Wer hätte das gedacht? Die Auftaktfolge von „Tulsa King“ fand ich schon einfach großartig (siehe mein Review hier), und im Review hatte ich noch befürchtet, dass die Serie dann im Laufe der 9 Folgen an Qualität verlieren würde. Tatsächlich bietet sich der Staffel an der einen oder anderen Stelle die Gelegenheit, falsch abzubiegen – doch „Tulsa King“ nimmt keine wahr und bleibt einfach gut. Schauen wir also einmal etwas konkreter rein.
Sylvester Stallone spielt Mafia Capo Dwight „Der General“ Manfredi, der von der New Yorker „Familie“ in die amerikanische Provinz geschickt, um dort „für die Familie“ ein neues Business aufzubauen – als „Belohnung“ dafür, dass er für den Boss der Familie 25 Jahre im Gefängnis schlummerte. Begeistert ist er nicht, aber Auftrag ist Auftrag.
Schon zur Auftaktfolge hatte ich bemerkt: Die Serie bedient sich vieler Klischees, setzt auf die einfachen Momente, ist klassisch gestrickt, lässt Stallone Stallone sein – und macht gerade damit alles richtig. Showrunner Taylor Sheridan („Yellowstone“, „1883“, „1923“) und Co-Autor Terence Winter („The Sopranos“, „Boardwalk Empire“) erzählen Dwights Geschichte gänzlich unaufgeregt. In vielen Momenten zeigen Showrunner und Autor das Gespür für Kleinigkeiten, setzen auf Nuancen, die irgendwann wiederkehren. Die beiden müssen Tulsa vorher sehr genau studiert haben, den sie setzen alles gekonnt und absolut glaubwürdig in Szene. Stallone selbst muss gar nicht viel tun, er muss einfach nur er selbst sein – so fühlt es sich zumindest an. Und es entstehen im Laufe der Zeit immer wieder witzige Momente, wenn der alte, traditionalistisch eingestellte Gentlemen durch Tulsa streift und mit seiner direkten, unmissverständlichen Art die Nachbarschaft aufmischt. So gewinnt er nicht nur die Sympathien der Zuschauer:innen, sondern auch von immer mehr Menschen in der Serie.
Die Handlung ist natürlich ein bisschen durchsichtig angelegt: Selbstverständlich wird er Stress mit „der Familie“ bekommen, außerdem mit dem örtlichen Platzhirsch, einer Biker-Gang. Er sammelt allerlei merkwürdige Typen auf, die „seine Familie“ zu einem ziemlich bunten Haufen werden lässt. Doch die Liebe zum Detail in den Charakteren, den örtlichen Gegebenheiten und der Inszenierung machen das locker wett. Die vielen klassischen Momente und erwartbaren Manöver schaden der Serie damit gar nicht. Es ist einfach durchgehend so unterhaltsam, so charmant, so kurzweilig. Zimperlich geht die Serie dabei nicht zu Werke – an der einen oder anderen Stelle offenbart sich auch die kalte, skrupellose Seite von Dwights Charakter, was uns signalisiert, dass wir es hier immer noch mit einem Schwerverbrecher aus dem Milieu der organisierten Kriminalität zu tun haben.
Wie gesagt, an einigen Stellen könnte die Serie falsch abbiegen – könnte in Gefühlsduselei versinken, als es um Dwights Tochter geht. Oder Dwight könnte von der New Yorker Familie ziemlich schnell in die Schranken verwiesen werden – passiert nicht. Stattdessen lässt er die alte Familie auflaufen und vergrößert stattdessen seine eigene Familie und seinen Einfluss in Tulsa. Oder die Ermittlungsbeamten, in anderen Filmen und Serien gerne als etwas trottelig dargestellt, könnten an der Überführung von Dwight scheitern – auch hier haben Sheridan und Winter stattdessen tolle Einfälle.
Das gilt auch für das Finale der Staffel, das komplett offen gestaltet ist, das aber auch funktioniert hätte, wenn Paramount den Stecker bei „Tulsa King“ gezogen hätte. Haben sie aber nicht gemacht – zum Glück, so dass wir hoffentlich bald die nächsten Schritte von Dwight Manfredi in der Provinz von Oklahoma miterleben können. Bis dahin werde ich mir definitiv nochmal ein Rewatch der ersten Staffel können – für mich eine der Highlightsserien des Jahres bis hier hin.
Bilder: Paramount
Stimm dem gesamten Text zu und habe nicht viel hinzuzufügen…
Mich hat die Serie sofort abgeholt. Witz, Drama, Action. Eine super Kombi und definitiv ein Serien-Highlight 2023 für mich.
Einziger Kritikpunkt wäre dann bei mir die Länge. 9 Folgen a 30min sind ja doch überschaubar. Aber grad das Tempo der ganzen Abläufe gab der Serie ihren Kick.
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