Um das Eine gleich vorweg zu sagen: Wayward Pines ist nicht Twin Peaks – auch wenn FOX zum Beispiel es gerne so hätte und weiter munter mit dem Vergleich wirbt. Und um das auch gleich zu sagen: Es ist auch gar nicht schlimm, dass dem so ist. Denn gut möglich, dass wenn die Serie so weiter macht, es beim Neustart von anderen Serien in Zukunft den Vergleich gibt: „… eine Serie im Stil von Wayward Pines…“.
Darum geht’s
Die zweite Folge macht da weiter, wo die erste aufgehört hat – macht inhaltlich natürlich Sinn, ich meine aber auch die Stimmung insgesamt: Es bleibt bei der düsteren Gefühlslage und der undurchsichtigen Situation, in der sich Ethan Burke befindet. „Nicht weggehen – Regel Nummer 1“ – rufen ihm Jungs im Vorbeifahren zu. Nun, das hat Burke auch schon gemerkt, zumal das wegen des riesigen Zauns rund um die Stadt auch scheinbar unmöglich ist. Mit Sheriff Arnold Pope ist schnell der größte Gegenspieler Burkes ausgemacht – er schikaniert den Gestrandeten, wo er nur kann: Schlägt ihn mit dem Gewehr nieder, verfügt einen Haus-… pardon, Hotelarrest, und schließt ihn von seinen Ermittlungen um den Tod von Burkes Kollegen Bill Evans aus.
Die Folge plätschert ein wenig vor sich hier, nimmt sich Zeit, um ein paar Hintergründe zu erzählen. Nichts ist echt in Wayward Pines, das erscheint Burke mittlerweile sonnenklar: In der Stadt ist ausschließlich Falschgeld in Umlauf, die vermeintlich angerufene Sekretärin im Secret Service-Büro erweist sich als Schauspielerin – ebenso wie wohl die meisten anderen Menschen in Wayward Pines. Sie wirken wie Statisten in einem großen Ganzen, scheinen alle ihre Rollen zu spielen. Wenn sie sich abends in der Bar treffen und über Ethan sprechen, wirkt das wie ein Gespräch zwischen zwei Schauspielerinnen während einer Drehpause. „Hast Du je versucht, Dir die Nase zu nähen“, fragt Krankenschwester Pam zum Beispiel Arlene Moran, die Sekretärin des Sheriffs, beiläufig am Tresen in einer Bar. Beide haben noch ihre Arbeitskleidung an, wie Kostüme, die noch nicht abgelegt sind. In der Stadt ist auch sonst nichts los, was mit einem normalen Leben zu tun haben könnte. Autos sind praktisch nicht unterwegs, die Zeitung erscheint nicht, Computer funktionieren nicht. Im Sheriffbüro ist es egal, wer sich wo aufhält – es hat eh keine Bedeutung. Sheriff Pope macht das schön deutlich, indem er sich in der Arrestzelle niederlässt und die Tür zusperrt, derweil Ethan seinen Platz am Schreibtisch einnimmt. Wenig später spaziert Pope dann einfach so wieder aus der Zelle heraus. Einen kleinen Twin Peaks-artigen Einschub anhand eines Ausspruchs des Sheriffs gibt’s dann doch: „Diese Eiscremetüte führt nichts Gutes im Schilde.“ Nice.
Im Holzwaren-Laden trifft Ethan seine frühere Kollegin Kate wieder, die dort mit ihrem Mann arbeitet. Auch sie spielt scheinbar ihre Rolle, gibt Ethan aber versteckte Hinweise, wie er weiter ermitteln kann, um Antworten zu bekommen. Und sie weist ihn auf zwei weitere wichtige Regeln hin: Man dürfe in Wayward Pines nicht über die Vergangenheit reden und sollte immer ans Telefon gehen, wenn’s klingelt (merken für später).
https://youtu.be/b5dnYI58jzI
In Beverly findet Ethan eine Verbündete, die ebenso wie er gestrandet zu sein scheint. Sie gibt ihm Tipps, wie er den Peilsender in seinem Bein entfernen kann und verrät ihm, dass sein Ex-Kollege nicht wie allgemein angegeben Selbstmord begangen hat, sondern vom Sheriff öffentlich hingerichtet worden ist. Beide schmieden einen Fluchtplan und wollen sich am Abend durch den Wald zur Stadtgrenze schlagen.
https://youtu.be/iOLpfePv_ps
Sie verabreden sich zum Dinner bei Ethans Ex-Kollegin, wo Beverly ein folgenschwerer Fehler unterläuft: Sie spricht von ihrer Vergangenheit. Ihr rutscht heraus, dass sie eigentlich eine Tochter hat. Und jetzt nimmt die Folge richtig Fahrt auf, wird dramatisch: Ethan und Beverly verlassen fluchtartig das Haus, und Kate wandelt sich plötzlich von der möglichen Verbündeten zu einer absoluten Feindin: Ihre Maske fällt, das Lächeln verschwindet, als sie mit ihrem Mann über Ethan und Beverly spricht: „Denkst Du, sie versuchen zu fliehen?“ – „Natürlich versuchen sie das“.
Dann sehen wir, wie plötzlich in allen Häusern das Licht angeht, die Telefone in allen Häusern klingeln und sich alle auf die Jagd nach Beverly und Ethan machen. Beverly wird geschnappt – und auf dem Platz in der Stadt vom Sheriff hingerichtet. „Wir können hier niemanden gebrauchen, der sich nicht an die Regeln hält.“
Fazit
Die zweite Folge hält die Spannung des Auftakts – mehr noch, denn gerade zum Ende hin wird’s richtig dramatisch. Wenn überall die Lichter angehen, die Telefone klingeln und die Menschen bewaffnet und vermummt losrasen, um die beiden Flüchtigen zu suchen, das hat schon was und – auch wenn wir nicht über die Vergangenheit reden dürfen – reiht sich ein in die genialen Momente von Regisseur M. Night Shyamalan, die wir aus früheren Werken kennen. Die verschlafene, eigentlich schon tote Stadt wird urplötzlich quicklebendig – um schließlich doch nur jemanden zu töten.
Schade, dass mit Beverly ein positiver Charakter bereits aus der Serie genommen wurde. Aber bei nur zehn Folgen insgesamt muss die Serie wohl auch ein gewisses Tempo mitbringen, um zu funktionieren. Am Ende wurde noch kurz gezeigt, dass Ethans Frau samt Sohn auf dem Weg nach Wayward Pines ist – man darf gespannt sein, ob sie ankommt. Und wenn sie ankommt, wie Shyamalan das dramaturgisch umsetzt. Ich schätze mal, er… oh, Moment, mein Telefon klingelt, ich muss man eben rangehen.
Das mit Beverly fand ich auch so überraschend wie schade. Aber wäre ja nun auch nicht unpassend, wenn sie doch irgendwie auftaucht. Ich fände es übrigens klasse, wenn das tatsächlich Frau und Sohn auf den Tragen waren, die aber in einem anderen Tempo ihre Zeit durchleben (oder sie einfach nur nicht parallel erzählt wird). Wenn die jetzt losfahren, kommen sie vielleicht eine Weile später nach Wayward Pines und die Zeitlinien treffen sich quasi versetzt.
Gutes Review!
Fand die Folge auch sehr gut……besonders das Ende war stark. Wobei man meiner Meinung nach ganz gut erkennen konnte, dass auch ein paar derEinwohner die Hinrichtung eher mit Abscheu verfolgt haben. Hoffentlich irgendjemand von den Frauen, die so entsetzt geguckt haben, nehmen die Rolle von Beverly ein
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