Wie bereits bei der dritten Staffel hält auch die vierte Season von „Westworld“ lediglich acht Episoden für uns bereit, was bedeutet, dass es heute bereits das Finale zu sehen gab. Im Vergleich zur dritten Staffel konnte man eine deutlich verbesserte Story hinlegen, doch leider scheint zum Schluss hin ein bisschen die Luft ausgegangen zu sein.
Dabei war der Auftakt noch vielversprechend, bekamen wir doch nicht nur Chaos und Zerstörung zu sehen, sondern auch Steve Ogg! Rebus war wieder da und hatte richtig Bock drauf, mal wieder ein paar „Meatbags“ umzulegen.
„The humans lost it and just started killing everyone, not even any dialogue, just murder. Murder! Gnarly,“ (Rebus)
Wie Figuren nach und nach von jeweils anderen aus dem Weg geräumt wurden hätte gerne noch länger fortgeführt werden können. Das hat mir sehr gefallen, zumal man die jeweiligen Schützen stets als große neue Spieler inszeniert hatte. Und dann ist da natürlich so ein campender Sniper… Gerade, als ich mir das notiert hatte, sagt William „Fucking camper!“ – das dürften die Gamer:innen im Publikum gefeiert haben!
Dieses finale „Survival of the fittest“-Spiel von William wurde meiner Meinung nach zu kurz beleuchtet. Zwar gab es später noch beiläufige Ausläufer der Krawalle, aber das hätte man größer zelebrieren können. Und ist euch die Fliege zu Beginn aufgefallen? Irgendwie steht diese stellvertretend für die Staffel in Gänze. Zu Beginn noch groß und bedeutsam aufgezogen, am Ende aber doch deutlich weniger präsent als angenommen.
Hales Körper wird von den Drone Hosts repariert und auf Version 3.0 geupgradet. In wie fern man da mit einer Kopie ihres eigentlich zerschossenen Kernes gearbeitet hat, bleibt unklar, legt man doch den Fokus darauf, ihr einen Lara-Croft-Vibe zu verpassen.
„Make me stronger. Leave my scars. I wanna remember my past. Keep my face. When I find William I want him to know it’s me who killed him.“ (Hale)
Dass sie den kompletten Zugang zur Stadt verliert, wirkt unglaubwürdig, wird aber spielerisch leicht dadurch getoppt, dass sie blindlings Bernards Ansage folgt. Der hatte seine Videoansage nämlich an Hale gerichtet, die ein bisschen Godzilla in ihrer Hologramm-Stadt spielt, was mittels eines netten visuellen Effektes offenbart, dass Christina sich in einer Simulation befindet und kurz darauf physisch offenbart, dass sich Dolores‘ Kern unter einer Simulation befindet.
Christina lernt, dass sie selbst die Zeichen und Personen geschaffen hat, die sie zum überraschend gut getimeten Aufwachen geführt haben. Das Unterbewusstsein von war Dolores durchgedrungen. Diese ganze Selbstfindungsphase war ja ganz nett (vor allem mit vielen Kleinigkeiten, wie der Mitbewohnerin, die „see the beauty in this world“ gesagt hat), insgesamt war das aber zunächst eine recht lahme Auflösung eines Handlungsstranges, der sich verhältnismäßig zäh durch die Staffel geschlängelt hatte.
„You’ve turned my world into a game.“ – „It was already a game. I just cranked it to expert level.“ (Hale & William)
Einige der interessantesten Dialoge gab es zwischen Host-William und Hale zu hören. Der zurückgekehrte Man in Black will also nicht nur die reale Welt mit seinem Spiel infizieren, sondern auch das Sublime. Passend dazu gibt es ein schwarzes Pferd zur Komplettierung seines Trademark-Looks.
„William didn’t die, he evolved. I am William.“ – „No, you’re not.“ – „Well, if you can’t tell the difference, does it matter?“ (Host-William)
Den letzten Fragesatz fand ich besonders interessant, hat der doch eine der Kern-Aspekte der Serie beleuchtet. Dass das Austauschen und vor allem Sterben von Figuren in „Westworld“ genauso wenig aussagt, wie in Westworld, also dem Park, dürfte mittlerweile klar sein. Leider wird davon auch in dieser Folge gehörig Gebrauch gemacht, nachdem in der vergangenen bereits etliche teils große Figuren in erstaunlich kleiner Weise umgekommen waren. Das lässt darauf schließen, dass wir einige nicht das letzte Mal gesehen haben dürften. So gut einige Scriptzeilen waren, so schlecht war der eigentliche Kampf zwischen Hale und William. Als kleiner clever gedachter Twist-Move wurde noch Bernards versteckte Waffe im doppelten Sinne aufgegriffen und Hale zeigt im Handumdrehen, wie man einen Host auch wirklich final ausschaltet.
Nicht mehr ganz so leicht die Hand umdrehen kann Caleb Nr. Zweihundertirgendwas. Positiv hervorheben möchte ich an dieser Stelle nochmal, wie großartig Aaron Paul den zerfallenden Körper spielt, mit all den subtilen kleinen Zuckungen und Verzögerungen. Dass er gerade mit dieser Hand dann einen Faden einfädeln und vor allem eine Wunde zunähen kann… naja. Konzentrationsstärke der Liebe vielleicht?! Noch größere Fragezeichen hatte ich beim Auftritt von Clementine. Erst wird sie in extremer Bad-Ass-Manier eingeführt, sowohl, was ihre Aussagen bei Hale anbelangt, aber vor allem, was ihr Eintritt in das Spiel betrifft.
„I will die before I tell you.“ – „No, you will die AFTER you tell me.“ (C & Clementine)
Und dann erfährt sie dieses seltsame und vor allem schnelle Ende? Dass C mit ihrem Schuss wartet, war mir zu plump konstruiert, nur um diesen „deep and dreamless…“-Moment konstruiert zu bekommen.
Wie unerklärlich schnell Hale von ihrem Transcendence-Ziel abkehrt (und sich später sogar eigenständig in einer erschreckend mittelmäßig animierten Szene zersetzt), hatte ich ja bereits angesprochen. Interessant fand ich, dass bei ihrer Übergabe an Dolores „The Storyteller“ auf dem Display stand:
Nach all den eher sinnlos erscheinenden Kampf- und Abschieds-Szenen kann die Folge am Ende dann aber doch noch punkten, als klar wird, dass es sich eigentlich alles nur um das Setup für die nächste (und letzte?) Staffel von „Westworld“ gehandelt hat. Sehr gefallen hat mir dabei das Theme-Arrangement, das im Hintergrund erklingt, als Christina mit Teddy im Sublime spricht und dieser sich auflöst. Damit wird bereits gekonnt angedeutet, in welche Richtung das Ende gleiten wird.
Denn ja, auch Teddy war nur eine Dolores-Manifestation und stellt die Frage, ob man nicht eine perfekte Welt nur ohne Menschen hinbekommen könne. Wir Menschen haben den (negativen) Code hart in unsere Zellen programmiert und werden uns nie ändern, weshalb unsere negativen Eigenschaften keinesfalls auf die Hosts übertragen lassen werden sollten. Aber wie Dolores schon immer gesagt hat, sieht sie das Schöne in der Welt. Sie weiß, dass wir Menschen positive wie negative Eigenschaften haben und will einen letzten Test für das mögliche Zusammenleben der beiden Arten aufstellen.
„Hosts and humans were given the gift of intelligent life. And we used it to usher in our own annihilation.“ (Dolores)
Der Wandel hin zur komplett erinnernden Dolores wird gekonnt durch das Tragen des alten Western-Kleides unterstützt. Wie sie darin durch die Stadt wandert, die voller Leichen ist, hat nicht nur etwas Magisches an sich, sondern nimmt auch nochmal Bezug auf das Massaker im alten Park damals.
Das erste Mal so richtig Emotion kam dann bei mir in der letzten Minute der Folge auf, als Dolores ihre Welt im Sublime derart abändert, dass klar wird, dass der finale Test dort abgehalten werden würde, wo alles begann: im Westworld-Park. Das Klavier, der Zug, alles zurück auf Anfang der Serie und des allerersten Loops – hach!
„One last loop around the bend. Maybe this time we’ll set ourselves free.“ (Dolores)
Ich bin ein bisschen enttäuscht. Ach was, sehr sogar. Dass in der letzten Folge viel zu viele Entwicklungen viel zu überhastet durchgespielt worden waren, hatte ich mir noch mit der Hoffnung auf ein besseres Staffelfinale schöngeredet. Vielleicht würde alles wieder rückgängig gemacht oder über den finalen Kontext erklärbar gemacht, weshalb das so ablief, wie es abgelaufen ist. Im Grunde genommen wurde das auch über die Ansage bezüglich des finalen Tests, das erklärt aber eher, weshalb einige Charaktere ein derart ungebührendes Ende erhalten hatten. Die Pacing-Probleme macht das beileibe nicht wieder gut.
Das ging leider auch in dieser letzten Folge der Staffel alles zu schnell und zu oberflächlich vonstatten, finde ich. Auch wirkten etliche Aspekte zu konstruiert bis hin zu unerklärlich, vor allem, was das unpassende Verhalten von Hale anbelangt. Vielleicht hat diese ja ein bisschen von der „Ich habe alle Szenarien durchgespielt“-Weisheit Bernards infiltriert bekommen, so dass sie selbst die Ausweglosigkeit der Situation erkennt, aber das hätte man dann prominenter darstellen müssen. Allerdings steckte auch diese Folge wieder voller toller Kameraeinstellungen, vieler guter Dialogzeilen und einiger gedanklicher Anknüpfungspunkte.
Letztlich hat diese Folge (gemeinsam mit der vorangegangenen) offenbart, dass alles lediglich als Setup für die fünfte Staffel gedacht worden war. Das ergibt hinten heraus inhaltlich durchaus Sinn, hält aber auf den Weg dahin einige Erklärungsnöte bereit, die Staffel hat sich somit aber auch selbst ein Bein gestellt. Die Erwartungen wurden mit der starken ersten Hälfte und dem mysteriösen Zeitsprung mit all den aufgeworfenen Fragezeichen in die Höhe geschraubt. Die Auflösungen selbst waren dann aber größtenteils erwartbar und/oder unspektakulärer Natur. Das ist schade, denn nachdem ich die Staffel zunächst als deutlich stärker als Staffel Drei erachtet habe, gibt es zum Ende hin einen faden Beigeschmack. Noch immer war das insgesamt hochwertiger und konsequenter inszeniert, aber es fühlt sich an, als wäre da deutlich mehr drin gewesen. Vielleicht wird Kira in Zukunft noch ein allgemeines Staffelreview zu Season 4 hier im Blog veröffentlichen.
Dennoch freue ich mich auf die Fortsetzung, da ich das Gefühl habe, dass darin dann so richtig der Bogen zum Beginn gespannt wird, nachdem wir bereits in einigen Folgen dieser Staffel gelungene Referenzen geboten bekommen hatten, die nicht einfach nur plumper Fan-Service waren, sondern auch einen gewissen Zweck erfüllt haben.
„Westworld“ Staffel 5?
Dass es eine fünfte Staffel geben wird, dürfte klar sein. Zu prominent wurde da am Ende darauf hingewiesen. Habt ihr zum Beispiel bemerkt, dass eine Fünf auf der Westworld-Lok prangte? Noch hat HBO jedoch nicht offiziell bekanntgegeben, dass die Serie fortgesetzt wird. Die Quoten waren bereits zur dritten Staffel hin eingebrochen und haben (vermutlich aufgrund der schwächeren Qualität und erhöhten Komplexität von dieser) zur aktuellen Staffel nochmal einen gewaltigen Sprung nach unten gemacht. Nach 1,5 Millionen Zuschauer:innen im Schnitt bei Staffel Zwei ging es über 0,8 Millionen (Staffel 3) runter auf unter 0,4 Millionen im Schnitt für Staffel Vier. Dennoch würde es mich wundern, wenn HBO diese Prestige-Produktion aufgrund dessen an dieser Stelle abkappen würde. Die Anzeichen stehen aber ganz klar darauf, dass die fünfte Staffel auch die letzte sein wird. Mit der angedeuteten Rückkehr zum Westworld-Park ließe sich aber wunderbar der Loop vollenden, um eine wahrlich runde Sache daraus zu machen.
Bilder: HBO
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