Vor ein paar Tagen liefen die ersten beiden Folgen des neuen royalen Hits auf ITV, „Victoria“, der Serie mit Jenna Coleman in der Hauptrolle als Queen Victoria. Die Briten verfielen sogleich dem Charme und dem Gesicht von Coleman und natürlich auch der hochwertigen Darstellung der übrigen Schauspieler, vorrangig Rufus Sewell als Lord Melbourne, dem Premierminister.
Auch mir gefielen die beiden Auftaktepisoden, die sehr ungewöhnlich an zwei aufeinanderfolgenden Abenden ausgestrahlt wurden. Und ich könnte mir wirklich vorstellen, dass ITV in der Tat einen neuen und vor allem langjährigen Nachfolger für „Downton Abbey“ gefunden hat. Das soll dann aber auch das letzte Mal gewesen sein, dass der so wahnsinnig erfolgreiche „geistige“ Vorgänger erwähnt werden soll. „Victoria“ hat einen ganz eigenen Charme, einen ganz anderen Schwerpunkt: Victoria.
Handlung
Die junge Alexandrina Victoria, Tochter des Duke of Kent und seiner deutschen Frau Victoire von Sachsen-Coburg-Saalfeld, wacht eines Morgens auf und ist Königin. So „einfach“ geht das, wenn man an der Reihe ist. Allerdings wurde die zukünftige Queen Victoria kaum auf ihre zukünftige Rolle vorbereitet, mehr noch, sie wurde fast schon in der Abgeschiedenheit ihres Wohnsitzes erzogen und abseits des königlichen Hofes nahezu versteckt.
Die Hochzeit ihres Vaters mit einer deutschen Prinzessin gefiel nicht allen Mitgliedern des Hofes und sogar unter den Bediensteten ihres eigene Hofstaates ist „deutsch“ eher ein Schimpfwort. So ist ihre Mutter die Einzige, die in der ersten Folge mal ein paar wenige Worte in Deutsch sagt, aber geschwind von ihrer Tochter darauf hingewiesen wird, dass ihre Tochter nun englische Königin sei, da schickt es sich nicht, deutsch zu sprechen.
Schade, ich hätte gerne aus dem Munde Jenna Colemans ein paar Worte Deutsch gehört. Queen Victoria konnte es nämlich fließend. Da ich das völlig vergessen hatte, war ich bei den ersten deutschen Worten schon etwas perplex und überrascht. Damit hatte ich in der Tat nicht gerechnet. Aber wie gesagt, es waren nur ein paar Worte.
Aufgrund der persönlichen Vorgeschichte hat es Victoria zu Beginn ihrer Regierungszeit recht schwer, Vertrauen aufzubauen und sich in die Rolle der Königin einzufinden. Wobei Victoria des öfteren ihren eigenwilligen Kopf zeigt, gepaart mit ihrer jugendlichen Naivität und Impulsivität wird sie zur Zielscheibe anderer Interessen, die sich durch die Nähe zur Königin eine neue und mächtigere Position erhoffen.
Zum Glück hat Victoria einen Gönner, einen Ratgeber: Ihren Premierminister Lord Melbourne. Gemeinsam mit ihm und auch ein wenig geführt durch ihn, schafft es Victoria ihren eigenen Weg einzuschlagen.
Durch ihr Verhalten aber auch durch ihre Weigerung, anderweitigen Rat anzunehmen, wird die Anzahl ihrer Gegner immer größer. Auch ihre Mutter gesellt sich zu dieser Schar an Menschen, ein wenig beleidigt, da sie sich zurückgedrängt fühlt, aber vor allem da Victoria Sir John Conroy, dem Nachlassverwalter ihres Vaters und Ratgeber ihrer Mutter, die erhoffte Stelle als ersten Sekretär und damit verbunden die Tätigkeit des Ratgebers der Königin verweigert.
Es kommt also zum Bruch mit ihrer Mutter und ihrer „Vergangenheit“, wenn man so will. Ansonsten haben die ersten beiden Episoden neben der Thronbesteigung zwei weitere prominente Themen zum Inhalt.
Zum einen die sogenannte Flora-Hastings-Affäre, hierbei ging es um Anschuldigungen gegenüber einer ihrer Hofdamen und das eher unkluge Verhalten Victorias, welches in der Serie als Startpunkt genommen wird, dass sich die Stimmung der Bevölkerung von einer anfänglichen Begeisterung in eine leicht kritische Haltung verändert.
Zudem kommt es zu einer kleineren politischen Regierungskrise, da Lord Melbourne seine Mehrheit im Unterhaus verliert und daraufhin sein Amt als Premierminister zur Verfügung stellt. Sehr zum Ärger von Victoria, die Angst hat, ihren Ratgeber zu verlieren als auch da sie deutliche Abneigungen gegenüber dem Vertreter der Torys verspürt.
Am Ende kann sich Victoria mit ihrer Sturheit einen anderen Politiker mit der Regierungsbildung zu beauftragen durchsetzen, Lord Melbourne bleibt ihr Premierminister auch wenn dieser seiner Königin ein wenig den Kopf „wäscht“ ob ihres unklugen Verhaltens und Einmischung in die Politik.
Meinung
Es macht einen großen Spaß die Serie zu schauen. Die Szenerie ist gefällig und vor allem die Aufnahmen innerhalb von Gebäuden sind toll. Was hierbei ein wenig abfällt sind die computeranimierten Außenaufnahmen, wenn beispielsweise die Kamera über London fliegt oder der Kensington Palace von Weitem gezeigt wird.
Was ich ganz interessant finde, ist, dass Jenna Coleman in ihrer eigenen Serie handlungstechnisch in den ersten beiden Folgen eher am Rande vorkommt – auch wenn sie natürlich schon im Mittelpunkt steht. Vor allem Rufus Sewell als Lord Melbourne stiehlt ihr nicht nur handlungstechnisch die Show, schauspielerisch sowieso.
Wie ich bereits durch die Trailer vermutet hatte, konnte mich Coleman noch nicht so recht als Queen Victoria überzeugen. Sie spielt ihre leicht trotzige junge Victoria schon recht okay, so richtig dazzling ist Coleman aber noch nicht. Auch wenn die Aufnahmen ihres Gesichts wirklich adorable sind. Da weiß der Kameramann schon recht gut, was ihre Schokoladenseite ist.
Und dann noch ihre übertrieben blauen Augen bei den Nahaufnahmen. Man kann es auch übertreiben, werte Verantwortliche.
Nichtsdestotrotz überzeugt Jenna Coleman schon mit ihrem Charme und weiß, wenn auch erst in wenigen Szenen, diese zu beherrschen. Von daher kann man durchaus frohlockend in die zukünftigen Episoden blicken.
Die Serie hat einen weiteren Blickwinkel auf die Königin, nämlich die der Bediensteten und Hofangestellten. Wobei die Figuren eher am Rande vorkommen und bisher keine wirklich eigenständigen Geschichten entwickeln. Aber auch hier werden zukünftige Handlungsplots angedeutet, dich sich sehr interessant entwickeln könnten.
Der Auftakt macht schon mal Spaß und zeigt durchaus das Potenzial der Serie, die sich wohl vorrangig an einzelnen Episoden aus dem langen und ereignisreichen Leben Victorias entlang hangeln wird. Dass hierbei nicht immer auf die korrekte historische Reihenfolge geachtet wird, wird auch nur Geschichtsprofessoren und Lesern der Wikipediaseite zur Queen Victoria auffallen und dürfte kaum ins Gewicht fallen.
Allerdings hoffe ich auf einen übergeordneten Faden der Serie, etwas was alles verbindet und trägt, ansonsten würde mir schon etwas fehlen. Ich könnte mir aber vorstellen, dass sich dieser Faden mit dem Auftauchen von Albert von Sachsen-Coburg und Gotha einstellen könnte, ihrem zukünftigen Ehemann. Und das geschieht dann wohl in der kommenden Woche.
Zudem würde ich mir erhoffen, das sich dadurch noch etwas mehr Wärme und ein besonderes Gefühl einstellt, welches die Serie vermittelt und in viele Staffeln tragen könnte. Aber da muss man mal die kommenden Folgen abwarten. Grundsätzlich würde ich das dem Cast und Jenna Coleman durchaus zutrauen.
Geben wir der jungen Königin also noch etwas Zeit uns zu verzücken.
Bilder: ITV
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