Nachdem der aus der Black Lodge entkommene Cooper in die Rolle von Dougie Jones geschlüpft ist, erfahren wir jetzt in Episode 5 von „Twin Peaks“ etwas mehr über den Alltag des Mr. C-Klons. Wir begleiten ihn zur Arbeit und stellen fest, dass der debile Cooper weiterhin Schwierigkeiten hat, den Alltag und das Drumherum zu verstehen – außer Kaffee. Die Geschichte um Dougie ist mir allerdings weiterhin etwas zu ausführlich dargestellt – das hätte man kürzer fassen können. Was mir bei der Geschichte gut gefällt, sind weiterhin die versteckten Hinweise auf die anderen Handlungsstränge – selbst Dougies Sakkofarbe ist gewissermaßen ein Code.
In North Carolina finden die Ermittler in der Leiche ohne Kopf den Ehering von Dougie. Wie er da hingekommen ist und wem der Körper gehörte – weiterhin offen. Die Gerichtsmedizinerin versucht ein paar Witzchen, die eher schlecht ankommen; ich fand die Einlage großartig. Aporpos Körper: Ist das am Ende der Körper des eigentlich vor 25 Jahren verstorbenen Major Briggs? Beim Militär geht auf jeden Fall ein Hinweis ein, dass man einem Hinweis zu Major Briggs in North Carolina folgen soll.
Ansonsten bekommen wir ein bisschen mehr aus Twin Peaks selbst zu sehen. Aus dem Double R zum Beispiel, von Norma und Shelly immer noch zusammenarbeiten. Shelly bekommt Besuch von einem jungen Mädchen, dem sie nach kurzer Diskussion ein paar Dollarscheine übergibt. Offensichtlich ist es Shellys Tochter, die wie Shelly selbst wohl auch an einen falschen Typen geraten ist – die Geschichte wiederholt sich. Wer sich die Tochter genauer ansieht, wird wieder einige Farbcodes entdecken – und auch einige Mimiken, die an Laura Palmer erinnern. Ihr Freund blitzt übrigens bei einem Bewerbungsgespräch ab – der Chef ist ein gewisser Mike Nelson – kennen wir auch aus der alten Geschichte…
Die Szene im Restaurant ist übrigens mal wieder ein Beispiel für die wunderbare Art der Inszenierung, wie David Lynch sie gerne einsetzt: Wir sitzen als Zuschauer an einem Tisch mit Norma Jennings. Sie macht irgendwas in Sachen Buchführung und bekommt mit, dass ihre Angestellte Shelly in die Diskussion mit ihrer Tochter verstrickt ist. Wir als Zuschauer bleiben bei Norma sitzen, hören Shellys Gespräch aus der Distanz nur ganz leise. Wir bleiben als rein beobachtend mit Norma in der Distanz, abseits der eigentlich gerade wichtigen Handlung. Die Auflösung erfolgt dann erst später, als wir mit Norma vorne im Café bei Shelly landen.
Das Road House ist auch wieder zentraler Punkt der Geschichte. Wie in jeder Folge endet auch hier wieder die Handlung der Episode (es gibt auch wieder eine Bandvorstellung – dieses Mal Trouble mit David Lynchs Sohn Riley). Wir lernen einen neuen Charakter kennen – Richard Horne, eine absolut spannende Figur aus der aktuellen Perspektive. Ist das der Richard, den der Riese in Folge 1 meinte? Ist das der Sohn von Audrey Horne – und eventuell dem bösen Mr. C? Man weiß es nicht.
Derweil tun sich noch zwei mysteriöse Momente in der Folge auf, die mit Mr. C und einem unbekannten Agenten in Buenos Aires zu tun haben. Die Szene in Argentinien wird ganz zum Schluss gezeigt. Wir sehen einige elektrische Geräte (Elektrizität ist ein wichtiges Symbol in Lynchs Welt), und plötzlich verwandelt sich ein Empfänger in ein kleines Etwas. Auflösung? Noch keine, aber vielleicht wieder ein Hinweis auf den vermissten Agent Jeffries.
Richtig dramatisch wird es dann bei Mr. C im Gefängnis. Wir sehen, wie Mr. C in den Spiegel schaut und sich an die Ereignisse aus dem Ende der 2. Staffel erinnert. Die Entstehung von Coopers bösem Doppelgänger und die Spiegel-Szene im Hotel, bei der wir sehen, dass Cooper von Bob besessen ist. Das ist er jetzt, nach 26 Jahren immer noch, und er sagt zu sich selbst, dass es gut so ist. Dann wird er in den Verhörraum gebracht, wo er einen Anruf frei hat. Er wählt eine endlos lange Nummer und sorgt für totales Chaos im Gefängnis und auf den Monitoren im Überwachungsraum. Wir erinnern uns an die Überwachungssraum-Szene aus dem Twin Peaks-Film, bei der Cooper auf einem Monitor zu sehen ist, obwohl er gar nicht in dem überwachten Raum steht. Im Hintergrund drängelt sich ein Agent vorbei – Phillip Jeffries. Gruseliger Moment irgendwie – echtes Twin Peaks-Feeling kommt auf.
Das gilt auch für die beste Szene der Folge aus meiner Sicht – die Videoperformance von Dr. Jacoby. Der Psychiater aus der ursprünglichen Serie lebt mittlerweile zurückgezogen in einer Hütte. In der letzten Folge hat er ja noch Schaufeln golden lackiert – warum es das gemacht hat, wissen wir jetzt. Er nimmt für eine Art Onlineshop eine krude Video-Botschaft auf, in der er einmal mit der ganzen Welt abrechnet. Die Zuschauer der Show nicken zustimmend – hier bekommen wir mit Nadine Hurley eine weitere Bekannte aus der alten Serie zu sehen. Jacobys Performance ist wirklich großartig -und er präsentiert seinen Zuschauern die Lösung für ihre Probleme: Sie sollen sich eine goldene Schaufel von ihm online kaufen, mit der sie sich aus ihrer eigenen Scheiße herausschaufeln können – was Jacoby plastisch zeigt.
Insgesamt wieder eine großartige Folge, die zahlreiche Handlungsstränge voranbringt, anstößt und miteinander verbindet. David Lynch und Mark Frost entfalten hier ein großes Rätsel, und es macht Spaß, an allen Ecken kleine Mysterien zu entdecken und in Beziehung zu setzen. Wenn jetzt noch die Dougie-Story verkürzt wird, ist’s perfekt.
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