Mit dem Kinoblockbuster „Avengers: Endgame“ etablierte Marvel die Existenz eines Multiversums und in dem Serien-Hit „Loki“ wurden die alternativen Zeitstränge nochmals näher beleuchtet. Ein einschlägiges Ereignis ist damit in der Lage eine parallel verlaufende Handlung mit unendlichen Möglichkeiten zu kreieren. Die neue Animationsserie „What if…?“ greift dieses Konzept auf und interpretiert einige der wichtigsten Geschehnisse des Marvel Cinematic Universe nochmal ganz neu.
„Zeit, Raum, Realität ist mehr als ein gradliniger Pfad. Eher ein Prisma. Endlose Möglichkeiten, in der eine Entscheidung in endlose Realitäten abzweigen kann und alternative Welten zu jenen erschafft, die ihr kennt. Ich, der Watcher. Ich werde euch durch die unzähligen Möglichkeiten führen. Folgt mir und stellt euch die Frage: Was wäre, wenn…?“ – Der Watcher
Die erste Folge widmet sich Captain Americas großer Liebe Peggy Carter und nimmt das Publikum noch einmal mit zu den Geschehnissen aus dem Film „Captain America: The First Avenger“, also quasi der Entstehung des ersten Superhelden im MCU. Es ist Juni 1943 und wir sind erneut zeugen, wie der schwächliche Steve Rogers in einem Testlabor in einen Supersoldaten verwandelt werden soll. Das Setting wirkt sofort wieder vertraut. Bekannte Gesichter, darunter Agent Carter, Howard Stark und Dr. Erskine wohnen der Verwandlung bei. Allerdings kommt es diesmal nicht kurz nach der Injektion des Serums zu einem Anschlag eines Saboteurs, sondern bereits davor. Steve wird hierbei verletzt und die mutige Peggy entschließt sich kurzerhand selbst in die grüne Kabine zu steigen, um schon bald darauf mit neuer Stärke wieder daraus hervorzugehen. Tony Starks Vater Howard hat auch gleich ein passendes Kostüm und ein Schild für die Britin parat. Allgemein handelt die knapp 30-minütige Folge ziemlich zügig die einzelnen Stationen ab. Eine darauffolgende Action-Montage zeigt dann auch schon die ersten Einsätze der Heldin im Schnelldurchlauf. Fans, denen die Ursprungsgeschichte geläufig ist, dürfte das aber nicht allzu sehr stören.
Peggy hat, anders als Steve Rogers, auch mit der Tatsache zu kämpfen, dass sie eine Frau in einem militärischen Umfeld ist. Dadurch erhält die Figur weitere Hindernisse in den Weg gestellt und die Geschichte gewinnt nochmal an Tiefe hinzu.
„Was für ein absoluter Reinfall. 60 Millionen Dollar und alle Hoffnung die wir hatten für die Katz. Mir wurde eine Armee versprochen. Mir wurde Frieden und Erlösung versprochen, stattdessen hab ich ein Mädchen.“ – John Flynn
Ebenfalls gelungen finde ich einige Anspielungen auf den Captain America-Film, wie beispielsweise, dass Whisky für Peggy nun keine Wirkung mehr hat oder dass er ihr einen Tanz schuldet. Das Zusammenspiel zwischen Peggy und Steve ist ohnehin sehr rührend und verdeutlicht, dass die beiden, egal unter welchen Umständen, eigentlich zusammengehören.
Verantwortlich für das erste Abenteuer ist Regisseur Bryan Andrews, der zuvor im Art Department zahlreicher Marvel-Filme der letzten Jahre tätig war. Für die ansehnliche Animation griff er auf das sogenannte Cel-Shading-Verfahren zurück, bei dem die Figuren zunächst als 3-D Modelle am Rechner erstellt werden und später durch 2-D Zeichnungen übermalt werden, um einen klassischen Zeichentrickstil zu erhalten. Leider wirken dadurch einige Bewegungen etwas künstlich. Die satten Farben und die starke Belichtung machen dies aber meinem Empfinden nach wieder wett und geben der Serie einen tollen filmischen Look. Hoch anzurechnen ist auch, dass die Figuren ihren Schauspiel-Pendants recht ähnlich sehen. Außerdem klingen sie genauso, denn für „What if…?“ kamen die Marvel-Schauspieler:innen in die Aufnahmekabine zurück. So sind im Englischen, abgesehen von Chris Evans, fast alle bekannten Charaktere vom Original-Cast gesprochen. Wer lieber auf Deutsch schaut, der darf sich ebenfalls auf die vertrauten Stimmen aus den Kinofilmen freuen. An anderer Stelle gibt es auch ein Wiedersehen mit dem Schurken Red Skull, der sich des Tesseracts bemächtigt hat. Peggy, die nun unter dem Namen Captain Carter aktiv ist, macht sich daran ihn aufzuhalten. Und Steve, der sich um seinen Freund Bucky sorgt, bekommt von Erfinder Howard eine eiserne Rüstung, die hier als Hydra-Stampfer bezeichnet wird, aber eindeutig an Tony Starks erste Iron-Man-Montur erinnert. Gemeinsam mit Captain Carter trifft er auf Red Skull im Schwarzwald, wo auch ein unheimliches Wesen auf sie wartet.
„Monster? Niemand hat was von echten Monstern gesagt.“ – Howard Stark
Wie die Story endet, soll an dieser Stelle noch nicht verraten werden. Wer allerdings nochmal sein Wissen um Agent Carter und den Tesseract auffrischen will, dem sei zu den aktuellen Folgen 8 und 10 von „Marvel Studios: Legends“ geraten. Darin werden die wichtigsten Stationen nochmal Revue passiert. Und nächste Woche verschlägt es einen wakandischen Prinzen ins All.
Fazit
Kurzweiliger Staffelauftakt mit bemerkenswerter Animation. Marvel gelingt es eine bekannte Geschichte mit neuen, interessanten Twists zu versehen.
Bilder: Disney
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