Wer kennt sie nicht? Die Addams Family, unsere Lieblings-Grusel-Stars aus den frühen 1960ern. Wenigstens das Eiskalte Händchen sollte jedem ein Begriff sein und im Gedächtnis haften. 1938 begann die „Karriere“ der Addams Family als Comic-Serie im New Yorker Magazin. Die erste TV-Umsetzung folge dann Mitte der 1960er Jahre. 1991 gab es den ersten Kinofilm, dem zwei weitere in den 1990er Jahren folgten. Die letzte Verfilmung ist mittlerweile fast 25 Jahre her. Nun läuft auf Netflix „Wednesday“ als achtteilige Serie, die sich eben der morbiden und doch ziemlich eigenwilligen Wednesday und ihrer Abenteuer auf der Nevermore-Academy widmet. Seit dem 23.11. können wir Wednesday auf ihrem Weg der „Selbstfindung“ (oder besser gewünschten Selbstzerstörung) begleiten.
Wednesday Friday Addams (Jenna Ortega) ist knapp 16 Jahre jung, vorzugsweise stets in schwarz gekleidet, passend zu ihrer düsteren Gedankenwelt, bestens aber auch zu ihrem bleichen Teint. Nach Problemen in ihrer alten Schule landet sie auf der berüchtigten Nevermore – Academy, einer Art cooles Hogwarts für Teens mit übersinnlichen Fähigkeiten, an der auch schon ihre Eltern Schüler waren. Dort wird sie „zur Außenseiterin unter Außenseitern“ und muss lernen, mit ihren Visionen umzugehen. Sie ist sicherlich sehr schlau, beweist das aber nur, wenn sie Lust darauf hat, um ihr beispielsweise lästige Zeitgenossen in ihre Schranken zu weisen. Sie ist Liebling von Papa Gomez und irgendwie auch von ihrer Mutter Morticia, die so etwas wie Zuneigung und Mutterliebe natürlich überhaupt nicht zeigen kann. Eines von Wednesdays Lieblingshobbys ist es, ihrem kleinen Bruder Pugsley auf dessen Reise ins Jenseits mit allen erdenklichen Mitteln zu helfen. Wednesday genießt es außerdem, gerade kein Mitläufer zu sein, egal worum es geht, sie zieht stets straight ihr eigenes Ding durch. Nachdem sie das aber so konsequent und zielstrebig macht, findet sie auch, unfreiwillig, Gefährten, die ihren Mut und ihr Geschick bewundern oder sich auch einfach „nur“ in sie verlieben. Ich stelle nun kurz ihre Gefährten auf diesem leidvollen, spannenden, aber auch sehr humorvollen Weg vor:
Enid Sinclair (Emma Myers), ihre Zimmergenossin auf der Nevermore Academy. Schon anfangs wird klar: diese Vergesellschaftung der beiden jungen Damen wird schwierig. Stellt Enid mit ihrer stets positiven Weltsicht und ihrem krass bunt-mädchenhaftem Kleidungs- und Einrichtungsstil doch so ziemlich das komplette Gegenteil von Wednesday dar. Witz ist dabei immer mit an Bord. Spätestens, wenn sie Wednesdays Zimmerhälfte als ‚Ted Bundys Pinterest‘ bezeichnet, ist das klar. Enid wäre eigentlich eine Werwölfin, hat aber anfangs nur eine einzige Krallenhand, statt sich komplett zu verwandeln bei Vollmond. Klar ein Fall für einen versierten Lykanologen. Lyko..was? Na klar, ein Fachmann für Werwolf-Probleme, es gibt auch Camps, die die „Entwölfung“ der pubertierenden Werwölfe unterstützen sollen. Warum auch nicht! Mit Wednesdays „Eiskaltem Händchen“ freundet sich Enid schnell an:
„Eiskaltes Händchen’s Nackenmassagen sind der Hit“
Xavier Thorpe (Percy Hynes White), scheint irgendwie der passende Partner für Wednesday zu sein. Scheinbar ist er auch eher der „dunklen Seite“ des Lebens zugeneigt, sehr kreativ, ein Künstler gar, aber auch eher verschlossen, nicht Mittelpunkt jeder Party. Er selbst scheint auch fasziniert von Wednesday und – ein kleiner Spoiler darf sein – schafft es auch ziemlich flott als ihr Lebensretter aufzutreten. Aber auch Xavier verbirgt ein Geheimnis, wie wohl jeder auf der Nevermore Academy, zudem gibt es immer wieder Ärger mit seiner Ex-Freundin, Bianca.
Bianca Barclay (Joy Sunday) tritt schon in Folge 1 als Gegenspielerin von Wednesday auf den Plan. Schlau, gewitzt, selbstbewusst, eine echte Powerfrau eben. Sie kommt nur eben mit Wednesday nicht klar, was natürlich auf Gegenseitigkeit beruht. Sie will schließlich auch überall die beste und beliebteste sein, so scheint es zumindest. In Sachen „beste Studentin“ läuft ihr wohl Wednesday schnell den Rang ab, was sie sich auch anmerken lässt. Freunde werden die beiden wohl nie, auch persönliche Verflechtungen in Sachen Liebschaften verstärken dieses Dilemma nur. Bianca ist, wie alle, aufgrund ihrer übernatürlichen Fähigkeiten auf der Nevermore Academy eingeschrieben, sie ist eine Sirene und mit ihrem Gesang schafft sie es, dass alle das tun, was sie will.
Ein Wiedersehen dürfen Serienfans auch feiern, wenn der nächste Darsteller auftaucht, der hier als Tyler Galpin zu sehen ist: Hunter Doohan. Mir zumindest noch bestens bekannt aus „Your Honor“ als Sohn Adam des titelgebenden Richters. Die Rolle des eher introvertiert wirkenden, schlaksigen, gutaussehenden „Sonderlings“ hat dieser wohl noch abonniert und so agiert er als Tyler auch hier. Er buhlt um die Aufmerksamkeit von Wednesday und unterstützt sie nicht nur als Fahrer bei ihren detektivischen Ermittlungen.
Weil wir schon bei guten alten Serienbekannten sind: Rektorin Larissa Weems (Gwendoline Christie) fällt nicht nur durch ihre imposante Größe auf. Wir alle kennen sie bestens aus „Game of Thrones“ in der Rolle der Brienne of Tarth. Hier stolziert sie stolz und jeden überragend mit ihren High Heels durch ihre Academy und beweist dabei sicherlich viel Humor. Sie agiert nicht immer bierernst, wenn es zu negativen Vorfällen kommt. Nein, eher scheint es, als würde sie sich ein Grinsen verbeißen, wenn sie denn einmal Studenten tadelt, allen voran Wednesday. Sie war schon mit deren Eltern an der Academy und eine Freundin ihrer Mutter, zumindest sagt sie das.
Gargoyles, Ghoule, Monster, Morde, Hexen… vielerlei Monstrositäten und allerhand Unheil begegnen uns bei „Wednesday“. Wir dürfen ihre Vorfahrin/Urahnin bis zurück ins 16. Jahrhundert verfolgen und erleben Hexenverbrennung und -verfolgung, die im Abfackeln eines ganzen Hauses voll mit unerwünschten Bürgern gipfelt, mit. Alles aber mit viel Humor und gleichzeitig Liebe zum Detail umgesetzt, das zieht sich durch bis zur musikalischen Untermalung der Szenerie (z.B. „Goo Goo Muck“ von ‚The Cramps‘). „Wednesday“ gucken macht Laune, jede einzelne Folge davon, leider waren es eben derer nur acht. Ich vergebe daher
Ich oute mich ganz klar als Fan von „Wednesday“, nicht nur von der Serie selbst, sondern eher noch von der Hauptperson derselben. Ihr Witz, der ultratrockene Humor, ohne jegliches Grinsen rausgehauene, markige Sprüche mit echtem Wortwitz, keine Schenkelklopper untersten Niveaus, sondern durchaus pointiert, liegen genau auf meinem Level. Ein Beispiel, als es im Unterricht um die Pflege fleischfressender Pflanzen geht und ihre Mutter Morticia angesprochen wird:
„Ich glaube den roten Daumen habe ich von ihr.“
Das bereits erwähnte Wiedersehen mit Serienhelden wird noch fortgesetzt um Christina Ricci, der ursprünglichen „Kino“-Wednesday. Sie darf hier eine Lehrerin, Marilyn Thornhill, spielen, die auch durch ihre Verschrobenheit auffällt. Die Idee, Wednesday als Helfer und Aufpasser das familieneigene „Eiskalte Händchen“ mitzugeben, ist klasse. Immer wieder taucht „es“ dann als Helfer in der Not auf, unterstützt sie bei ihren Ermittlungen und führt allgemein auch ein Eigenleben. „Eiskaltes Händchen“ ist recht sensibel, möchte nur das Beste für seine Wednesday und nimmt, auch ohne über Augen zu verfügen, alles, was passiert auf und kann problemlos navigieren ohne gegen jede Wand zu knallen. Zudem ist „es“ scheinbar unzerstörbar, dabei doch von gewaltiger Kraft, kann auch eigenständig Briefe tippen oder sonstwie agieren und denken.
Zu den erwähnten Details kurz: „McBlutsauger“ legt auf der „Rabentanz“-Party der Academy auf, stilecht mit Vampirhauern ausgestattet. Ein bisschen „Carrie“-Feeling kommt auf, als sich Normie-Chaoten (also die Bewohner der Kleinstadt Jericho ohne besondere Fähigkeiten) an ihr rächen wollen und entsprechend bei dieser „Rabentanz“-Veranstaltung als Partycrasher auftreten, wobei auch diese Tat wie üblich cool und ungerührt von unserer Hauptdarstellerin kommentiert wird. Wednesdays noch geheime Ermittlungsergebnisse hängt sie im „Vereinsheim“ der ‚Nevermore SumSums‘, einem Bienenhaus, auf. Dorthinein guckt niemand, nur Vorzeigenerd Eugene ist das zweite Mitglied dieses Clubs und der wirkt begeistert bei Wednesdays Tun mit. Seine Mutter lobt Wednesdays Verhalten:
„Dein Beitritt bei den SumSums war sehr wichtig für ihn. Eugene liegt diese Bienen, Seine Wummi Brummibabies. “
Weiter gibt es noch so einige Details aus Mama Morticias und Papa Gomez‘ Studentenleben, das uns in kurzen Rückblenden unterhaltsam präsentiert wird. Alles in allem sehr stimmig und macht Lust auf mehr! Ich hoffe, es gibt eine zweite Staffel von „Wednesday“ oder eine ähnlich gut umgesetzte Serie mit den anderen Angehörigen der „Addams Family“. Auserzählt ist hier noch lange nicht.
Sehr cool geschriebener Artikel. Mir hat die Serie sehr gut gefallen, ich bin aber auch ein großer Tim Burton Fan. Vielen Dank für den Beitrag.
Hallo Doreen. Das freut mich, vielen Dank dafür. Wenn’s nach mir ginge dürfte es ruhig mehr ähnlich gelungene Serien aus dem „Addams Universum“ geben.. 😆 Lassen wir uns überraschen.
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