie er es macht. Statt bspw. während des Verfahrens aktiv zu werden oder in einer vermeintlich aussichtslosen Situation einfach mal Pamela zu erschießen, wird eher ein transparenter Weg gewählt. Seine Worte am Ende der Folge haben aber dennoch ordentlich Wirkung entfacht, auch, weil sie den besagten Startschuss und Hoffnung auf ein jetzt endlich startendes richtiges Finale entfachen:
„Time to fuck shit up.“ (Mercer)“
UPDATE: In diesem Fall scheint man jedoch nicht dem Autor:innen-Team huldigen zu können, sondern vielmehr Schauspieler Michael James Shaw, der die Zeile improvisiert haben soll.
Erneut hat die finale Szene nochmal ein bisschen wett gemacht, was zuvor verbockt worden war, aber so recht will ich auch mit dieser Folge nicht warm werden. Dafür war mir das zu viel belangloses Klein-Klein und viele der angedachten Überraschungen haben nicht so richtig gut gezündet. Der Erschießungs-Moment war sicherlich spannend, aber ansonsten hat sich vieles recht leblos angefühlt. Auch ist mir das mittlerweile zu viel pathetisches Moralschwingen – wer hätte gedacht, dass das trotz Fernbleiben von Rick Grimes nochmal derartige Züge annehmen würde?!
Einer der wirklich positiven Aspekte ist das Ende: Mercers Satz als solcher, aber eben auch das Ende des Vorgeplänkels. Jetzt geht es richtig los! Bei lediglich zwei ausbleibenden Folgen ist das auch längst überfällig. Aber zumindest konnte man ein bisschen Vorfreude dazu entfachen, so dass man unbedingt weiterschauen möchte. Bei AMC+ geht das ja bereits…
Bilder: AMC
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