Ich habe die falsche Entscheidung getroffen. Statt das allem Anschein nach wieder erstarkte „Fear The Walking Dead“ zu schauen, wollte ich lieber das neue Spielzeug haben und habe das zweite TWD-Spin-off vorgezogen. Wie Michael, der hier ein Review zur Auftaktfolge veröffentlicht hatte, waren meine Hoffnungen durchaus ausgewachsen. Immerhin hatte sich auch „Fear The Walking Dead“ zu Beginn mit frischer Atmosphäre von der damals etwas eingeschlafenen Mutterserie absondern können. Und bei „World Beyond“ gab es zwar vorab wenig konkrete Vorfreude ob der Handlung, aber gehörig „Stand By Me“-Assoziation. Eine Gruppe Jugendlicher unterwegs durch die gefährliche Postapokalypse – das könnte doch interessant werden?! Entsprechend früh hatte ich auch damals die erste Folge geschaut. Dass es bis jetzt gedauert hat, den Rest nachzuholen, sagt vermutlich schon recht viel aus…
Dass vorab wenig zur Handlung bekanntgegeben worden war, liegt vor allem daran, dass es eigentlich kaum eine gibt. Ganz klar ist der Weg hier das Ziel, was an sich ja auch okay ist, wäre das nicht alles derart offenkundig nach Klischee geschrieben. Und wäre da nicht der alles umschmeißende Twist, der der Handlung komplett die Basis entraubt. Aber dazu später mehr.
Alles verläuft nach Plan
Die ungleichen Schwestern Hope und Iris machen sich mit ihren Nicht-so-wirklich-Buddies Silas und Elton auf eine Mission. Der in Gefahr schwebende Vater soll gerettet werden, letztlich geht es aber um den Erkundungsdrang, ums Erwachsenwerden und vor allem Freundschaft. Awww… Das funktioniert grundsätzlich auch, wobei die Macher halt auch alle paar Minuten betonen, wie wichtig Zusammenhalt ist. Dass jede Figur so seine/ihre eigene Geschichte mitschleppt, wird vor allem zu Beginn streng nach Konzept Folge für Folge abgehakt. Auch wie unterschiedlich die Charaktere sind und doch irgendwie perfekt zusammen passen, und wie viele Zufälle sich genau so ereignen, wie sie es müssten, damit die Entwicklung in Gang kommt bzw. bleibt, ist stets spürbar. Da verläuft halt alles nach Plan, selbst wenn nicht nach dem Plan der Charaktere selbst.
Gefahr und Spannung kommen leider so gut wie nie auf. Allgemein wirken die Walker auch eher als herbeigerufenes Instrument. Soll es mal kurz brenzlig werden, kommen sie in Dutzenden, braucht man sie gerade nicht wirklich, sind keine zu sehen. Die Balance wirkt unrealistisch. Und auch zwischen den Kids hat man meiner Meinung nach zu viele Dinge gleichzeitig bedienen wollen. Hätte man komplett den empathischen „Wir wachsen zusammen“-Weg gewählt, hätte das durchaus ein postapokalyptisches „Stand By Me“ werden können. Aber nein, die Kids werden viel zu früh von ihren Babysittern eingeholt und das große Ganze kommt dem Roadtrip-Gefühl in die Quere.
Denn eigentlich geht es um die „Civic Republic“ und die „Civil Republic Military“ (CRM). Die große Unbekannte, die bereits zuvor mit Helicoptern in „The Walking Dead“ zugegen war. Wirklich viel Aufklärung gibt es in „World Beyond“ dazu auch nicht. Wir wissen nur so viel – die haben viel Strom, wollen unentdeckt bleiben, was ihr Haupt-Locations anbelangt, und sie werden als Böse dargestellt, die einen immer und überall finden.
Our last Hope?
Tja, und dann wäre da dieser „große Twist“ am Ende, der die Kinnladen herunterfallen lässt. Aber nicht etwa vor spektakulärer Erkenntnis positiver Art… Als herauskommt, dass Huck quasi als Geheimagentin unterwegs und die Tochter von CR-Anführerin Elizabeth Kublek ist, dachte ich noch, das könnte interessant werden, hatte aber bereits so ein komisches Gefühl. Wieso sollte es denn interessant werden…? Was ist der Sinn dahinter? Und auch, als dieser im Staffelfinale aufgezeigt wird, kann ich euch die Frage nicht wirklich beantworten.
Alles wurde inszeniert. Also das geheime Hilfsgesuch vom gar nicht in Not befindlichen Vater. Damit Hope sich auf den Weg macht. Und die Welt sieht. Aha… Und als wäre diese Begründung nicht bereits dumm genug, immerhin hätte man sie ja auch einfach nach einer Erklärung mal zwei Woche offiziell auf Abenteuerreise nehmen können, die etwas ungefährlicher ausfällt, als diese vermeintliche Todestour, nein, sie wird auch als absolute Superhelding dargestellt. Was „sie ist“ und was „sie hat“ sei so besonders. Und ja, das ist es vermutlich auch, weil ihre Superkraft Intelligenz sein soll. Aber ganz ehrlich – das hätte auch durchaus mal mehr mitbekommen können. Und vor allem ihr Vater, der augenscheinlich auch nur bei ihr selbiges mitbekommen hat. Gab ja wohl nur diesen einen Vorfall mit dem zusammengesetzten Computer, wie soll er auch wissen, dass Iris eigentlich auch recht smart ist und man beide braucht…?!
Ne, die Offenlegung der eigentlichen Grundmotivation der Story hat mich wirklich schockiert. Das war einfach nur komplett dämlich und macht für mich keinen Sinn. Das hätte man auch einfach lassen können und man hätte eine bessere Serie gehabt. Denn bis dahin war ich noch bei milde gestimmten drei Kronen und hatte ob der Tatsache, dass zwar jetzt nicht soo viel Supertolles präsentiert worden ist, aber es hinten heraus zumindest besser geworden ist, sogar kurz überlegt, auf 3,5 zu gehen. Immerhin war es mal was anderes, es wurde die Welt der Walker erkundet und in guter alter TWD-Manier in verlassenen Häusern und Straßen nach Lebensmitteln gesucht – das darf für mich auch gerne mal ruhiger vonstatten gehen, statt mit dieser für viele notwendigen Action-Einlagen. Aber so? Nein, danke.
Auch hatte ich so meine Probleme mit dem Cast. Gut, bei Nico Tortorella mag das daran liegen, dass ich ihn zuvor in „Younger“ gesehen hatte, aber sein Spiel war beinahe so eindimensional drüber, wie das von Annet Mahendru als Huck. Bei den Jugendlichen war das besser, aber auch da fehlte mir die Varianz und Tiefe im Spiel größtenteils.
Tjoa, was machen wir daraus nun? „The Walking Dead: World Beyond“ hatte an sich ein zumindest solides Setup, das aber zu stereotypisch und halbgar umgesetzt worden ist. So richtig den Boden unter den Füßen weggezogen hat die Serie aber dann, als sie ihren eigentlich gewinnenden Twist ausgefahren hat, der derart unlogisch und abstrakt ist, dass man eigentlich gar nichts mehr ernst nehmen kann. Ich wollte bis zur letzten Folge eigentlich gar keinen Verriß schreiben, gab es schon durchaus schöne Momente zu erleben und auch ein paar nette Aufnahmen zu sehen, aber so entbehrt sich die Serie eigentlich jeglicher Grundlage und man fragt sich, ob man als Zuschauer eigentlich wirklich ernst genommen wird?! So bleibt es dann eine leider doch recht langweilige und offenkundig inszenierte Serie, die es nicht unbedingt gebraucht hätte, um die Geschehnisse des „The Walking Dead“-Universums voranzubringen.
2. Staffel „The Walking Dead: World Beyond“
Bereits vor Ausstrahlung war klar, dass es eine zweite und gleichsam letzte Staffel von „The Walking Dead: World Beyond“ geben wird. Viele dürften dem Spin-Off diese Chance vermutlich nicht mehr einräumen, aber wer weiß, welche Bezüge zu „(Fear) The Walking Dead“ dann doch noch geschaffen werden können. Niedrige Erwartungen sind dann ja doch deutlich einfacher zu befriedigen…
Bilder: AMC / Amazone Prime Video
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