Diese Woche starten wir mal etwas anders: Nachdem wir uns mittlerweile in drei verschiedenen Zeitebenen ganz gut auskennen und an das stetige Wechselspiel zwischen den 80ern, 90ern und 2015ern gewöhnt sind, sehen wir zu Beginn von „The Final Country“ nun eine ganz andere Perspektive. Hays setzt seine erwachsene Tochter Becca bei der Schule ab. Ich würde sagen, zeitlich einzuordnen ist diese Szene irgendwo um die 2005er Jahre herum. Die Beziehung zwischen beiden scheint gut zu sein. Gleichzeitig wirkt Hays sehr besorgt, als würde er sie nicht gehen lassen wollen. Und direkt kommt die Frage auf, ob die Szene sich vielleicht nur in Hays Kopf abspielt.
„What I’m gonna do without you?“
Keep going
Und dann sehen wir leider, was wir nach dem spannenden Ende vergangene Woche schon erahnen konnten: Tom ist tot. Ausgelegt auf dem Hochsitz im Wald, der bereits zu Beginn der Staffel Schauplatz war, ist sein Tod wie ein Selbstmord inszeniert. Wird sich hier nun das gleiche Spiel wieder abspielen? Neuer Verdächtiger gefunden, tot, Fall abgeschlossen? Genauso wie wir wissen, dass Tom es nicht war, wissen das auch Hays und West. Und West geht vor Schuldgefühlen, der Grund für Toms Tod zu sein, fast ein. Da machen es die Rückblicke in die 80er, in denen West Tom das erste Mal für den Fall der Fälle seine private Nummer gibt und sich daraufhin allmählich eine Freundschaft entwickelt, nur noch schwerer.
„It’s like 1980 again.“
Doch hätten sie Tom wirklich vor seinem Schicksal bewahren können? Vielleicht, wenn sie ihn nicht auch verdächtigt und unter Druck gesetzt hätten? Wir werden es nie herausfinden. Und leider wissen wir durch den Zeitsprung zum Interview mit Elisa auch, dass der Fall tatsächlich nach diesen Ereignissen erneut geschlossen wurde. Wie bitte? Dabei hat Amelia doch bei ihren Recherchen für ihr Sequel viele Fortschritte gemacht. Und ist selbst immer weiter aus dem Licht der Verdächtigen raus gerückt. Nach ihrer Lesung und der Konfrontation mit dem Mann mit dem blinden Auge wendet sie sich aufgeregt und direkt an Hays. Zudem befragt sie Lucys damalige beste Freundin, die ihr ein sehr aufschlussreiches Bild von dem Halloween zeigt, an dem Julie die geheimnisvolle Puppe gegeben wurde. Im Hintergrund der Kinder sind zwei unbekannte Erwachsene, verkleidet als Geister, zu sehen. Beim genaueren Hinsehen kann man erkennen, dass die eine der Personen eine helle und die andere eine dunkle Hautfarbe hat.
Ist ja nicht so, als hätten wir all diese Hinweise nicht irgendwie auch schon 1980 gehabt oder haben können. Elisas Wut über die Fehler im Fall und über die stets ausbleibende Aufklärung ist nachvollziehbar. Ein bisschen nehmen wir als Zuschauer mittlerweile auch Elisas Perspektive ein. Vor allem, als sie Hays ein Bild von zwei Detectives zeigt, die 2012 einen Pädophiliering aufgedeckt haben. Tolles Easter Egg und toller Anschluss an die erste grandiose Staffel „True Detective“. Nur Hays scheint das nicht zu ermutigen. Der hat nämlich keine Lust mehr.
„I’m tired of walkin‘ through the graveyard. The story’s over for me.“
A Voice
Sehr schön zu sehen war in dieser Episode ein ganz intimes Gespräch zwischen Hays und Amelia in den 80ern, in dem er sie sogar damals dazu ermutigt hat, ihr Buch zu schreiben. Zu dem Zeitpunkt hat er sie dahingehend unterstützt. Interessant, dass sich diese Unterstützung in den Jahren so stark gewandelt hat. Was waren Hays Beweggründe dafür? Die eigene Unzufriedenheit, den Fall nicht lösen zu können? Spätestens als wir erfahren, was mit Harris James passiert ist, kennen wir zumindest einen Grund, warum es besser war, den Fall nicht weiter aufzurollen.
For Tom
Der einzige Weg, den Hays in den 90ern und nach Toms Tod noch sieht, ist, sich an Harris James Fersen zu heften. West hat starke Bedenken, lässt sich aber von seinem Partner überreden. Allein wenn der Score dieser Szene das erste Mal ertönt, ist klar, dass es gefährlich werden wird. Der Score dröhnt, macht die Szenen fast unerträglich. Hays und West foltern James, um Informationen aus ihm herauszubekommen. Doch alles, was sie erreichen, ist, sich täuschen zu lassen. Und dann wissen wir auch, dass es nicht James in Hays Vision der von ihm umgebrachten Menschen sein kann. Der geht auf Wests Konto.
„Now it’s all gone! Done! Whatever he knew, gone!“
Das ist das große Geheimnis, das hinter dem Fall steckt. Hays und West haben die Zügel selbst in die Hand genommen. Und leider nichts erreicht. Obwohl… doch! Denn nun wird Hays von Hoyt höchstpersönlich abgeholt. Direkt von Zuhause.
„I think we may have some things to discuss.“
Auch diese Episode war gut und hatte wieder zahlreiche starke Szenen. Dennoch hat sie mich nicht ganz überzeugen können. Ich hatte gehofft, dass wir an dieser Stelle nun schon weiter gewesen wären. Es gibt noch so viele Dinge, die einer Aufklärung bedürfen, dass ich bezweifle, dass dies alles in der finalen Episode Platz finden wird. Aber lasst uns zuversichtlich sein!
Immerhin wissen wir nun, dass die Auflösung des Falls sehr wahrscheinlich in diese Richtung gehen wird: Familie Hoyt hat ein Kind verloren. Julie ist verschwunden. Nach ihrem Verschwinden waren für die Angestellten der Hoyts gewisse Teile des Anwesens nicht mehr betretbar. Durch Toms kleinen Ausflug können wir vermuten, dass Julie als Ersatz für das verlorene Kind der Hoyts herhalten musste und mit ihrem Verschwinden in das pinke Zimmer bei den Hoyts Einzug erhalten hat. Harris James hat als Security Chef davon gewusst. Ebenfalls steckte der schwarze Mann mit dem blinden Auge da mit drin. Womöglich hat Lucy zusammen mit Dan eine Vereinbarung mit den Hoyts getroffen. Besseres Leben für Julie, Geld für sie und ihre Drogen.
Zudem wissen wir, dass Hays paranoide Anwandlungen, dass ein Auto auf der Straße wartet und er beobachtet wird, eine triftige Grundlage hat. Die Besuche Hoyts fingen nach dem Mord an James an. Man kann nur vermuten, dass Hoyt eine Abmachung mit Hays getroffen hat: Die Ermittlungen werden eingestellt und niemand erfährt etwas von Harris James Ableben. Anderenfalls muss seine Familie dran glauben. Das wäre auch eine plausible Erklärung dafür, warum der Kontakt zwischen Hays und West abrupt abgebrochen ist.
Wie schon erwähnt: In der letzten Episode gibt es noch vieles zu klären und aufzuholen. Ist Elisa wirklich Julie? Was ist mit Becca passiert? Kann der Fall doch noch geklärt werden und bekommen die wahren Täter noch ihre gerechte Strafe? Ich bin gespannt und freu mich auf das Finale.
Bilder: HBO
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