Die bildgewaltige, zehnteilige Drama-Serie aus Italien erzählt die fiktive Geschichte von Lenny Belardo, gespielt von Jude Law, der zum ersten US-amerikanischen und mit Anfang 40 auch zum jüngsten Papst aller Zeiten wird.
Die Handlung setzt unmittelbar nach der Ernennung Lennys zum Papst Pius XIII. an. Die Kardinäle erwarten eine leicht zu manipulierende Marionette – doch damit liegen sie falsch! Der neue Papst ist erzkonservativ eingestellt und hat seine ganz eigenen Vorstellungen davon, wie er den Vatikanstaat führen will. Angefangen bei der Verweigerung öffentlicher Auftritte über die Ablehnung gewinnbringender Merchandise-Artikel bis hin zur Exkommunikation homosexueller Priester. Dabei steht ihm seine Ziehmutter Schwester Mary (Oscar-Preisträgerin Diane Keaton), die den jungen Waisen Lenny einst aufgenommen hatte, zur Seite.
Der wortgewandte Kardinal Staatssekretär Voiello (Silvio Orlando) versucht anfangs noch, den Papst zur Räson zur bringen. Dieser holt sich jedoch bei seinen regelmäßigen Gesprächen mit dem Beichtvater Informationen, die ihn die Machtkämpfe und Manipulationen im Kirchenstaat schnell durchschauen lassen. Schon bald stellen sich seine engsten Vertrauten gegen ihren Heiligen Vater und versuchen ihm sogar einen Skandal mit einem jungen Mädchen anzuhängen. Dabei übersehen die Kardinäle aber die Barmherzigkeit, die Pius nach und nach gegenüber den Schwachen und Armen an den Tag legt.
„Ich liebe mich selbst mehr als meinen Nächsten, mehr als Gott. Ich glaube nur an mich selbst. Ich bin der Herr, der Allmächtige. Lenny, du hast dir selbst die Erleuchtung gebracht. Scheiße!“
Dieser Papst ist eine Naturgewalt. Seine Gebete scheinen so mächtig zu sein, dass sie sogar einer unfruchtbaren Frau zur Schwangerschaft verhelfen. Anderseits legt er aber auch unglaublich profane Angewohnheiten an den Tag – er raucht, bricht das Beichtgeheimnis, zweifelt Gottes Existenz an, trinkt Cherry Coke Zero und trägt Flipflops. Dabei bleibt er, anders als die bisherigen Kirchenoberhäupter, im Schatten und vermeidet bewusst, eine mediale Persönlichkeit zu sein.
Bei allen zehn Episoden führte Paolo Sorrentino Regie, der auch am Drehbuch mitschrieb. Der italienische Regisseur erlangte erste internationale Erfolge mit dem Drama Chayenne – This must be the place, worin Sean Penn einen depressiven Rockstar spielt. 2014 gewann er für La Grande Bellezza – Die große Schönheit den Oscar für den besten fremdsprachigen Film.
Ein Kernthema in The Young Pope ist die Einsamkeit, die Papst Pius XIII. als Waise erfährt, und dadurch die Suche nach seinen leiblichen Eltern. Eine interessante Parallele: Während der Papst als Achtjähriger von seinen Hippie-Eltern verlassen wurde, verlor auch Regisseur Sorrentino seine Eltern im Alter von 16 Jahren bei einem Unfall. Vielleicht prägt das Trauma und die Suche deshalb die ganze Staffel.
Bildlich verdeutlicht Sorrentino die Lage des Papstes mit teilweise ungewöhnlichen Mitteln: Zum Beispiel lässt er in verschiedenen Szenen ein Känguru im Garten auftauchen! Wie der Papst ist auch das Känguru ein exotisches Wesen in einer ungewohnten Umgebung. Es sind gerade solche klugen Elemente, die diese Serie sehenswert machen. Manch einer mag sie für zu harmlos oder ruhig halten, aber mir haben gerade die leisen Momente, gepaart mit wunderbar langen Kamerafahrten und hervorragenden Dialogen, besonders gut gefallen.
„Beten sollte keine Liste von Forderungen sein. Es geht mehr um das Verstehen. Während wir beten reflektieren wir auf die erhabenste Weise, die wir kennen, damit uns jemand Gedanken ins Ohr flüstern kann. Wir nennen diesen jemand Gott.“
Das Klingen von melancholischen Geigen wechselt sich mit einem poppigen Soundtrack ab und etabliert den Papst beinahe schon als Rockstar. Mehr zur Musik in The Young Pope könnte ihr auch in Michaels Beitrag nachlesen.
Besonders erwähnenswert ist auch die Titelsequenz, die ab Folge 3 zu sehen ist. Sie ist reich an Subtext mit Kunstgemälden, die von der Geburt Christi über Kreuzzüge bis zum Sturz des Papstes die Geschichte der Kirche von der Entstehung bis heute erzählt.
Obwohl die Serie einen abgeschlossenen Handlungsstrang bietet, ist bereits eine zweite Staffel mit dem Titel The New Pope in Planung. Ob Jude Law wieder mit an Bord ist, steht aber noch nicht fest.
Fazit
Die Serie bietet einen opulenten Einblick hinter die Kulissen und Machtspiele des Vatikans und sollte auch jene überzeugen, die nicht mit dem Katechismus vertraut sind, aber an Themen wie Glaube, Liebe und Intrigen interessiert sind – oder einfach Jude Law mögen.
The Young Pope war im Oktober 2016 auf SKY Atlantic HD zu sehen und ist jetzt auf DVD/Blu-Ray erhältlich.
Bilder: Sky/HBO/Canal+
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