Jetzt sind wir also endlich zurück in „Twin Peaks“ – und nicht nur das: Auch mit einigen weiteren Spielorten überraschen uns Mark Frost und David Lynch zum Auftakt der lang erwarteten Twin Peaks-Fortsetzung. Jeder Ort scheint für sich eine eigene Geschichte zu erzählen, und doch, man erahnt es, gehört alles irgendwie zusammen. Die ersten beiden Folgen gestalten sich zu einem Gesamtkunstwerk von David Lynch aus, mit dem a) Unbedarfte gar nichts werden anfangen können, bei dem sich b) Twin Peaks-Fans über viele bekannte Gesichter freuen werden und bei dem c) Fans des Gesamtschaffens von David Lynch absolut begeistert sein werden. Es wirkt wie ein Ausflug in die Gedanken- und Phantasiewelt von David Lynch, an jeder Ecke entdeckt man etwas aus seinen Filmen Mulholland Drive oder Lost Highway, aus seinen Zeichnungen und Skulpturen und aus seinem musikalischen Schaffen – eine wahre Freude für Kenner des Lynch-Gesamtwerks, durch die 90 Minuten zu spazieren.
Inhalt & Inszenierung
Doch der Reihe nach: Zunächst wartet natürlich jeder auf den bekannten Twin Peaks-Vorspann mit der unverwechselbaren Intro-Musik von Angelo Badalamenti. Doch es kommt anders: In einer Art Prolog bekommen wir zunächst alte Szenen aus der Serie und dem Film zu sehen, und werden in die Black Lodge zurückversetzt, in dem der Riese mit Agent Cooper spricht. Erst nach einem kurzen Dialog (Cooper spricht normal, der Riese in diesem für den Raum typischen Vorwärts-Rückwärts-Modus) startet der eigentliche Vorspann, kürzer als früher, und fokussiert auf die Snoqualmie Falls vor dem Great Northern Hotel sowie den Roten Raum mit den Vorhängen und dem typischen schwarz-weißen Bodenmuster.
Überraschend schnell landen wir in New York City, in einem geheimnisvollen Raum, inszeniert typisch David Lynch. Alles ist symmetrisch, mit dem Lynch-typischen Ton-Brummen und -Rauschen unterlegt, tempolos inszeniert, vielmehr beobachtend, einen Überblick verschaffend. Wir landen noch häufiger in dem Raum, bis es zu einer sehr spontanen Veränderung der Szenerie kommt und einem ersten Horror-Überraschungsmoment.
Viel Zeit verbringen wir in South Dakota, wo es zu einem obskuren Mordfall kommt. Die dortige Polizei ist mit der Aufklärung beschäftigt, alles ist mehr Kammertheater-artig inszeniert. Auch hier bleibt Lynch stets in seiner Symmetrie. Im Laufe der zwei Folgen landen wir auch noch in Las Vegas – was das mit der Gesamtszenerie zu tun hat, bleibt noch offen.
Und dann sind wir in Twin Peaks. Alte Bekannte tauchen wieder auf, Shelly Johnson, James Hurley, Lucy und Andy im Polizeirevier, dann Ben und Jerry Horne, beide deutlich gealtert. Gibt es auch ein Wiedersehen mit Sheriff Truman? Erstmal nicht, obwohl sich gleich jemand nach ihm erkundigt, worauf Lucy kontert: „Which one?“ Einer sei krank, der andere fischen. Aufklärung folgt hoffentlich. In Gang kommt die Geschichte dann durch die Log Lady (gespielt von der von Krankheit gezeichneten Catherine E. Coulson, die dann während der Dreharbeiten starb) und Deputy Hawk. Wie soll man die alte Geschichte wieder aufnehmen? Für Lynch ganz einfach: Das Holzscheit hat etwas gesehen. Daraufhin geht Hawk die 25 Jahre alte Geschichte um Agent Cooper noch einmal an und bittet Andy und Lucy, die alten Akten durchzusehen. Er selbst macht sich in den Wäldern auf die Suche nach dem Zugang zur Black Lodge.
Und damit sind wie natürlich bei Cooper – vermutlich der Hauptperson der neuen Staffel. Derweil der echte Cooper im Roten Raum festsitzt, ist der Doppelgänger auf den Straßen unterwegs und treibt ein noch undurchsichtiges Spiel. Er ist auf der Suche nach einer Antwort, hat offensichtlich einen Kontaktmann beim FBI, sogar der mysteriöse Phillip Jeffries (im Film gespielt von David Bowie) wird erwähnt. Ob es auch hier eine Rückkehr gibt? Zu Coopers weiterem Vorgehen sei hier nicht allzu viel verraten – nur, dass es wirklich überraschend und durchaus überzeugend umgesetzt wird. Der Cooper im Roten Raum hängt irgendwie fest, kurz vor dem Verlassen der Black Lodge wird er immer wieder aufgehalten. Dann ist da noch Laura Palmer mit einem geheimnisvollen Auftritt…
In den letzten Trailern hatten wir ja schon einige neue Szenen zu sehen bekommen – wie wir jetzt wissen, stammt viel Material direkt aus den ersten Folgen, und die meisten neuen Gesichter, die dort präsentiert werden, sind auch schon wieder Geschichte. Aber allein die alten Gesichter wiederzusehen, zu schauen, wie es ihnen geht und was die 25 Jahre aus ihnen gemacht haben, ist einfach großartig. Gleichzeitig spinnt Lynch mindestens eine gänzlich neue Geschichte, die auch schon großartige Ansätze zeigt. Man meint fast, dass Lynch Twin Peaks nur als Vehikel nutzt, um darauf eine ganz neue Geschichte aufzubauen. Das alles garniert er exzellent mit Motiven aus seinen bisherigen Filmen und Kunstwerken – allein der Baum im Roten Raum ist großartig und so reich an Zitaten – klasse. Klar, dass er auch bei der Musikauswahl und dem Einsatz seine Hände im Spiel hat – wie der Abspann spätestens zeigt, sind einige Songs von ihm eingespielt oder geremixt.
Empfehlung
Was macht man jetzt mit den neuen Folgen? Wie schon in der Einleitung gesagt, kann man die Folgen eigentlich nur demjenigen empfehlen, der Twin Peaks schon kennt und beide Staffeln gesehen hat. Wer bislang nichts damit am Hut hatte, wird noch mehr Fragezeichen über dem Kopf haben als die wissenden Zuschauer.
Kommentiere
Trackbacks