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Tolle Fortsetzung der Amazon-Serie

Review: Transparent Season 3

22. Oktober 2016, 18:55 Uhr
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Kaum eine Serie hat mich im Ansatz aus thematischer Sicht und nach Sichtung der Teaser und Trailer so wenig interessiert wie „Transparent“. Das Thema hat mich irgendwie gar nicht gepackt. Aber irgendwann war ich dann aber doch mit den meisten Sachen von meiner Serien-To Do-Liste durch, und dann hatte ich nach Hinweis von Kira gesehen, dass Dustin O’Halloran für den Score der Amazon-Serie verantwortlich ist; und dann war da auch noch Jonas‘ positiver Serientipp nach der ersten Staffel von „Transparent“, so dass ich dann doch mal auf Amazon reingeschaut habe.

Transparent Season 3 - Official Trailer | Prime Video

Und dan diese erste Folge: Direkt begeistert Dustin O’Hallorans gefühlvolles Intro, was sich im gesamten Score zur Serie fortsetzen wird. Wie selbstverständlich wird man dann von drei Geschwistern Ali, Josh und Sarah nach und nach abgeholt und mit nach Hause genommen zum Vater der Drei, der zu einem wichtigen Essen eingeladen hat, weil er etwas verkünden möchte. Alle vermuten, dass es irgendwas mit Krebs oder so zu tun haben muss, aber es kommt dann doch irgendwie anders. So ganz offenbart sich Familienvater Morton Pfefferman seinen Kindern nicht – aber wir als Zuschauer bekommen’s am Ende präsentiert. Von da an entwickelt sich über neun Folgen eine absolut unterhaltsam und clever inszenierte Story, die merkwürdigerweise vielfach als Comedy präsentiert wird – ist es meiner Meinung nach definitiv nicht.

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Dann die 2. Staffel – mit der absurden Hochzeit gleich zu Beginn, wo die Kamera einfach nur für Minuten auf einer Stelle verharrt und wir Zeuge werden, wie sich die Familie fürs Familienfoto aufzustellen versucht, was natürlich kläglich scheitert, wie fast alles bei den Pfeffermans. Am Ende kommt gar kein Bild zustande, weil der Fotograf aus Versehen Morton als Morton bezeichnet und nicht als Maura, also als Frau, wie sie sich mittlerweile geoutet hat. Dafür bekommen wir tolle Bilder von Jill Soloway präsentiert, die nicht nur Showrunnerin von „Transparent“ ist, sondern auch viele Folgen selbst schreibt und bei einigen Regie führt. Da wäre die Hochzeitsfeier selbst, die in einem Desaster endet, oder die Momente von Ali auf dem Balkon im Hotel, wenn sie selbst nicht weiß, wer sie gerade ist und wo sie sich befindet. Die Staffel wühlt alle Familienverhältnisse enorm auf, es kommt zu großen Konfusionen bei allen drei Kindern, aber auch bei Mutter Shelly Pfefferman. Man könnte meinen, das ist alles von Mauras Veränderung angestoßen worden, doch offensichtlich ist Maura mittlerweile fast schon so etwas wie der ruhende Pol der Familie.

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Das wird auch zu Beginn der 3. Staffel deutlich, wenn Maura mittlerweile wirklich als Maura unterwegs ist und sogar an der Telefonhotline arbeitet, um andere zu beraten. Ihr eigenes Schicksal ist ihr aber noch so präsent, dass sie sich gleich in einen ersten kritischen Fall hineinsteigert, was mit einem Zusammenbruch endet. Dass sie sich in der Folge endlich zu einer vollständigen Umwandlung entschließt, um dann erfahren zu müssen, dass das aus gesundheitlichen Gründen nicht machbar ist, passt haargenau in die Gefühlslage von „Transparent“. Und das Gespräch zwischen dem Arzt und Maura mit der schlechten Nachricht am Ende ist einer der ganz großen Momente von Jeffrey Tambor, der Maura exzellent und zurecht mehrfach preisgekrönt verkörpert. Wie er mit seiner Mimik die Nachricht aufnimmt, erst gar nicht zu verstehen scheint, was der Arzt gerade mitgeteilt hat, und wie er dann resignierend, aber mit einer nicht überraschten Gestik die Nachricht akzeptiert, ist ganz großartig.

Auch die anderen Familienmitglieder versuchen ihr Leben zu sortieren. Vor allem Josh Pfefferman macht dabei einiges durch. Sein Roadtrip zu seinem Sohn mit einer Freundin seines Vater an seiner Seite ist auch einer der bewegenden Momente der 3. Staffel. Oder Raquels Schicksal, an dem sie immer noch schwer zu tragen hat und das sie schließlich emotional total aus der Bahn wirft – ein weiterer starker Moment. Es sind auch immer wieder Überraschungen da, an Stellen, wo man als Zuschauer eigentlich denkt, dass es nicht noch extremer gehen kann. Dabei wird’s nicht abwegig inszeniert, sondern einfach nur noch extremer. Dass Ali zum Beispiel mit ihrer Quasi-Dozentin zusammen ist und diese bei der jüdischen Gemeindefeier urplötzlich einen Streit über Israel und Palästina anfängt – wie kommt man darauf? Einfach großartig gemacht.

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Und dann das Ende der Staffel, ein Shelly-Moment. Sie musste die letzten 3 Staffeln einiges ertragen. Ihr Mann wurde zur Frau, die Beziehungen der Kinder scheitern oder sind schwer zu durchschauen, ihre eigene neue Beziehung endet tragisch – und sie flüchtet sich in einer glitzernde Scheinwelt. Sie startet eine eigene Show im Internet, transportiert ihr Ego nach draußen in die Welt, nur raus aus dem eigenen kleinen, fragilen Mikrokosmos. Alles endet auf einem Kreuzfahrtschiff, wo es kein Entkommen gibt – aber einen emotionalen Ausbruch für Shelly, die allen zeigt, dass sie auch noch da ist: Am Ende steht sie allein im Rampenlicht und singt, vom Klavier begleitet, „Hand in my pocket“ von Alanis Morissette. Nochmal ein großartiger Moment, in dem alle verstehen, welche Kraft und welche Bedeutung Shelly eigentlich hat, als Mensch und als Familienmitglied.

Damit endet eine großartige Staffel, die noch gefühlvoller und intensiver ist als die ersten beiden Staffeln, die definitiv schon begeistern konnten. Jill Soloway hat eine ganz tolle Serie geschaffen, nimmt sich Zeit für die Geschichte und die Entwicklung der Charaktere – und Amazon gibt ihr die Zeit. Sie nimmt einen mit in die Familie, lässt den Zuschauer teil werden und mitfeiern, mitreden, mitstreiten, mitleiden.

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Samstag, 22. Oktober 2016, 18:55 Uhr
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