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Emotional und großartig trotz Softporno-Einlagen

Review: Transparent Staffel 4

16. Oktober 2017, 10:32 Uhr
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Ein kleines Vorwort: Transparent ist wohl die Serie, die ich als Geheimtipp mit am häufigsten empfohlen habe. Geheim ist die Serie natürlich schon lange nicht mehr, aber bei dem riesigen Angebot haben sie dennoch viele nicht auf dem Schirm. Der Hauptgrund dafür, ohne zu viel vom Review zur aktuellen Staffel vorweg zu nehmen, ist, dass es eine Serie ist, die aus dem Rahmen fällt und nur schwer einzuordnen ist. Also, falls ihr noch unsicher seid, ob ihr anfangen sollt oder weiter schauen sollt: Ja, tut es!


Das Ende der dritten Staffel war höchst emotional. Shelly hat ihre Familie und ganz besonders den Zuschauer durch ihre musikalische Darbietung, die ein Seelenstriptease war, mitgenommen und mit feuchten Augen aus der Staffel entlassen. Die neue Staffel beginnt jedoch nicht direkt anknüpfend an diese Szene. Es scheint etwas Zeit vergangen zu sein und der übliche Wahnsinn startet. Das Besondere sind wieder einmal die kleinen Ereignisse, die das Große transportieren. Da wäre zum Beispiel eine deutsch-amerikanische Familie, die im großen Haus der Pfeffermans über Airbnb eingecheckt hat. Der Ehemann fühlt sich durch das Wohnen von Ali im Souterrain gestört und äußert dies auf sehr skurrile Art und Weise.

Reise nach Israel

Kern der Staffel ist die Reise von Maura und Ali nach Israel. Dort entdeckt unsere Protagonistin, dass ihr totgeglaubter Vater gar nicht tot ist und sich dort als reicher Mann ein neues Leben aufgebaut hat. Er ist als „cool guy“, der Klimaanlagen verkauft, bekannt und hat inzwischen eine große (Zweit-)Familie. Interessanterweise steht das Wiedersehen zwischen Vater und Sohn oder jetzt Tochter gar nicht im Fokus. Klar  wird erzählt, wie es dazu kam, dass ihr Vater wegging, aber die Geschichte von Maura wird kaum besprochen. Ihr Vater akzeptiert sie, so wie sie ist, nicht besonders feinfühlig vielleicht, aber eben auch nicht mit Vorwürfen oder Abneigung. Er lädt sogar die ganze Familie nach Israel ein. Shelly, Josh, Sarah, Len und Bryna kommen und sollen das heilige Land und die Familie kennen lernen. Ganz perfekt läuft der Roadtrip natürlich nicht, aber im Vergleich zu anderen Ereignissen verläuft es doch recht ruhig. Einen größeren Teil dieser Story nimmt Ali ein, die sich in eine Aktivistin verguckt, die im palästinensischen Teil des Landes mit anderen Schwulen und Lesben lebt. Der Blick auf die andere Seite ist wichtig für die Serie, schließlich geht es um Akzeptanz und Minderheiten. Israel völlig unkritisch einzubauen, hätte einfach nicht gepasst. Ein Urteil in die ein oder andere Richtung wird natürlich nicht gesprochen, aber es regt zum Nachdenken an. Ali hadert nicht nur mit Israel, sondern auch mit sich selbst. Maura vermutet, dass sie auch Trans sein könnte. Diese Thematik wird jedoch noch nicht beantwortet, in jedem Fall geht etwas in Ali vor.

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Shelly als Mario

Wer gedacht hatte, dass das Ende der dritten Staffel mit Shellys Auftritt hinüber zu ihr führe und sie in den Fokus der Geschichte stellen würde, der irrt. Shelly bekommt auch in dieser Staffel ihre Zeit, aber muss sich, wie so oft, nicht nur in der fiktiven Handlung den anderen unterordnen. Dennoch reicht die Zeit, dass die Familie endlich davon erfährt, dass sie als Kind missbraucht wurde und dies der Hintergrund für ihre musikalische Geschichte war – und eben nicht der Umgang mit einem Ehemann, der sich im falschen Körper gefangen fühlt. Besonders schön an Shellys Geschichte in dieser Staffel ist ihr Alter Ego namens Mario, den sie in einem Improvisationstheater entwickelt. Shelly blüht dadurch auf, auch wenn sie etwas übertreibt und Josh in den Wahnsinn damit treibt.

Dreiecksbeziehung

Ebenfalls eine Überschrift wert ist die seltsame Dreiecksbeziehung zwischen Sarah, Len und Lila. Erstens haben sich Sarah und Len endgültig arrangiert. Auch wenn der Titel Ex-Husband noch ein paar Mal fällt, sind sie eindeutig wieder zusammen. In einer Selbsthilfegruppe trifft Sarah auf die frühere Lehrerin ihrer Kinder, Lila. Sie findet sie sofort heiß und malt sich erotische Abenteuer aus. Schon in diesen kurzen Phantasieszenen artet Transparent zu einem kleinen Softporno aus. Mich wundert es auch, dass die Schauspielerin der Lehrerin, Alia Shawkat, bekannt unter anderem aus Search Party, sich hier so offen zeigt. Nacktszenen sind oft in Transparent zu sehen, doch hier legt die Serie eine Schippe drauf. Sarah und Len entscheiden sich in Israel dafür, dass sie dieses Dreieck auflösen und sich wieder ganz auf sich konzentrieren wollen – doch das klappt natürlich nicht. Und ganz am Ende, Sarah ist in Len (!), er wiederum in Lila, kommt es dazu (im wahrsten Sinne des Wortes), dass sehr wahrscheinlich Lila von Len schwanger wird. So kann man es zumindest deuten und würde diesem Gebilde die Krone aufsetzen. Da kann man sich schon einmal auf Staffel 5 freuen.

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Melancholische Übertreibung

Was bleibt von der Staffel? Ich würde es melancholische Übertreibung nennen. Der Gedanke, dass Ali jetzt auch transsexuell ist – meiner Meinung nach übertrieben. Die nicht enden wollende Dreickecks-Sex-Beziehung und die Softporno-Einlagen zwischen Sarah und Len und Lila, ebenfalls übertrieben. Dass Josh seine frühere Liebe, die aber mehr die Belästigung eines Minderjährigen war, ständig vor sich stehen sieht und mit ihr redet, ebenfalls übertrieben. Dann der reiche Vater von Maura, der doch nicht tot ist und so weiter; alles etwas zu viel, aber andererseits transportiert das natürlich auch die emotionale Melancholie der Serie. Die Suche der Protagonisten nach Sinn, Ausgleich und Akzeptanz. Etwas weniger hätte es vielleicht auch getan, aber gut, es wirkt und es wirkt nachhaltig. Denn das scheint auch der Sinn der Serie zu sein, zumindest ist es das, was ich darin gefunden habe. Alle Ereignisse, insbesondere die Familiengeschichte komplett zu verstehen, davon habe ich mich verabschiedet. Es macht mir viel mehr Spaß, mich auf den emotionalen Ritt einzulassen, auch wenn es pro Staffel nur 5 Stunden sind, abzutauchen und an dem Leben einer sehr besonderen Familie teilzuhaben. Da die vierte Staffel das auf ein Neues schafft, reicht mir schon für eine Top Bewertung. Ob die Staffel besser oder schlechter ist als die vorangegangenen, kann ich nicht sagen, aber ich glaube, dass diese Frage auch gar nicht so wichtig ist – Fans der Serie werden unterhalten und das wieder einmal auf ganz hohem Niveau.

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Montag, 16. Oktober 2017, 10:32 Uhr
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