Nicht nur Digital Natives, sondern auch Menschen älteren Baujahrs wie ich, die aber mit den fast grenzenlosen Möglichkeiten, die der so genannten „Cyber-Space“ bietet, aufgewachsen sind, dürften schon immer von der Möglichkeit des eigenen „Uploads“ in die Welt der Bits und Bytes, der Nullen und Einsen, geträumt haben. Wie geil wäre das denn, nicht mehr zu sterben, sondern sein Bewusstsein, die Seele oder wie-das-auch-immer-heißt-was-uns-Menschen-ausmacht, speichern zu können und in eine virtuelle Welt hochzuladen, um dort dann dauerhaft zu existieren? Wir haben doch jetzt schon den Großteil unseres Lebens digitalisiert, unsere Smartphones stellen wohlgehütete Schätze dar, die teilweise unsere größten Geheimnisse bergen und nicht nur in Corona-Zeiten finden viele Kontakte mittels Online-Chats oder sonstiger digitaler Kommunikationsmedien statt.
Der Upload unseres, nennen wir es „Bewusstseins“, wäre doch nur der nächste Schritt auf dem Weg zur digitalen Existenz! Genau! Die neue, seit dem 1. Mai bei Amazon Prime gestreamte, Science-Fiction-Comedy „Upload“ zeigt uns, wie eine mögliche Version dieses ewigen Lebens aussehen könnte. Wir begleiten unseren frisch verstorbenen und sogleich digitalisierten Helden Nathan Brown in sein aufregendes Abenteuer im Jahr 2033. Maik hatte zum nachfolgenden Trailer bereits einen eigenen Beitrag geschrieben, der einige Hintergrundinfos benennt.
Nathan, unser Hauptdarsteller, ist ein gut aussehender Endzwanziger, der als Mitinhaber einer kleinen Softwareschmiede auch beruflich erfolgreich ist. Doch ein Autounfall, paradoxerweise verursacht durch eines dieser selbstfahrenden, ach so autonomen und sicheren High-Tech-Ungetüme, bringt ihn um seine irdische Existenz. Dank seiner finanzkräftigen Verlobten Ingrid wird Nathan auch gleich in die vom Großkonzern „Horizen“ geschaffene Luxusversion des neuen digitalen Lebens, nach Lakeview, „upgeloaded“. Dort gibt es alles, was das nun leider nicht mehr schlagende Herz begehrt – gegen Aufpreis versteht sich. Ähnlich wie aktuell in „In-Game- oder In-App-Käufen“ kann der Konsument auch alles, was es standardmäßig oder kostenlos gibt, aufwerten durch sein hart verdientes Geld.
Auch in Lakeview gibt es etliche Abstufungen von teuer zu bezahlenden „All you ever want“-Flatrates bis hinunter zu verbrauchsbasierten Billig-Accounts wie den „2-Gigs“. Sind diese 2 Gigabyte Traffic durch Handlungen der Hochgeladenen verbraucht, friert deren Avatar einfach in der Bewegung ein, bis erneuter Traffic hinzu erworben wird oder der nächste Abrechnungsmonat mit neuem Traffic beginnt. Auch Nachdenken oder Bewegungen führen hierbei flugs zum Abzug von Traffic, massive Gefühlsregungen verbrauchen schon einmal ein Gigabyte in Sekundenbruchteilen.
„Tu nur nicht irgendwas Kostspieliges, so wie angestrengt nachzudenken.“ (Yang)
Nathan wird aber im digitalen Neuland nicht alleine gelassen. Ihm zur Seite gestellt wird Nora, eine attraktive Programmiererin und „Supportkraft“ für die Upgeloadeten, Engel genannt. Nora ist ihm gegenüber zuerst etwas voreingenommen und hält ihn für einen eitlen, oberflächlichen Schönling, der er auf den ersten Blick auch zu sein scheint. Je länger sie ihn aber virtuell betreut, desto mehr stellt sie fest, dass an Nathan mehr „dran“ ist und mit ihm eine spannende Story Einzug ins virtuelle Lakeview gehalten hat. Die Umstände, die zu seinem Unfall führten, sind nämlich alles andere als geklärt. Es entwickelt sich eine digitale „Schnitzeljagd“, die zu späterer Zeit sogar noch intensiver wird, als man zunächst denkt.
Natürlich kommt auch der Spaß nicht zu kurz, wenn sich eben einmal wieder Bugs im Code und Glitches des Lakeview-Realität einschleichen, die dann zu wundersamen Ergebnissen führen wie z.B. der geleerte Snackautomat, der beim Dagegenschlagen immer wieder die selbe Leckerei auswirft oder die komplette designtechnische Katastrophe, die entsteht, als es einmal in der „Horizen“-Zentrale zu einem kurzzeitigen Stromausfall kommt. Für Lacher ist tatsächlich jederzeit gesorgt.
Sollte im digitalen Leben der Bedarf an Psychotherapie entstehen, weil man eben entweder seinen Tod im realen Leben nicht verwunden hat oder auch im neuen digitalen Leben nicht ganz klar kommt, existieren hier tierische Therapeuten, z.B. in Form eines übergewichtigen, sprechenden Labradors. Natürlich steckt hinter der Tierphysiognomie in der realen Welt ein mehr oder weniger gut ausgebildeter, echter Psychologe. Allerdings verhilft dessen tierisches Alter Ego vor Ort in Lakeview sicherlich zu dem einen oder anderen Lacher.
Auch Wortwitz kommt nicht zu kurz, ebenso wie Anspielungen auf auch derzeit im realen Leben vorherrschende Probleme mit technischen Gadgets verschiedener Hersteller und Marktführer. Was ein Apple-Gerät kann, kann eben ein Android-Smartphone noch lange nicht oder auch umgekehrt. Im Jahr 2033 gibt es keine Notwendigkeit für Kochkurse oder das Wahlpflichtfach Hauswirtschaft an berufsbildenden Schulen mehr. Man druckt sich die Gerichte seiner Wahl direkt mittels internetfähiger „Koch-Druck-Multifunktionsgeräten“ aus. Das nennt man dann wohl „Internet of Things 5.0“.
„Ich drucke gerade ein Gericht aus, das Jamie Oliver heute getweetet hat. Funktioniert allerdings nur mit Google und Samsung.“ (Noras Dad Dave zu Nora)
Viel zu schnell war dieser erfrischend witzige Ausblick in eine mögliche, baldige Zukunft vorbei. Die zehn Folgen waren mit einer Laufzeit von meist gut 25 Minuten knackig kurz, es kam wirklich keine Langeweile auf. Im Gegenteil, ich war stets gespannt, welche witzigen Ideen die kreativen Erfinder der Serie noch in petto haben und umsetzen konnten. Es gab auch Situationen, die zum Nachdenken anregen wie zum Beispiel die Zweiklassengesellschaft der Uploads, geteilt in die „Flatrates“ und „2 Gigs“ oder eben die Schlange der Wartenden, die bereits versuchen, ihr 14 Monate altes Kind zum kommenden Gratis-Upload noch rechtzeitig anzumelden. Auch die Formulierung „Dein ist mein ganzes Herz“ hat in Lakeview eine ganz eigene Bedeutung. Der jeweilige „Horizen-Kontoinhaber“, derjenige also, der für die Dienstleistungen bezahlt, hat tatsächlich das komplette, digitalisierte Leben des entsprechenden Uploads vollkommen in seinen Händen. Die komplette Löschung des Accounts ist ebenso durchführbar wie eben die Einschränkung auf die minimalistischste Ebene des virtuellen Daseins im kargen Kellergeschoss als künftiger „2-Gig-Upload“.
Auch die Darstellung der recht nahen Zukunft im Jahre 2033 abseits des virtuellen Lakeview gefiel mir gut, nicht zu spacig oder abgehoben, sondern tatsächlich vorstellbar. So ersetzen Drohnen die Kollegen der Verkehrspolizei, der Verkehr fließt ausnahmslos mittels vollkommen autonom gesteuerter, eiförmiger Luftwiderstandswunder, unsere digitalen Lieblingsunterhalter, die Smartphones, begleiten uns nun in holografischer Gestalt, verschwinden und erscheinen je nach Bedarf zwischen den Fingern ihrer Benutzer. Natürlich nicht vergessen werden darf die Bewertungsmöglichkeit im gewohnten „5-Sterne-Modus“. Jede Dienstleistung, jeder Service, selbst der Sex lassen sich nach eigenem Empfinden und Gutdünken bewerten.
Ich freue mich auf die angekündigte zweite Staffel, denn schließlich muss ich wissen, ob Nathan und Nora nun irgendwie einen Weg finden, ihre zart geknüpften (Liebes-)Bande zwischen virtueller Welt und harter Realität zu verstärken. Oder ob sie es gar durch ein Wunder schaffen, einen echten „Download“ zu kreieren, also Nathan wieder heraus aus der programmierten Welt der Informatik in das richtige Leben zu holen.
Bilder: Amazon Prime Video
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